Selbstdefinition in sachen BDSM
Vorweg: Ich möchte hier niemanden beleidigen, der andere, evtl. härtere sexuelle Vorlieben hat als ich. Wenn ich sagen, Praxis xy sei „abnormal“ oder „abstoßend“, dann heißt das nur, dass sie eben jenes für mich ist, für mich und meine Sexualität, in meiner Partnerschaft, nicht aber zwingend für jeden anderen. Ich möchte damit niemanden Verurteilen, der eben genau an jenen Praktiken besonderen Gefallen findet.
Ich tue mir schwer damit, mich in eine Kategorie einzuordnen, was meine Sexuelle Ausrichtung angeht. Das soll nicht heißen, dass ich nicht weiß, was ich will, was ich nicht will, oder wo noch verschiebbare Grenzen liegen, nein, darüber bin ich mir durchaus im Klaren. Ich weiß nur einfach nicht, ob ich das mit Worten wie „devot, maso, Sub“ oder doch eher „Vanilla“ wirklich ausdrücken kann. Das hat wirklich nichts mit Selbstfindung zu tun, auch nicht so sehr mit Bestätigung, es beschäftigt mich einfach nur ein wenig.
Ich weiß seit dem Grundschulalter, dass ich aufs Gefesselt werden stehe. (TV im Zimmer, unbeaufsichtigt, am nächsten Tag ausschlafen können...) Das hat mich damals nicht direkt sexuell erregt, an Sex an sich hatte ich damals im Grunde überhaupt kein Interesse. Aber BDSM, das fand ich schon immer anziehend, aufregend, sinnlich. Mir war sofort klar, dass es die passive Rolle ist, die mich fasziniert. Ich lese oft, dass sich viele SM'ler erst im voran geschrittenen Alter zu ihrer Neigung bekennen, bin ich in der Hinsicht abnormal? Als ich zum 1. Mal von der Thematik gehört habe, war mir sofort schlagartig bewusst; ja, das will ich.
SM ist aber nicht der einzige Punkt, in dem ich schon früh wusste, was ich will. Mit etwa 6 fand ich Vegetarier cool, mit 12 wurde ich's, im selben Alter stand ich auf „Grufties“, und auch wenn ich das heute eher mit zwinkerndem Auge betrachte, ich trage nur schwarz.
Aber bin ich wirklich devot? Maso? Wenn ich mir Berichte, Definitionen, Schilderungen über dieses Thema durchlese, bekomme ich nicht den Eindruck.
Fangen wir mit dem Thema Schmerzen an. Was Schmerz angeht bin ich im täglichem Leben ein Weichei, eine Heulsuse. Mir tun Dinge ernsthaft weh, die andere nur unangenehm finden. Eine Spritze ist das Werk des Teufels und der Gang zum Zahnarzt die Hölle auf Erden (auch wenn er meist nur poliert...). Ich habe oft mitbekommen, dass Menschen meinten, ich solle mich dafür schämen, aber soweit kommt's noch, so bin ich halt.
Was das mit SM zu tun hat? Naja, viel. Ich genieße es, wenn mein Partner mir Schmerz zufügt, allerdings ist er dabei sehr Behutsam, der Schmerz eher sacht, bis mittelstark. Ich mag es, wenn er mich mit der Hand, oder einem breiten Lederpaddel schlägt, aber beim Gedanken an eine Peitsche oder einen Rohrstock wird mir anders, und das nicht im erregten Sinn. Und so verhält es sich mit den meisten Schmerzquellen. Starker Schmerz ist für mich ein Alptraum, etwas, dass ich absolut nicht will, und es ist auch einer meiner strikten Grenzen. Es wäre für mich reine Folter, etwas, was ich mir in einer Beziehung wirklich nicht wünsche. (stark im Sinne von „allgemein stark“. Für mich ist auch eine etwas sanftere Behandlung durchaus schmerzlich)
Bin ich nun einfach nicht masoschistisch? Oder bin ich es schon, nur eben auf meiner Ebene, durch mein erhöhtes Schmerz Empfinden bedingt?
Wie gesagt, dass ist im Grunde nicht wirklich wichtig, solange ich meinem Partner vermitteln kann, was ich mag, was meine Grenzen ausreizt und was mir zu viel ist. Aber trotzdem...
So, und was Devotheit angeht. In diesen Definitionen kann ich mich eigentlich noch viel weniger wiederfinden.
Ich mag es, wenn mein Partner mich fesselt, knebelt, mir die Augen verbindet, mir mit kräftigen, männlichen Bewegungen zu spüren gibt, dass er stärker ist als ich. Er darf mich, solange wir „spielen“, schlagen, auch ins Gesicht (darum musste ich ihn allerdings erst bitten, da war „Frauen schlägt man nicht ins Gesicht“ zu tief in ihm drin, um es von sich aus zu tun). Er darf mich zur sexuellen Befriedigung „benutzen“, aber das hat alles seine Grenzen. Ich bin doch kein Objekt, niemand, der dafür da ist, ihm (oder irgend einem anderen Mann) zu dienen. Natürlich möchte ich ihm gefallen, aber ich denke, dass will jede Frau, auch solche, für die's nur Blümchensex gibt.
Ich möchte vor allem nicht gedemütigt werden. Ein Schlag ins Gesicht zeigt mir seine eigene Stärke, aber eigentlich erniedrigt mich das nicht (ist das Sinnvoll..?) Ja, ich möchte spüren, das er stark und dominant ist, ohne mir selbst dabei minderwertig vorzukommen. Ich empfinde es zB als erniedrigend, Sperma ins Gesicht zu bekommen. Ich habe kein Problem mit Sperma an sich, ich befriedige ihn gern oral, und schlucke es auch hinter, obwohl ich den Geschmack ziemlich widerlich finde. Aber ins Gesicht...? das ist mehr eine Strafe.
Strafen, das ist noch etwas, was ich absolut nicht will, weder durch Schmerz, noch durch Erniedrigung. Fehler aus dem täglichem Leben gehören in eine Session einfach nicht rein, und was Sex selbst angeht, da weiß er, dass ich mir mühe gebe. Mir fehlt einfach das Verständnis dafür, denke ich.
Bin ich nun auch nicht devot? Ob ich es überhaupt nicht bin, das weiß ich nicht, aber ich bin mir sicher, dass ein Mann mit besonders stark ausgeprägter Dominanz an mir keine Freude hätte. Niemals würde ich mich selbst als „Sklaven“ Bezeichnen können. Nicht, weil mich das Wort so stört, eher, weil ich es einfach nicht bin.
Ich bin nun also nicht maso, und auch nicht devot, bin ich überhaupt Sub o.O? Aber das Verlangen danach in mir ist doch da, schon so lange. Schwierig. Was meint ihr dazu?