Belgische Franken
Der DDR-Seemann konnte mit seinen Aluchips in der Welt ja nicht richtig was anfangen. Damit er in die Häfen nicht zum Bettler wurde, gab man ihm ein sogenanntes Handgeld. Die Währung war Valutamark und ging 1:1 mit der DM. Die Höhe richtete sich nach Offizier- oder Mannschaftsdienstgrad und wurde alle 50 Tage etwas erhöht. Zum Anfang 3,50 VM pro Tag und am Ende waren es 5,50 VM. In jedem Hafen durfte man sich dann sein Handgeld in Landeswährung auszahlen lassen aber auch Fremdwährungen wie US-Dollar oder DM waren möglich. Natürlich zu den regulären Tageskursen. Sogar kleine Kredite waren drin. Nach Hamburg, meist immer der erste Hafen, war man von Rostock aus 12 Stunden unterwegs. Dort angekommen hätte man ja auf seinem Konto erst 3,50 VM zu stehen gehabt. Es war aber auch möglich gleich im ersten Hafen 50 DM aufzunehmen. Mehr sollte man tunlichst vermeiden, weil sonst sofort der Verdacht auf Republikflucht im Raum stand.
Soviel zum Verständnis. Es war also nicht viel Geld was wir im Ausland zur Verfügung hatten. Auf längeren Reisen konnten es dann aber schon 500 VM werden.
und auch viel mehr. Wir waren erfinderisch. Wir waren für 10 Dinar in Kuwait Blut spenden. Das waren schon mal 80 DM für den Roten Saft. 2 oder 3 Dinar hat aber nur eine Rotschild Levis gekostet. Wir haben Unmengen an Bier verkauft. Natürlich trinken die Kuwaits keinen Alkohol. Aber Kuwaits arbeiten ja auch nicht im Hafen. Dort sind vor allem Inder, Parkistanies etc. Und die hatten Durst und unsere Pornohefte waren begehrt. Ich kann Euch sagen. So legte man also in Italien sein Geld in "Schmuddelware" an und verhökerte sie in islamischen Ländern. Wir kamen an unser Geld durch Schacherei.
In Vietnam hat man für eine Schachtel Zigaretten (80 oder 120 Ost-Pfenninge) zum Beispiel einen Porzellan Elefanten gekauft. Na gekauft ist heir nicht das richtige Wort. Diese Elefanten sieht man heute in jedem shinesischen Restaurant als Blumenunterstand oder es gibt sie heute direkt beim Blumenhändler. Vermutlich sind es die die die DDR-Seeleute alle ins Land brauchten. Ich weiß allerdings nicht, was die heute Kosten. Schnell hatte man 10 stattliche und schmucke Elefanten zusammen von denen man wieder 5 in Karatschi gegen gute Nappalederjacken tauschte, die wiederum wurden dann in Westeuropa Antwerpen oder Hamburg zu Geld gemacht. Eine behielt man natürlich für sich. Richtige Seemänner erkannte man nicht an ihren Bärten in der DDR sondern an ihren noblen Lederjacken.
Monoman das waren Zeiten. Ein riesengroßer Muschelvorhang mit tausenden, bunten, winzigkleinen Muscheln, auf Sehne gezogen zu einem exotischem Mosaik hängt auch in meinem Keller. Für eine Stange Zigaretten. Alles wurde zu Geld gemacht. Putzlappen wurden so doll verkauft, dass der Storekeeper ein Schloss vor die Putzlappenlast hängen musste.
Mit den längeren Liegezeiten ergaben sich dann auch hier und da nette Kontakte zu einheimischen Frauen. Ich fange an zu träumen, wenn ich dran denke. Man war das schön.
Jeder DDR Seemann wusste welche Münzen, welchen Landes, wo passte. Der Singapurdollar in Deutschland für die DM - bekannt. Eine jedoch viel größere Ausbeute brachte der Belgische Franc. Wir gingen in Antwerpen zu Bank und holten uns Rollenweise 1 Franc Münzen. 1 Francen entspricht ungefähr 5 Pf. In Kobe oder Tokio konnte man die Automaten damit füttern. Gute Automaten hatten sogar eine Backtaste. Wenn man die Betätigte kam nicht etwa das eigene Geld zurück, sondern der jeweils größere Betrag. Ein belgischer Francen hatte den Geldwert von 50 Yen. Hatte man also 10 Dinger drin brauchte man nur den Backbutton drücken und man bekam einen schicken 500 Yen-Taler. Das ist glaube ich heute rund 4 Euro. Damals eben 7 DM und damit mal einfach der 12 oder 13 fache Wert. Ja damit konnte man sich auch Japan leisten. Dann konnte man ganz normal einkaufen gehen oder das teure Essen in Japan genießen. Elektronik ganz zu schweigen. Billig sag ich Euch. Davon hat man in Deutschland noch geträumt. Ich erinnere mich, dass die Pipels in Hongkong schon mit diesen kleinen Dingern telefonierten als es in Deutschland noch nicht einmal das C-Netz gab, mit den riesigen Koffertelefonen. Da waren einfach Welten zwischen.
Ich weiß, dass es nicht richtig war und denke, dass es bestimmt auch diplomatische Verwicklungen zwischen Japan und Belgien gab. Später dann hatten die 50 Yen Münzen ein Loch oder vielmehr es wurde in den Automaten gescannt. Aber im Automatenland Japan gab es genug alte Automaten die das Loch nicht kontrollierten. Man kann da alles aus Automaten bekommen. Einen heißen Kaffe, ein kaltes Bier aus dem gleichen Automaten. Ich habe ich damals immer gefragt wie die das machen.
In Sekunden war der Kaffee heiß (aus der Dose zwar aber sehr, sehr lecker) oder das Bier hatte seine Tautropfen an der Oberfläche. Und das aus einem Schlitz. Ich glaube so wie ich damals, gucken auch Schweine ins Uhrwerk.
Einmal allerdings war es peinlich. Der 2.Ing und ich tauschten auf den Tokioer HBF unser Geld, um wieder zurück zu kommen zur Shinagava Station.
Diesmal ging aber irgendwas schief. Der Automat gab weder unser belgisches Geld, noch das beliebte japanische zurück. Auch klopfen half nichts. Wir haben es dann auch sein gelassen, weil wir schon Aufmerksamkeit erregten.
Sind einfach zum nächsten Automaten. Auch der nicht. Der gleiche Beschiss.
Dann kam eine kleine Japanerin auf uns zu und wir wurden langsam schneller. Sie auch. Wir liefen. Sie auch und schrie irgendwas Unverständliches. Gott hatten wir Angst. Es hatte was mit unserem Verhalten zu tun soviel war klar. Bestimmt wollte sie uns festnehmen oder noch etwas Schlimmeres. Man hört ja soviel. Da werden in einigen Ländern wirklich Finger oder ganze Hände abgehakt, wenn diese kleben. Wir hatten also Angst und rannten über diesen blöden Bahnhof in Tokio. Und der ist groß. Ich glaube über 57 Bahnsteige. Die kleine Frau, bestimmt Zweikopf kleiner als ich, gab nicht auf. Aber wir dann irgendwann. Sie war wirklich kaum zu verstehen. Jetzt auch noch ganz außer Atem hechelte Sie: "Mistel, Mistel your money" Sie gab uns alle unseren Belgischen Franken zurück. Mehr wollte sie nicht. Und bedanket sich dann noch hundertmal immer mit einem höflichen Nicken, dass wir freundlich erwiderten. Ich glaube Japaner hören erst auch zu nicken, wenn der größere aufhört. Na das ging jedenfalls eine ganze Weile. Und wir hätten fast unser Ablegen verpasst. Nein, das war natürlich gelogen. Doch ein bisschen Seemannsgarn macht so eine lange Geschichte doch viel haltbarer. Oder?
Es ist mir heute wirklich sehr peinlich. Und falls die Frau hier mitliest möchte ich mich bei ihr und natürlich dem ganzen japanischen Volk entschuldigen. Und das ausgerechnet heute am 6. August.
Ich denke an Hiroshima und ziehe mich schämend zurück.
Aber so war es nun mal, wenn ich könnte, würde ich es rückgängig machen.
und die Amerikaner sicher auch.