Blöde Sache
Die Situation ist für beide sicherlich nicht einfach. Du bist auf eine Sache gestoßen, die Dir ziemliches Unbehagen bereitest - und um an diese Infos zu kommen, hast Du seinerseits Vertrauensgrenzen durchbrochen. Abgesehen von der eigentlichen Diskussion um die Sache (die Euch nach Deinen Hinweisen ziemlich schwer fallen könnte), ergeben sich zwei Möglichkeiten für Dich. Vertrauen oder Kontrolle.
Ich fange mit letzterem an: Kontrolle kannst Du sicherlich schnell und mit ein bisschen Energie sehr effektiv ausüben. (Ich kenne eine Frau, die beim Freund ein Programm auf dem Computer installiert hat, das sämtliche Tätigkeiten genau überwacht (ja, ich weiß, ich es gibt ein Fachwort dafür, das ich aber bewusst vermeide, um das googlen zu erschweren); diese Aktion ist sicherlich effektiv ... aber strafbar). Insgesamt halte ich den Weg der Kontrolle für einen Weg der Eskalation, und ich würde bezweifeln, das daraus etwas wachsen kann. Im Gegenteil - ich halte ihn für zerstörerisch.
Der Weg des Vertrauens ist ungleich schwieriger und unsicherer. Trotzdem halte ich ihn für den konstruktiveren: In einer Partnerschaft zählt mehr als das, was der Partner ist, das, was der Partner Dir gibt. Was Du bekommst.
Nach dem was Du schreibst, hört es sich so an, als gebe es durch die Hotlines keinen Unterschied in dem, was Du bekommst. Was sich bei Dir verändert ist: Kopfkino. In Deinem Kopf überlegst Du Dir, was er wohl machen könnte, würde, ob Du nicht genügst, ob Du was falsch gemacht hast, ob er schwul ist, pervers .... Tatsache ist aber: Du hast keine Ahnung und Du hast auch keine Ahnung, wie lange das schon geht - und das Ausmaß kennst du auch nicht.
Musst Du es kennen? Ich meine: nein. Es ist ein bisschen wie mit dem Gedankenlesen - es macht auf Dauer unglücklich und vielleicht wahnsinnig.
Zurück zum Weg des Vertrauens: Bei dem, was Dein Freund macht, ohne, dass Du etwas davon weißt, kannst Du profitieren: Weil er Inspirationen mit in die Beziehung bringt. Oder weil es ihm Ausgeglichenheit verschafft. Und wenn es doch schlecht ausgeht, weil Dein Freund nicht bei Dir bleiben will, dann hilft auch keine Kontrolle - dann helfen höchsten eingehende Gespräche, in denen man sich als Paar überlegen kann, ob sich jeder einzelne verändern kann und möchte, um die Beziehung auf neue Beine zu stellen. Und für solche Gespräche braucht man - Vertrauen.
PS: Noch eine Sache: Vertrauen ist gegenseitig - und man muss den Rahmen als Paar gut abstecken, in dem man sich bewegt. Wenn Du forderst, er soll nichts hinter Deinem Rücken tun, ist der Rahmen sehr eng. Sagst Du aber, dass Du von ihm erwartest, dass er behutsam mit Dir umgeht, ist der Rahmen weiter und er kann seinen heimlichen Leidenschaften nachgehen ohne Dir etwas davon zu erzählen - und er hat die Regel bewahrt. Der Unterschied zwischen den beiden Rahmen beginnt in Deinem Kopf: Im ersten Fall willst du nicht nur Kontrolle über Dein, sondern auch sein Leben. Im zweiten Fall sorgst Du nur für Dich selbst. Und da wichtig ist, das zu leben und zu geben, was man von dem anderen erwartet hier auch noch der Umkehrschluss: Im ersten Fall würdest Du Deinem Partner gestatten, dass er Dein leben kontrolliert - im zweiten hättest Du lediglich die Pflicht sorgfältig mit der Zuneigung und dem Vertrauen umzugehen, das Dir entgegen gebracht wird.
PPS: Kommen Dinge wie finanzieller Ruin oder gesundheitliche Gefährdung mit ins Spiel, ist das natürlich ein schwerwiegender Vertrauensverlust in der Beziehung.