Medio tutissimus ibis
SeiltänzerinÜber unergründlicher Tiefe,
durch leeren Raum
spanne ich mein Seil, denn
die Balance über dem Nichts,
auf dem schmalsten Pfad der Welt,
ist der direkte Weg zu Dir.
Ich stehe noch zaghaft
am Anfang des Seiles,
Liebeswind weht sanft um meine Nase.
Ein letzter, tiefer Atemzug,
ich schließe meine Augen,
wage mutig den ersten Schritt.
Erst wacklig kleine,
dann beherzte, große.
Schlafwandelnde Sicherheit,
fordert mich heraus,
zu übermütigen Kunststücken
im zarten Luftgespinst.
Doch das Gedankenspiel
an die Tiefe unter mir
und an den Tod,
lässt mich zweifeln.
Ich weiß ganz genau,
nur nicht nach unten sehen.
Ein Blick hinter mir,
ich kann nicht zurück,
ein Blick nach vorn,
du bist noch so weit weg.
Ängstlich und müde,
setze ich mich auf das Seil.
Ist die Tiefe bodenlos,
Endlosfall ins Ungewisse?
Ist die Tiefe hart wie Stein,
dass ich leidvoll sterben muss?
Ist die Tiefe federweich,
dass mich flauschige
Liebeswolken auffangen?
Ich weiß, ein falscher Schritt,
und das Schicksal entscheidet.
Vielleicht ist es ja ein gutes.
Beherzt balanciere ich weiter,
auf dem schmalsten Pfad der Welt
direkt zu dir.
( S.S. 2005)