Gibt es noch Grenzen?
Ich stamme aus einer Generation, die mit Fernseh-Nachrichten aufwuchs,die noch vorwiegend von männlichen Nachrichtensprechern vorgelesen
wurden. Ihr Seriosität ausstrahlendes Outfit, bis hin zur schwarz
umrandeten Lesebrille, war so farblos, dass man hätte meinen können
noch immer einen Schwarz-Weiß-Fernseher zu besitzen.
Ja, sie lasen ihren Text noch von Zetteln ab, denn der Teleprompter war
noch nicht erfunden und zum Inhalt gehörende Bilder wurden noch seitlich
vom Sprecher eingeblendet, denn das Blue-Screen-Verfahren hatte im
Fernsehen auch noch nicht Einzug gehalten.
Im Mittelpunkt schien noch der Inhalt einer Nachricht zu stehen, beschrieben
mit Worten, ohne übertrieben schockierend oder reißerisch wirken zu wollen.
Ausführliche Bilddokumentationen - ob nun in Gestalt von Fotos oder Film -
waren eher selten.
Ein Bild von einem Unfallort, das im Hintergrund einen leblosen Körper,
verhüllt von einem weißen Leichentuch, erahnen lies, konnte damals noch
schockieren und betroffen machen - konnte man sich doch auch ohne
drastischere Darstellung vorstellen, welch Leid hier diesem Menschen und
seiner Familie widerfahren ist.
Heute stellen sich Nachrichten ganz anders dar - im Mittelpunkt steht die
filmische Dokumentation eines Ereignisses. Aufgrund der heutigen Technik
und ihrer "Allgegenwärtigkeit" entgeht uns so gut wie kein Geschehen. Wenn
nicht gerade Reporter vor Ort sind um jedes Detail minutiös mit ihrer
Kamera einzufangen, dann ist - wie wir spätestens seit 9/11 wissen -
sicherlich mindestes ein Hobbyfilmer zur Stelle, um die Geschehnisse, wenn
auch völlig verwackelt, für die Nachwelt zu sichern.
Gesendet wird von den Fernsehanstalten, im Kampf um die Einschaltquoten,
dann so gut wie alles. Verstreute Leichenteile nach Bombenanschlägen, in
Hochhäuser rasende Flugzeuge, sich in Panik aus Fenster stürzende Menschen.
Dem Zuseher scheint alles zumutbar zu sein - dem Zuseher, der zu dieser
Sendezeit auch ein Jugendlicher sein kann. Doch halt, nicht alles - denn kaum
ist irgendwo der Nippel einer weiblichen Brust oder vielleicht gar ein "Zumpferl"
zu sehen - dann kommt ein schwarzer Balken drauf - Gott-sei-Dank, denn
ein solcher Anblick würde mir das Abendbrot nicht mehr schmecken lassen.
Muss man im Namen der freien Berichterstattung wirklich alles senden, ist die
(Medien-) Gesellschaft schon so abgestumpft, dass es keine "Schmerzgrenze"
mehr gibt?
Und genau in diesen Medien wird dann mit Betroffenheit über verrohte und
gewaltbereite Jugendliche berichtet und nach Ursachen dafür gesucht.....
lg raider
Aktuelle Schlagzeilen:
-In den knapp zwei Wochen seit der Hinrichtung des irakischen Ex-Diktators Saddam Hussein sind zumindest vier Kinder in vier verschiedenen Ländern - alles Buben zwischen neun und zwölf Jahren - beim Nachspielen der Exekution ums Leben gekommen.
-Ein brutaler Doppelmord sorgt für Entsetzen in Deutschland: Nach wie vor fehlt den ermittelnden Behörden jeglicher Hinweis auf ein nachvollziehbares Motiv, das jene zwei 17-Jährigen in einem 400-Einwohner-Dorf im norddeutschen Mecklenburg-Vorpommern veranlasste, ein Ehepaar gezielt mit mehreren Messerstichen zu töten.