Heikles Thema - gute Einsprüche!
Danke an Euch (Evian, Bagarozy, Zahra und HerSub)! Ihr schreibt mir aus der Seele und gebt mit Eurer sehr reflektierten und trotzdem kritischen Kommentierung diesem sehr emotionalen und komplexen Thema die richtige Richtung.
Ehrlich gesagt kommt in mir unbändige Wut hoch, wenn ich die Presse-Berichterstattung und manche überaus zweifelhaften Kommentare zu dem angesprochenen Thema lese.
Meine Hauptwut richtet sich gegen den Vergewaltiger, der nicht nur seine Befriedigung aus dem Mißbrauch des jungen Mädchens gezogen hat, sondern auch jetzt noch alles tut, um sie "zu mißbrauchen", nämlich für sein eigenes Ego.
Meine zweite Wut richtet sich gegen die Eltern und Anwälte des Mädchens. Egal was der rein rationale Grund ist, dass Stefanie aussagen soll, ist für mich der potentielle Schaden für das Mädchen bei einer solchen Aussage unendlich größer. Ich habe schlichtweg null Verständnis für diese Vorgehensweise der Eltern und Anwälte - auch bei mir drängt sich wie bei Evian der Verdacht auf, dass da der Narzismus der Menschen Haupttreiber ist.
Meine dritte Wut richtet sich gegen die Boulevardpresse, die unter dem Mäntelchen der Information diesen Fall hernehmen, um einerseits Auflage zu steigern und Kohle zu machen und andererseits politische Meinungsmache und Polemik zu betreiben.
Meine vierte Wut richtet sich aber gegen all die, die als "Normalbürger" (Achtung: nun kann ich meinen Sarkasmus leider nicht zügeln, tut mir leid!!!!) ja nur ihre Meinung in unterschiedlichsten Foren und Diskussionen kundtun mit Aussagen, die sowas von daneben sind und selbst Stammtisch-Diskussionsniveau unterschreiten. Letzte Woche war in der Morgensendung auf Antenne Bayern eine solche, vom an sich sehr geschätzten Moderator nicht unterbunden sondern vielmehr angestachelte, Hörerdiskussion im Gange.
Da sind die Rufe nach der Todesstrafe noch das Geringste gewesen.
Übrigens empfehle ich all den Schreiern nach dieser Form von Justiz nachdrücklich das neuste Buch von John Grisham "Der Gefangene". Es zeigt auf eine sehr erschütternde Weise, welche Züge es in einem rechtsstaatlichen System annehmen kann, wenn die Emotionen bei der Verbrechensaufklärung und der Verurteilung eine zu große Rolle einnehmen. Dieses Werk beschreibt einen realen Fall - und ich habe sehr schnell für mich entschieden, dass ich nicht mittelbar (als Teil der Justiz) oder unmittelbar (als Wähler in diesem Land) für die Tötung von Straftätern verantwortlich sein will.
Ich wünsche mir gerade von uns "Normalos" etwas mehr Ratio in solchen Diskussionen als nur mal schnell Parolen aus dem Bauch loszuwerden.
Und eins noch - bevor ich zum Ausgangsthema zurückkomme: Natürlich ist unser Rechtssystem nicht perfekt und natürlich gibt es Dinge, die mich einfach auch ärgern, wie z.B. mangelhafter Opferschutz und -betreuung. Aber: Ich bin soooo froh, in diesem Land leben zu dürfen, das meiner Meinung stolz sein kann auf sein Rechtssystem. Ich möchte mir nicht vorstellen, wie es ist, in den USA unter die Räder der Justiz zu geraten oder z.B. in China oder einem afrikanischen tolitär regierten Staat.
Zurück zum Fall Stefanie:
Ich hoffe sehr, dass die Beteiligten einfach zur Besinnung kommen, einerseits dem Angeklagten nicht unendlich viel Aufmerksamkeit zu schenken (auf einer Bühne zu spielen, ohne dass es ein Publikum gibt, ist schlichweg zu langweilig!!!) und zudem die aufgetauchten Pannen in Ruhe und ohne Vertuschungstendenzen aufzuklären. Nur so kann für spätere Fälle vorgebeugt werden.
Und Stefanie wünsche ich einen exzellenten Therapeuten, der gleich die Eltern mit beeinfussen kann. Sie wird nie vergessen können, aber hoffentlich einen Weg finden, glücklich die Zukunft zu geniessen.
In diesem Sinne