Nein, es muss nicht immer Gleiches mit Gleichem vergolten werden.
Nein, "offene Beziehung" heisst nicht automatisch, dass alles erlaubt ist.
Für mich heisst "offene Beziehung", dass die allgemein kulturell zur Beziehung zugehörige Prämisse der sexuellen Exklusivität aufgehoben wird. Was genau das im Einzelfall bedeutet ist - Verhandlungssache.
Das klingt vielleicht schrecklich unromantisch, kommt man aber nicht drum herum. Es gibt halt eine "Standard-Beziehungsform", für die sind die Spielregeln mehr oder weniger klar. Wenn man die Beziehung anders führt, muss man seine eigenen Spielregeln festlegen, und das ist - egal wie man's vielleicht mit netteren Worten bezeichnen möchte - eine Verhandlung.
Also hinsetzen, drüber sprechen. Mir persönlich hilft es, drei grobe "Gebiete" abzustecken:
a) Sachen die auf jeden Fall ok sind
b) Sachen die auf keinen Fall gehen
c) Sachen wo einer oder beide noch nicht sicher sind
Und was insbesondere am Anfang oder bei der ersten offenen Beziehung auch dazu gehört ist die Erlaubnis, sich zu irren und seine Meinung zu ändern. Wenn ich heute sage "ist ok wenn Du mit anderen vögelst" stelle ich vielleicht später fest, dass das entweder doch nicht ok ist, oder bestimmte Varianten davon. Also muss ich dann z.B. sagen "mein Fehler, habe gemerkt, dass es für mich doch nur dann ok ist, wenn ich dabei bin" - oder was auch immer.
Wichtiger als der Anspruch, alles auf Anhieb richtig zu machen ist das, was in der Wissenschaft "Reparatur" genannt wird - also ob man als Paar und gemeinsam über gemachte Fehler hinwegkommt und die Beziehung daran wächst.
Konkret:
Grundsätzlich finde ich den Ansatz "quid pro quo" einfach und pragmatisch, aber er passt halt nicht immer. Manchmal sind die Bedürfnisse halt auch unterschiedlich. Oder einfach ausgedrückt: Wenn das Weibchen auf Gangbang steht, muss nicht das Männchen jetzt deswegen verzweifelt loslaufen und das männliche Äquivalent dazu suchen.
Und wenn beide dem zustimmen, z.B. weil dafür auf der anderen Seite eine adäquate Gegenleistung steht, kann auch die Variante "Du darfst fremdficken, ich nicht" durchaus ok sein.
Wie gesagt: Alles Verhandlungssache. In der Partnerschaft ist die Frage bei der Verhandlung vielleicht weniger "was kriege ich denn dafür?", sondern etwas freundlicher "was muss dazu kommen, damit ich mich damit auch gut fühle?". Ist im Prinzip aber das Gleiche in grün.