Switchen - eure Meinung ist gefragt
Mir sind jetzt bereits einige SMer begegnet, die auch im realen Leben Sprüche bringen wie "Na ja, am Anfang experimentiert man immer noch ein bisschen mit den Rollen, aber früher oder später merkt man dann doch, auf welche Seite man eher gehört."Wenn man das "man" in diesem Satz mit "ich persönlich" ersetzen würde, hätte ich auch gar kein Problem damit.
Ich selbst bin am Anfang meiner SM-Laufbahn in ein Umfeld geraten, in dem Switchen eher der Regelfall war. Ich probierte mich erst als Domse, dann als Subse, und fand beides total toll. Meist ist es so, dass ich immer dann, wenn ich in einem der beiden Zustände bin, mir überhaupt nicht mehr vorstellen kann, je etwas anderes zu wollen. Weil ich das inzwischen aber schon kenne, weiß ich ja auch, dass es früher oder später wieder zurückpendeln wird.
Ich kann problemlos damit leben, dass andere Leute da anders ticken als ich. Ich finde es nur blöd, wenn man mir das Switchen als "eigenständige" Form des BDSM absprechen möchte und mir unterstellt, ich hätte "meine Rolle" noch nicht gefunden, wie ich das jetzt leider schon einige Male erleben musste.
Für mich liegt der Reiz des Switchens, gerade auch innerhalb der Beziehung, eben genau darin, dass beide nicht ein für allemal ihre Rolle fertig gefunden haben. Es führt dazu, dass man den anderen sehr genau wahrnimmt: Wie fühlst du dich heute? Wie reagierst du? Wie fühle ich mich? Wie reagiere ich? Steht es gerade in der Schwebe? Ist es eher schmusig?
Die Beziehung ist damit auch im SM-Bereich nicht ein für alle Mal festgelegt. sondern schafft eben auch einen sehr behutsamen Rahmen, in dem es möglich ist, sich zu verändern, immer wieder neu die eigene und die Tagesform des anderen wahrzunehmen und darauf einzugehen. Natürlich erfordert das mehr Sensibiliät, Empathie und auch Selbstwahnehmung als ein stabiles, verlässliches Rollengerüst, in das man sich fallenlassen kann.
ich habe gar nichts gegen solche "stabilen Rollengerüste". Sie geben Sicherheit, und ich mag sie in meinem eigenen Leben durchaus auch gerne. Wir haben gleich mehrere davon, so dass man immer gemeinsam gucken kann, welches man heute möchte. Manchmal denke ich selber ja auch, dass es schön wäre, ein solches festes Gerüst zu haben, dass einem im Alltag auch mal Halt gibt, wenn sonst alles schief läuft. Aber andererseits - schränkt das dann nicht auch ein? Kann man denn wirklich sich aneinander reiben und aneinander wachsen, wenn eine so fundamentale Konstante wie die Rollenverteilung in einer Beziehung festgeschrieben ist?
Vermutlich geht es ;). Und vermutlich ist es für andere nicht so einschränkend wie es das für mich ist - und dann ist ja auch alles grün.
*
Aber wie kommt es, dass dieser von mir doch recht bewusst gewählte Stil, meinen SM in meiner Partnerschaft zu leben, den ich mir mit meinem Partner langsam erarbeitet habe, so dass wir heute in unserer Beziehung die Offenheit und Sicherheit haben, mit all unseren Facetten geliebt zu werden - wie kommt es, dass diese für uns anspruchsvolle und erfüllende Beziehungsform von doch recht vielen Leuten als "Rollenunsicherheit" und "Das ist nur eine Phase und wächst sich aus" abgetan wird?