Grenzwertige Sache
Zwangserkrankungen weren unterschieden in Zwangsgedanken und Zwangshandlungen:
1. Zwangsgedanken
„Zwangsgedanken sind zwanghaft sich immer wieder aufdrängende, jedoch als unsinnig erkannte Denkinhalte.“ (Deister, 2001, S. 127f)
Themen solcher Zwangsgedanken können z.B. Schmutz/Verseuchung, Gewalt, Aggression, Ordnung usw sein.
Zwanghafte Gedanken können sich zum Beispiel (im Fall aggressiver Zwangsgedanken) darin äußern, dass eine Mutter befürchtet, Mann und Kinder vergiften zu wollen.
2. Zwangshandlung
„Zwanghaft gegen oder ohne den Willen ausgeführte Handlungen. Beim Versuch, die Handlungen zu unterlassen, treten massive innere Anspannung und Angst auf.“ (Deister, 2001, S. 127f) Zwangshandlungen sind Stereotypien, die ständig wiederholt werden müssen. Die meisten Betroffenen wissen, dass ihr Verhalten übertrieben und unvernünftig ist, und versuchen anfangs, Widerstand zu leisten, geben jedoch auf, wenn sie die Angst überfällt. Danach fühlen sie sich für gewöhnlich für eine kurze Zeitspanne weniger ängstlich. Abgesehen von dieser Spannungsreduktion empfinden die Betroffenen keine Freude am Ausführen der Handlung selbst. Manche Menschen bauen die zwanghafte Handlung zu einem Zwangsritual aus: die Zwangshandlung wird in einer bis ins Einzelne ausgearbeiteten Art und Weise ausgeführt. Die Betroffenen müssen das Ritual jedes Mal in exakt derselben Weise, nach bestimmten, sorgfältig zu beachtenden Regeln durchlaufen. Wenn es nicht gelingt, die Handlung abzuschließen, entsteht weitere Angst, und das Ritual muss häufig von Anfang an wiederholt werden.
Beispiele sind Waschzwang, Ordnungszwang, Zählzwang u.ä.
Wie ist es bei dir? Wie fühlst du dich wenn du auf Desinfektion verzichtest (Händewaschen ja, aber ohne Desinifektion)? Gibt es Situationen in denen du dich richtig ängstlich fühlst oder dir übel wird vor Angst, die du komplett versuchst zu meiden?
All das sind Indikatoren, auf die du achten solltest.
Ich selbst hatte eine Weile mit einer solchen Störung zu kämpfen, die schleichend kam.
Viele Jahre lang war ich einfach nur "reinlich", sprich häufiges Händewaschen (schadet ja nicht, vor allem zur Grippezeit), sehr saubere Umgebung und beim Hausputz auch die Verwendung starker Desinfektionsmittel. Ab und an hatte ich Zwangsgedanken zum Thema Händewaschen und körperliche Hygiene, diese hielten oft mal einige Tage an und führten auch zu Zwangshandlungen (duschen, waschen....). Ging aber immer wieder weg und hat mich nie ernsthaft gestört.
Bis es eben eines Tages nicht mehr wegging. Händewaschen war der Anfang:
"Ich könnte krank werden wenn ich diese Sache/diese Person/ein Tier o.ä. angefasst haben, ich muss den Schmutz abwaschen...!" Also ab ins Bad, Händewaschen. Einmal, zweimal, dreimal....puh, Gefahr gebannt.
Es blieb nicht lange nur dabei.
"Die Bazillen/Viren auf den Händen könnten auf meinen Körpergelangt sein. Das muss ich sofort beheben." Also ab ins Bad, duschen. Gründlichst einseifen, ggf. zweimal oder mehr. Inklusive Haare waschen, versteht sich, sind ja Dreckfänger. Frische Klamotten, die "alten" sind voller Bazillen. Wäsche waschen. Puh, Gefahr gebannt.
"Aber was ist mit den Sachen die du zwiscehndurch in der Wohnung angefasst hast bevor du duschen warst???" Verdammt, doch noch Gefahr. Na gut, putzen. Schadet ja nicht. Also mit Seifenlauge alles durchgewischt. Nach einigen Wochen reichte es nicht mehr: "Viren und Bazillen sind bestimmt gegen Seife immun!!! Wie konnte ich nur so leichtsinnig sein??" Ab in die Apotheke, Desinfektionsmittel kaufen. Stetige Verwendung für Wohnung, Kleidung, Auto und Haushalt zur Vermeidung jeglicher Gefahren.
Weitere Maßnahmen: Abbruch persönlicher Kontakte, da andere Menschen schmutzig/infiziert sein könnten. Meidung aller Aktivitäten außer Haus, nur daheim ist es sauber und sicher.
Letztendliche Bilanz der ganzen Sache: Depressiv und ohne Lebensfreude. Kaputte Haut an den Händen und Beinen, teilweise blutig. Augenbrauen wuchsen nicht mehr, Haut zu kaputt, Haarwurzeln zerstört it chemischer Keule. Oberflächen wie Autolenkrad, Schreibtischplatte, Fensterbank usw sehr porös weil Desinfektionsmittel die Schutzschicht angegriffen haben. Freundeskreis auf ca 1/10 reduziert. Fleckige Kleidung weil auch diese Fasern für permanente Desinfektion nicht gemacht waren.
Endstation Therapie, sprich Psychiatrie und anschließende ambulante Vorgehensweise.
Heute "beschwerdefrei", das heißt ich wasche/dusche mich normal morgens und zwischendurch die Hände (nach Toilette z.B).
Getragene Kleidung wird gewaschen, logo. Auch im Haus wird man keine groben Verschmutzungen finden, nur etwas Staub wenn ich nicht zum Putzen kam :-). ABER: wenn ich im Stress bin, kommen die Gedanken oft wieder. Sie drehen sich dann um´s waschen, kontrollieren und Angst. Ich weiß zwar heute, wie ich ihnen begegnen muss, kann sowas schon im Ansatz blocken-nerven tut´s dennoch. Es reicht ein Blick auf meine Hände und Beine und ich weiß, es darf NIE wieder soweit kommen. Die Haut hat sich nicht erholt, ohne regelmäßiges Cremen platz sie oder juckt/spannt extrem.
Mein Rat: Achte darauf, ob es nschlimmer wird. Achte auf die Situationen in denen so was auftritt. Versuche, zu prüfen was passiert wenn du nicht den Vorstellungen nachgehst!