meine erfahrung ist, dass homosexualität wesentlich akzeptierter ist, als die männliche bisexualität. man weiß halt bei schwulen, woran man ist und bi-sex unter frauen finden die meisten männer eh geil.
aber männer, die sowohl mit frauen, als auch mit männern verkehren, erscheinen vielen als suspekt. wir bekommen ja gerne zu hören: jetzt entscheide dich doch mal.
vermutlich liegt es daran, dass allgemein ein schwarz/weiß-denken vorherrscht. verschiedene grautöne oder farben werden da nicht so gerne gesehen. immer geht es um richtig oder falsch. ja oder nein. gut oder böse. auf die idee, dass beides möglich ist, kommen die meisten doch gar nicht.
ich kenne viele frauen, die eine beziehung zu einem bisexuellen mann kategorisch ausschließen, da die konkurrenz dann noch größer ist. außerdem hätten viele das gefühl, ihrem partner nicht zu genügen, was am selbstwertgefühl nagen kann.
auch viele heterosexuelle männer haben ihre probleme mit bisexuellen. sie wissen nicht so recht, wie sie ihnen begegnen sollen. was frauen betrifft, so werden bi-männer durchaus als konkurrenten wahrgenommen und man begegnet sich auf augenhöhe (schwule nimmt man so nicht wahr). dann kommt noch hinzu, dass die bi-männer ja an einem selbst interessiert sein könnten. vermutlich liegt genau hier das problem. denn man selbst will damit auf keinen fall in verbindung gebracht werden.
viele hetero männer reagieren bei dem thema bi- oder homosexualität reflexartig. es wird sofort erklärt, dass man selbst nicht "so" ist. man grenzt sich also sofort ab. außerdem kommt von vielen: ich habe nix dagegen, soalange man mich in ruhe läßt. (komischerweise habe ich diesen spruch immer nur von männern gehört, die garantiert in ruhe gelassen werden;-)
viele schwule haben im übrigen auch eine abneigung gegen bisexuelle. aus ganz ähnlichen motiven wie hetero männer und frauen: sie haben das gefühl, dass sie bisexuelle nicht einordnen können, die entscheiden sich schließlich nicht. und wenn sie sich auf einen bisexuellen mann einlassen, ist die konkurrenz ebenfalls größer.
das gefühl, das all diesen reaktionen zugrunde zu liegen scheint: ANGST. es wird ja gerne behauptet, dass homophobie immer dann auftaucht, wenn die homophobe person selbst homosexuelle anteile hat, die sie unterbewußt bekämpfen muss. das mag sicherlich auf einige oder auch viele zutreffen. es wird aber auch verlustangst und die angst vor dem versagen sein. auch die angst, für etwas gehalten zu werden, für das man nicht gehalten werden möchte spielt hier bestimmt mit rein. ich glaube, dass noch etwas entscheidendes hinzukommt: die angst vor dem unbekannten. es ist die gleiche angst, die menschen vor ausländern haben. oder vor neuen kollegen. oder vor neuen nachbarn.
da kommt einfach jemand daher, der ist fremd, der ist anders als ich, der ist neu, der ist noch nicht immer hier gewesen oder irgendwie ist er anders als alle anderen die ich kenne und ich kann ihn nicht einschätzen. was will der hier? was will der von mir? habe ich etwas zu befürchten?
fremd = unbekannt = anders = nicht richtig = falsch = schlecht. soetwas möchte man dann bekämpfen, bestrafen, verbieten, vertreiben. ich glaube, dass deutschland im vergleich zu vielen anderen ländern auf einem guten weg ist, was die toleranz betrifft, aber auch hier gibt es noch viel zu tun. man muss sich ja zum teil nur duch einige threads hier lesen, wenn man vorurteile und abwertende bemerkungen über sexuelle orientierungen und auch vorlieben lesen möchte. aber, und das stimmt mich hoffnungsvoll, meine erfahrung ist, dass viele im gespräch oder auch während eines besseren kennenlernens ihre vorutreile ablegen können, weil sie merken: der ist zwar anders aber nicht unbedingt schlechter =)
viele grüße - jörg