Ich glaube kaum, dass das jeder gleich empfindet. Bei uns war es damals so:
mein damaliger Freund fuhr, ich saß neben ihm. Autobahn. Nachts. Es war eine lange Strecke, ich war eingeschlafen und irgendwann muss auch er einen Sekundenschlaf erlebt haben. Ich wurde wach von quietschenden Bremsen, vom Steuer, das herumgerissen wurde und sah nur noch die ganze Frontscheibe ausgefüllt vom Heck eines riesigen Lastwagens. Wir schossen über den Fahrbahnrand (keine Leitplanke) hinaus, mitten rein in die Finsternis. Es kam eine holprige Wiese, ein Zaun, wir mitten durch, ein zweiter Zaun, wir mitten durch, das Auto bleib und blieb nicht stehen. Der dritte Zaun fing uns schließlich auf. Es klirrte, das Auto stand. Zum Beifahrerfenster rein ragte das Ende eines Zaunpfahles, genau vor meinem Gesicht war es. Wäre das Auto noch 10cm weiter gerutscht, dann hätte der Pfahl meinen Schädel zertrümmert. Ich saß da, ganz ruhig, völlig erstarrt. Ich blickte nach vorn. Das Auto qualmte, überall roch es nach verbranntem Gummi (die Bremsen). Mein Freund neben mir brüllte immer wieder "Scheiße, Scheiße!" und schlug wie ein Irrer auf das Lenkrad ein. Ich saß neben ihm und irgendwie schaltete ich dann in den Autopilot-Modus. Ich kämpfte mich irgendwie aus der total demolierten Beifahrertür raus, lief um den Wagen herum, packte meinen Freund am Kragen, zog ihn aus dem Auto. Er brüllte immer noch "Oh Scheiße, oh Scheiße!" und ich quatschte irgendwie beruhigend auf ihn ein, streichelte seinen Arm. Verletzt war wie durch ein Wunder keiner von uns. Aber der Wagen, ein 3er-BMW, der ganze Stolz meiner Mutter, den sie uns extra für unsere Reise geliehen hatte, sah aus, meine Güte. Die ganze Beifahrerseite war total hinüber, alles aufgerissen.
Ich ließ meinen Freund stehen, ging zurück zur Fahrbahn, stellte ein Warndreieck auf, winkte bis jemand hielt der dann netterweise die Polizei und den Abschleppdienst holte. Alle starrten mich entgeistert an und wunderten sich, dass ich aus DEM Auto unverletzt ausgestiegen bin. Ich funktionierte wie ein Roboter, beantwortete völlig ruhig alle Fragen, nahm alles irgendwie wie durch Watte wahr.
Wir sind tatsächlich in den Schrotthaufen wieder eingestiegen und noch bis nach Hause gefahren, gute 200km waren es wohl. An einer Tankstelle hielten wir, um das Beifahrerfenster mit Plastikfolie abzukleben. Der Typ in der Tanke schüttelte fassungslos den Kopf und meinte, ich hätte wohl eine ganze Armee von Schutzengeln gehabt.
Zuhause beichteten wir meiner Mutter, sie war erleichtert dass es uns gut ging und ich ging ins Bett. Ich lag da und starrte an die Decke. Und DANN, dann ging es mir schlecht. Ich fing an zu zittern und zu heulen und konnte nicht mehr aufhören. Alles drehte sich und ich schob die totale Panik, obwohl ich längst zu Hause im Bett lag...
Ähnlich reagierte ich auch in anderen dramatischen Situationen. Ich schalte erst mal auf "Völlig ruhig"-Modus, ziehe durch was nötig ist und klappe hinterher zusammen.
Das ist wohl meine Art...