Glauben und Wissen
sind Zwei Waschweiber, die sich nie vertragen werden.
Lebe, wie du, wenn du stirbst, dir wünschen wirst, gelebt zu haben.
Weiß nicht mehr, von wem das ist, aber trefflich drückt dieser Spruch aus, was wir tun sollten.. All diese Grübeleien, all diese Zweifel, die Ängst um das bisschen Leben, das uns geschenkt worden ist. Wozu?
All diese Furcht vor dem Schicksal, das jammervolle Nachdenken über Sinn oder Unsinn, oder dass alles was passiert, einen Sinn haben soll. Vielleicht besteht der Sinn des Lebens darin, zu erkennen, dass es keinen hat? Was dann?
Wir klammern uns wie Verdurstende an ein Leben nach dem Tode, wie die Lemminge sitzen wir irgendwelchen Clowns, Verzeihung, Gurus auf, ob nun Osho oder der Papst, in der Hoffnung, dass sie uns die Göttliche Botschaft verkünden um uns die Angst vor dem Nichts zu nehmen.
Was aber, WENN DANACH NICHTS MEHR IST?
Ist dann all das Streben nach Reichtum, nach Macht, nach Anerkennung oder sozialer Stellung nicht für den Arsch? Ist nicht jede Sekunde kostbarer als der größte Schatz? Ist nicht alles, was passiert, wichtig und wertvoll, eben WEIL es passiert und selbst wenn wir einen Sinn erkennen könnten, dieser nichts wert, weil das Ende bereits mit der Geburt beginnt?
Den Sinn zu entschlüsseln habe ich aufgegeben, denn es gibt keinen. Des Teufels größter Trick bestand daran, den Menschen weis zu machen, es gäbe ihn nicht. So sehe ich das auch mit dem Sinn des Lebens.
Nein, ich habe keine Angst vor dem Tod. Als Buddhist nicht und als Mensch schon gar nicht. Sicherlich habe ich eine Aufgabe hier, und die zu enträtseln ist nicht schwer, denn ich habe Kinder. Und wenn ich diese Aufgabe zu meiner Zufriedenheit gelöst habe, möge ich in Frieden gehen. Alles darüber hinaus ist ein Bonus.
Jemand sagte einmal( Nietzsche?): Der Mensch ist erst dann erwachsen, wenn er WEISS, dass er sterben muss.
Also lasst uns erwachsen werden
Und nach dem Ausschlussprinzig könnte man sagen: Wenn noch etwas kommt, okay. Fein. Dann eben von vorn. Wenn nicht, wem will man es erzählen? Wie will man sich bejammern, die Aufgabe nicht geschafft oder den Sinn des Lebens nicht ergründet zu haben? Wem? Seht ihr... also seid Menschen und lebt.
Noch ganz kurz zu Gott und übergeordneten Mächten [u]grinsel[/u]
Als die Taufe meines Sohnes anstand, suchte uns ein Dekan heim. Spät am Samstag abend und ich war schon ziemlich genervt. Grund seines Ansinnens war die Diskrepanz zwischen mir als Evangelischem Heiden und meiner Ex als Katholikin. ( Unsere Tochter war bereits getauft, btw)
Sein Aufstosser war, dass wir angeblich nicht verheiratet waren, was ich ihm mit dem Trauschein widerlegte. Er meinte aber: Vor Gott seien wir nicht verheiratet. Meine Antwort war: Welcher Gott? Was mir den ersten von vielen blauen Flecken auf meinem Schienbein einbrachte, da meine Ex ja Katholikin war, und wenn ein schwul aussehender (Schein)heiliger was von Gott und Verdammnis erzählt, senkt man den Blick und hört gefälligst zu. Nun, wenigstens in diesem Punkt bin ich eher ein Terrorist, denn Obrigkeitshörigkeit musste ich erst im Duden nachlesen....
Er sagte, es bestünde keine Möglichkeit, meinen Sohn zu taufen, was mit ja nun völlig am Popo vorbeiging, aber meiner Ex eben nicht. Und wir müssten auf jeden Fall einen kirchliche Trauung vorschieben ( oder-täuschen?), damit mein Sohn getauft werden würde. Meine ANtwort:
"Okay"
"Sie heiraten also?"
"Nein, wir konvertieren!"
Nun, bei dem armen Dekan war nun Holland in Not , er nahm eine leicht rötliche Färbung an und ich vermutete fast, er würde einen Exorzismus beantragen. Meine Schienbeine waren mittlerweile von Tritten übersät und ich wurde sauer. DIe flehenden Blicke meiner Ex waren allerdings etwas, dem ich schwerlich widerstehen konnte.
Das Verhandlungsangebot (!) des Dekans sah also eine ökumenische Gesamtprozedur vor. Nach dem Motto, Heiraten, Kind duschen und tschüß.
Schlussendlich willigte ich ein.
Er war aber noch nicht fertig. Da meine Ex ja bereits katholisch war, brauchte er ihren Glauben nicht erst zu prüfen, meinen aber sehr wohl. Und die Frage kam:
"Glauben SIe an Gott?"
Lange dachte ich nach. Sehr lange. Und gab ihm folgende Antwort, ich zitiere so wörtlich wie möglich:
Ja. Ich glaube an Gott. Ich glaube, dass Gott die Summe aller lebendigen Teile des Universums darstellt. Ich bin Gott, Sie sind (bedauerlicherweise auch) Gott, alle sind Gott. Diese kollektive Intelligenz ist inhaltlich das, was wir Gott nennen, ergo sind wir alle Teile eines Kollektivs. Jeder Mensch, jedes Tier ist automatisch mein Bruder und meine Schwester. Wir alle sind miteinander verbunden wie die Teile eines Netzwerkes, auf subatomarer Ebene. Unsere Netzwerke tauschen sich wahnwitzig schnell aus, noch bevor Verstand oder Empathie greifen. Somit erklären wir Dinge wie spontane Sympathie, Präkognition, Deja vu und vieles mehr. Gott wohnt nicht in der Höhe und der Teufel nicht in feurigen Schlünden, sondern beide wohnen, ach in meiner Brust.
Damit schlug er wortlos sein Buch zu und ging kommentarlos.
Unsere Kirche ist ein Moloch, der seit Jahrhunderten die Angst vor dem Tode schürt und die sich wie ein Geschwür ausbreitet. Nichts wird unternommen, um dem abzuhelfen. Also habt keine Angst. Habt keine Angst... denn alles, was geschehen kann, ist bereits passiert.
Tom
Ps.: Zwei Wochen nach der Prozedur habe ich mich dann für den Buddhismus entschieden.
Ps2.: Noch ein Tipp: Lest das Buch von Sogyal Rinpoche: Das tibetische Buch vom Leben und vom sterben