Tango um Fünf
Vor langer Zeit habe ich sie begonnen, diese kleine Geschichte. Nun werde ich sie zu Ende bringen, nach und nach. Woche für Woche. Hier also der erste Teil.Tango um Fünf
Prolog
Sein Name ist Maurice. Vater Flame, Mutter Baskin - sein Alter könnte Anfang Zwanzig sein - soweit zur Geschichte. Also, er saß auf seinem Sofa, vor sich auf dem Tisch ein Strauß gelber Lilien. Drei Tage alt. Und drei Tage alte Lilien stinken. Sie versprühen den Duft des Todes, süßlich und nachhaltig penetrant; ihm schauderte.
Er zwänkte seine Pubillen in die Blütenöffnung, begierig zu sehen, was ihn so ärgerte. Aus nächster Nähe lokalisierte er die gelben, samenverklebten Blütenstengel, sie zappelten förmlich vor Energie. er beschloss, sie herauszureissen, quasi ein waschechte Blütenkastration ... er zuckte zusammen bei diesem Gedanken. Kastration! Wie alle Männer konnte auch er gut vergessen und rupfte die kleinen Stinker heraus. Er war froh, so abgelenkt zu sein, denn in Wirklichkeit krausten ganz andere Gedanken durch seinen hübschen Kopf: Sie. SIE! Dieses verdammte kleine Miststück, hatte sie ihm schon den Kopf verdreht, ihn ganz in ihren Bann geschlagen? Alles nochmal überdenken, wer war sie, was hatte er gesehen, beim ersten Mal ... sie mit dieser schlanken, großen Blonden. Hatte er nicht den ganzen Abend um sie gebuhlt, sie umgarnt, hatte er nicht all seine Register gezogen? Wozu, kalt angelächelt hatte sie ihn, und sein Blick war ganz auf ihre Mundwinkel gerichtet und die sprachen eine andere Sprache... die Sprache des Verlangens. Sie spielte. Mit ihm. Mit dem kleinen Maurice.
Also er saß auf dem Sofa, die Lilien verströmten ihren letzten Atem. Während draussen die Sonne sich auf dem Weg nach Westen machte. Er lauschte. Im Radio spielten sie einen Tango, seinen Tango. In seinen Gedanken tanzte er alle Schritte nach, mit ihr ...
1.:
Maurice
Die Stadt flirrte vor Hitze, meine Poren erstickten im eigenen Schweiß. Überall orientalische Düfte, Geschrei und Hektik. Diese Stadt ist mir so fremd, doch so voller Abenteuer. Ziellos schlingerte ich durch die endlosen Gassen, kein Café zog mich an, kein Basar übte seinen Reiz auf mich aus. Die Nachmittagssonne verbrannte mir den Nacken, ich brauchte einen Hut. Also steuerte ich ein kleines Hutgeschäft an, fand sogleich einen Strohhut, den ich gleich aufsetzte. Dann folgte der Spiegeltest. Passt genau. Weiter quälte ich mich durch die überfüllten Gassen, dieses Gedrängel, Blicke von überall her, ich stierte Luftlöcher in die Menschenmenge. Mir war alles egal, dachte nur an sie. An SIE! Dabei kannte ich sie kaum. Doch immer dachte ich an ihr Gesicht, ihr schönes Gesicht, an ihr Strahlen, ihre Stimme, ihr Lachen.
Schließlich fand ich doch ein Café, eines, das ich kannte. Ich suchte mir einen freien Platz und bestellte mir Türkischen Kaffee. Die Zeit verrann, ich war schon beim dritten, als ich sie erblickte. Arm in Arm mit einer großen Blonden tänzelte sie schwerelos durch die Menge, gleich an mir vorbei ohne mich zu bemerken.
Ich drehte mich um, legte Geld auf den Tisch und folgte ihnen heimlich.
Mein Herz pochte vor Aufregung bei dieser Verfolgung, aus Angst, entdeckt zu werden. Nach einer Weile verschwanden sie in einen Innenhof, ich schlich hinterher. Sah sie mit wackeltem Hintern die Treppe zu ihrer Wohnung besteigen. Ich wartete, bis die Tür ins Schloß fiel, dann stieg ich auch hinauf, nahm Platz an einem Fenster. Unten im Hof beobachtete mich eine pfeiferauchende Alte mit bösem Blick, ich tat so, als wäre sie Luft und tatsächliche löste sie sich in solche auf, sie verschwand endlich. Süße Gerüche drangen durch die Fensterritze in meine Nase, dann sah ich sie. Ausgelassen umarmten sie sich, sie und die Blonde. Die eine drückte die andere an einen Türpfosten, eng und vertraut umschlungen, ihre Hände überall, Kniee wurden vorgestreckt, Beine öffneten sich. Ihre Bewegungen waren elegant und aufreizend langsam, so als würden sie tanzen, ganz aufeinander abgestimmt. Sie waren ein Paar, das wurde mir schmerzlich bewusst. Sie küssten sich, ich wollte mich gerade abwenden, als SIE mich erblickte. Vor Scham errötete ich, erwiderte kurz den Blick und verschwand, ich hatte genug gesehen. Im Weggehen hörte ich eine Tangomelodie aus ihrer Wohnung. Dieses Biest.
2.:
Julia
Mit schmalen Augen sah ich ihn fortgehen. Er hatte so ein trauriges Gesicht, am liebsten wäre ich hinter ihm her gelaufen. Mein kleiner Maurice. Mein armer Maurice. Wir waren ein paar mal aus, haben Tango getanzt, getrunken, uns geküßt. Und er schwor mir Liebe. Schenkte mir Blumen, schenkte mir sein Herz. So gern kraulte ich ihm seinen Lockenkopf, irgendwie mochte ich ihn ganz gern, deswegen tat er mir jetzt leid.
Es war bestimmt ein Schock für ihn, zu sehen, wie mich meine Freundin verführte. Zu gerne hätte er selber mit mir geschlafen, er hat es oft versucht, immer wieder hielt ich ihn hin. Wenn er wüßte, dass ich es noch nie mit einem Mann gemacht habe, obwohl ich schon auf die 25 zugehe.
Seit meiner Jugend habe ich immer Frauen bevorzugt, so wie im Moment Helen, die blonde Engländerin, wir arbeiteten beide bei der gleichen Bank. Beide in ein fernes Land versetzt, natürlich des Geldes wegen, ein bißchen Abenteuerlust gehört schon dazu und es schadet niemandem, sich ein wenig Wind um die Nase wehen lassen.
Maurice war Botschaftsangestellter, was er dort genau machte, darüber schwieg er sich aus. Vielleicht sollte ich Schluß mit ihm machen, bevor sein Herz bricht. Andererseits zog er mich auch an, wenn er mich berührt, bekomme ich jedesmal eine Gänsehaut. Vor Erregung und er macht mich sehr neugierig darauf, wie es wohl ist, mit einem Mann ins Bett zu gehen. So sanft wie er aussieht, ich denke, in ihm steckt auch etwas von einer Raubkatze. Er hat so etwas wildes an sich, was mich fasziniert.
Das alles ging mir durch den Kopf, während ich Helen dabei beobachtete, wie sie sich anzog. Helen ist über einsachzig groß und sehr schlank, fast schmal, dabei aber auf wunderbare Art geschmeidig. Ihr Gesicht sah ein wenig herb aus, ihre wahre Schönheit strahlte sie von innen heraus. Ich liebte sie nicht. Ich will nur Sex mit ihr, und sie weiss das. Helen, die dominante Helen. Sie brachte mich immer wieder zum Höhepunkt und sie fand ihren Genuss darin, mich zu nehmen. Langsam schlich ich mich zu ihr hin und streichelte sie über ihren Rücken bis hin zu ihrem schönen, kleinen runden Po. Wie lasziv sie ihren Nylons über ihre langen Beine stülpte, das war schon eine Klasse für sich. Jeder wollte mit ihr ins Bett, alle, die ich kannte, Männer und Frauen. Sie war einfach tierisch geil anzusehen. Und wieder dachte ich an Maurice. Seinetwegen hatte ich ein schlechtes Gewissen, ich sollte ihn anrufen, mich mit ihm treffen.
Mein kleiner Maurice.
Als Helen gegangen war, zog ich mir schnell ein Kleidchen über und machte mich auf den Weg. Zu ihm, ohne vorher anzurufen. Ich will ihn überraschen. Ihm seine Traurigkeit nehmen, ihn zum Lachen bringen, ihn berühen.
Bis zur nächsten Folge
Maurice