Die bisherigen Antworten gehen ausnahmslos von einem überaus subjektivierten, d.h. höchst persönlichen Würdebegriff aus.
Wird die Würde allerdings nur aus einer solch persönlichen Sichtweise bestimmt, sind auch die Antworten auf die gestellte Frage zwangsläufig subjektiv und können nicht verallgemeinert werden.
Um also eine möglichst objektive und verallgemeinerungsfähige Antwort geben zu können, muss es uns gelingen, eine möglichst abstrakte Würdedefinition zu bestimmen.
Einen kleinen Hinweis könnte hierbei ein Blick auf die Werteordnung geben, die unser soziales Zusammenleben maßgeblich bestimmt: Das Grundgesetz. Dieses bindet zwar zunächst nur den Staat; allerdings können die hieraus entwickelten Begrifflichkeiten eine gewisse Allgemeingültigkeit für sich beanspruchen.
Art. 1 GG bezieht sich auf die MENSCHENWÜRDE als höchstes Schutzgut. Die Grundrechtsdogmatik hat nunmehr vielfach versucht, die MenschenWÜRDE zu bestimmen und greifbar zu machen.
Allgemein ist Menschnwürde nach diesen Definitionsversuchen der
Eigenwert eines Menschen, der diesem aufgrund seiner Persönlichkeit zukommt.
Auf Grundlage dieser Definition ergibt sich eine negative Bestimmung:
Es ist verboten, den einzelnen Menschen zum bloßen OBJEKT des Handelns zu machen.
Dies bedeutet, dass Situationen, in denen ein Mensch nicht in seiner zutiefst persönlichen, subjektiven Wertigkeit geachtet, sondern vielmehr allein als bloßer Gegenstand im Sinne einer rein utilitaristischen Betrachtung verbraucht wird, grundsätzlich diesen Schutzbereich berühren und die Würde somit in Frage stellen.
So allgemein und schwammig die o.g. positive Definition erscheint, umso greifbarer ist also die negative Begriffsdeutung.
Fraglich ist nunmehr, ob die Würde iS. dieses Verbotes überhaupt bei "dreckigem Sex" -um hier das Woody-Allen Zitat aufzugreifen- berührt sein kann.
Ist dies nicht der Fall, kann insb. das allg. "Bewußtsein" bzgl. dieser Würde -oder auch deren "bewusste Abwesenheit" beim Sex- nicht Voraussetzung für ein erfülltes Sexualleben sein.
Legt man das o.g. Schema über die Situation "dreckigen Sex", muss man sich die Frage stellen, ob hierbei -zumindest im Normalfall- ein Mensch zum bloßen OBJEKT des Handelns gemacht, mithin die ihm eigene Persönlichkeit missachtet wird.
Dafür könnte sprechen, dass bei Durchführung vielerlei Sexualpraktiken u.U. eine gewisse einseitige Dominanz eines Parters oder u.U. die Missachtung moralischer Normen zu konstatieren ist.
Allerdings ist die Würde hierdurch wohl nicht berührt.
Zum bloßen Handlungsobjekt wird ein Mensch nämlich allein dann, wenn er -wie zuvor erkannt- nicht in seiner Persönlichkeit wahrgenommen wird. Dies ist aber bei gegenseitig einverständlichem, u.U. durch Liebe bedingtem, respektvollem Sex gerade nicht der Fall.
Insofern ist -zumindest im privaten Bereich- die eigentliche Würde des Menschen grds. nicht berührt, muss also den Beteiligten auch nicht vollkommen bewußt und gegenwärig sein, um erfüllt leben zu können.
Hier ist m.E. eher das Stichwort "gegenseitiger Respekt" angebracht, um die essentiellste aller Voraussetzungen zu beschreiben.
Anders verhält sich dies u.U. im professionellen "Gewerbe". Hier ist -viel eher als im rein privaten Sektor- die Objektsqualität der Betroffenen zu bejahen.
Indes muss wohl auch hier gelten, dass vorhandener Respekt bzw. gegenseitiges Einverständnis die absolute "Verobjektivierung" verhindern und die Würde nur in absoluten Extremsituationen verletzt sein kann.
Abschließend ist somit festzustellen, dass die Würde (nach klassischer Definition) bei normalem, dreckigem Zusammensein eigentlich gar nicht betroffen, in Frage gestellt oder gar verletzt ist.
Dies führt dazu, dass ein gesteigertes Bewusstsein bzgl. der eigenen Würde bzw. das "Ablegen" derselben beim sexuellen Austausch auch keine Voraussetzung für ein erfülltes "dreckiges" Sexualleben sein kann.
Die vorauszusetzenden Begrifflichkeiten erschöpfen sich vielmehr in Schlagworten wie "gegenseitigem Respekt", "Verantwortung", "Selbstvertrauen", "Vertrauen", "Verständnis" oder "Selbsterkenntnis", nicht jedoch zwangsläufig in der "Würde" nach klassischer Definition dieses Begriffes.