Hi,
willkommen, Mitleidender. Aus eigener Erfahrung kann ich dir nur auf die Schulter klopfen und dir männerfreundschaftlich in diesen Sekunden beistehen, in denen du meine Antwort liest. Ich habe so etwas in der Richtung mit meiner Exfreundin gerade selbst (durch) und kann deine Sorge um sie und dein Leid nachvollziehen.
Natürlich hat das depressive Züge, dieses ganze Grübelzeugs (wo komm ich her, wo will ich hin), hat immer einen depressiven Touch. Ich würde ihr deshalb aber nicht gleich eine Depression attestieren, eher eine umständehalber depressive Verstimmung (der ICD trennt da ganz genau...). Die Depression / das Depressive ist aber nicht die Ursache für die ganze Geschichte, sondern ein Symptom. Deine Freundin befindet sich zwischen Quarterlife- und Midlifecrisis, oft ein fließender Übergang.
Es sollte Dir aber auch genauso bewusst sein, lieber TN, dass dabei Du auch auf der Strecke bleiben könntest !
Wenn Du sie liebst, sei einfach für sie da und übe keinen Druck auf sie aus.
Das kann ich nur zu 100% befürworten. Sei für sie da, so lange sie deine Anwesenheit möchte - aber opfere dich nicht selbst für sie auf, achte auch auf dich.
Ich möchte dir auf keinen Fall empfehlen, dich innerlich schon mal auf eine bevorstehende Trennung vorzubereiten, aber: Es ist meiner Erfahrung nach für Frauen nie zu spät, sich die ganze Zukunftsplanung noch mal durch den Kopf gehen zu lassen, völlig ohne Rücksicht auf Verluste.
Es kann also sein, dass sie auch in Erwägung zieht, mit dem klassischen "es liegt nicht an dir, es liegt an mir" einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen, in dem du - so tragisch das für dich sein mag - keine oder nur noch eine sehr kleine Rolle spielen wirst.
Hier empfehle ich dir ausdrücklich, dass du dann freiwillig keine Rolle mehr spielst bzw. darauf bestehst (lies: Auszug aus der gemeinsamen Wohnung, Auflösung aller gemeinsamen Verpflichtungen so schnell wie möglich und vollständige Trennung inkl. Kontaktabbruch), denn du solltest dir im Klaren darüber sein, dass es dich nur zu 100% gibt, und dass du auch ein Recht auf Glück hast. Wenn du ihr dann noch hier und da der Gesprächspartner sein sollst und mal Einkaufstaschen tragen hilfst, sie aber sonst keine weiteren beziehungstechnischen Gepflogenheiten mehr mit dir ausüben will, wurdest du zum seelischen Mülleimer degradiert, und das ist keine angemessene Wertschätzung deiner siebenjährigen Treue und Liebe.
Grundsätzlich ist ja auch nichts anderes richtiger, als sich selbst treu zu sein, sich selbst zu finden und sich nicht für andere zu verbiegen (Kompromisse sollte man aber immer eingehen können), nur haben - mein subjektiver Eindruck - Kerle da irgendwie doch eine langatmigere Vorstellung von bzw. sind nicht so sprunghaft, als unsere werten Damen, die sich einfach mal Hals über Kopf in eine Sinnkrise stürzen und dann alles, was vorher war, wegwerfen.
In diesem Sinne: Sei liebevoll und verständnisvoll für diese Frau da, aber achte ganz genau darauf, wann du zu sehr anfängst, dich und deine Bedürfnisse dafür zu vernachlässigen, und dann ziehe - auch, wenn es ja so gemein ist, da sie ja gerade so hilfsbedürfig ist - notfalls einen Schlußstrich.
Es wird verdammt weh tun, aber es ist absehbar, wann dieser Schmerz vorbei sein wird. Das ist - so finde ich - allemal besser, als die Qual weiterhin fortzusetzen und ggf. eine hässliche, traumatisierende Trennung zu erleben. Sollte es so weit kommen: Trenne dich in gegenseitiger Würde, in gegenseitiger Liebe, in gegenseitiger Wertschätzung und wünsche ihr alles Gute.
Off topic: Mein "Lebensmoto" lautet "viele geben auf, nur wenige scheitern". Das Ding habe ich mir selber ausgedacht und zwar, nach dem ich versucht habe, eine feste Beziehung zu einer Borderlinerin aufzubauen.
On topic: Die hohe Kunst der Sache ist nicht die, bis zum Ende durchzuhalten, sondern zu erkennen, ab wann das Scheitern eine Option wird, weil das Ausschöpfen aller Mittel wenig erfolgsversprechend, das Resultat beim Scheitern dieser Mittel aber vehement wäre.
Ich hoffe, dass das Sinn macht, und ich hoffe, dass ich dir mit meiner Antwort ein wenig Klarheit geben kann.