Nature versus nurture - die Diskussion ist uralt.
Natürlich ist Dominanz im BDSM vor allem ein Konstrukt und das Ergebnis einer Vereinbarung zwischen erwachsenen und einwilliungsfähigen Menschen. Alles andere ist Kitsch.
Wenn mich niemand dominieren lässt, kann ich natürlich auch meinen Kühlschrank benutzen und die Sofakissen züchtigen, kann herrschen über Bücherregal und Geschirrschrank. Lustig ist allerdings anders.
Wer behauptet, sie könnten nicht anders, es sei eben ihre Natur, sollte dringend was anderes als Fabeln lesen und sich über Impulskontrollstörungen informieren. Naturveranlagt ist mit Sicherheit lustiger als zwangsveranlagt zu werden, aber ich fürchte, das Finanzamt lässt da nicht mit sich reden.
Sehnsüchte können sehr machtvoll sein, keine Frage. Die Filme in unseren Köpfen berauschend. Aber das Spiel funktioniert eben nur mit 1+x, wobei x>=1 ist.
Und es ist ein Spiel.
Eine Einigung auf Regeln und Zeitraum, für den diese gelten. Und darin liegt die wundervolle Freiheit dieses Spiels. Dort werden Dinge möglich, die sonst gesellschaftlich - freundlich formuliert - nicht unbedingt wohl gelitten sind. Zu recht. Ich bin nicht gerne in Gesellschaft, in der sich die Menschen verprügeln. Aber ich liebe es über alle Maßen, den schönen Mann an meiner Seite zu vermöbeln, bis er flennt.
Was wir wie stark erotisieren und sexualisieren, hängt von unzähligen Faktoren ab. Welche Erfahrungen wir wann wie erlebt haben, wie sie von uns und den Menschen in unserem Umfeld bewertet wurden und werden (das kann sich nämlich durchaus ändern), was wir mit wem wann unter welchen Umständen wie erleben und wiederum wie wir das emotional bewerten.
Etwas so wunderschön komplexes wie erotisches Verlangen und Erleben auf anekdotische Narrative à la „Ich hab schon im Kindergarten Mädchen verdroschen und fand‘s super” zu verkürzen, macht’s halt sehr banal und zeugt eher von einer miesen Erziehung und einem beschissenen Frauenbild.
Aber zum Glück ändert sich sowas ja auch gerne mal und wir lernen Neues kennen - auch in uns selbst. Wenn wir schon als dominant geboren werden und es immer bleiben, gute Güte, wäre das öde. Und so enorm hinderlich im Alltag. „Kniet nieder, Ihr Unwürdigen, der Herr erwählt 2 Mohnbrötchen und eine Brezel☝️“ Ach, nee, sehr unpraktisch.
Dann doch lieber durchs Leben spielen und Spaß haben, bis wie gesagt einer flennt. Und dann noch viel mehr.
Was ich wirklich lustig finde, ist die Ausdauer, mit der diese Frage gestellt wird und mit immer denselben Stereotypen beantwortet wird. Womöglich noch an Genderstereotypen geknüpft. Mann stark, Weibchen schwach, dieses Alphagetue.
Unerträglich.
Wir haben 2024.
Eindeutiges langweilt mich. Ich liebe Mehrdeutigkeit. Zwischentöne, wo etwas oszilliert und flirrt. In Bewegung ist. Sich verändern darf.
Dominanz, Fürsorge, Hingabe an den Menschen, den ich liebe, mich loslassen dürfen, ganz und gar um meinen Rausch spielen.
Ich mach das, seit ich Sex habe.
Und es wird nie langweilig. Vertraut, gewiss, sicher, geborgen im gegenseitigen Erkennen, aber nie langweilig.
Klischees stoßen mich ab.
Ich finde sie sind ein Ausdruck von Schwäche im maximal unsexy Sinn und von wenig Beweglichkeit. Und so finde ich auch eindeutig dominante Menschen, insbesondere Männer, eher ein bisschen stumpf. Glitzern und Funkeln können für mich oder mir nur die, die sich hinter den Klischees bewegen wollen.