„Ich halte auch davon nix auf Vorlieben für den Partner zu verzichten. Irgendwann kommt sie wieder zum Vorschein.
Dieses. Und noch schlimmeres.
Zunächst verzichtet man vielleicht, weil einem etwas anderes wichtiger erscheint.
Das Bedürfnis nach Harmonie mit dem neuen Partner erscheint wichtiger und überstrahlt das andere.
Irgendwann kommt jedoch Frust auf, weil man auf etwas, das man eigentlich gerne tut, für jemand anderen verzichtet.
Im schlimmsten Falle wird man dann nicht nur gefrustet, weil einem etwas fehlt, sondern sogar auf die Person wegen der es einem fehlt: Den Partner.
Wenn jemand Monogamie für sich wahlweise ablehnt, oder einfach nur nicht fühlt, dann mag die Person für einen frischen Partner vielleicht zunächst zufrieden und glücklich sein. Das ist dann auch nicht gelogen. Diese neue Liebe, neue Partnerschaft, auch das "verliebt sein"-Gefühl überstrahlt das andere möglicherweise. Wenn dieser Mensch dann zusagen macht wie "okay, für dich bin ich ab jetzt monogam", dann mag das emotional eingefärbt sein und mitunter auch vom Wunsch getrieben werden, dass man die neue Beziehung, die einen gerade so ausfüllt, wegen so etwas nicht verlieren möchte.
"Klar bin ich für dich monogam, ich liebe dich doch so sehr und möchte das nicht verlieren!"
Wir sind nicht in einem Disney-Film und viele von uns sind mehr als drei mal sieben, daher wissen wir (hoffentlich):
Das euphorische Gefühl der neuen Liebe, mitsamt den Schmetterlingen im Bauch und all dem anderen Zenober, verschwindet irgendwann. Irgendwann überstrahlt diese neue Person, in die man gerade verliebt ist, nicht mehr den gesamten Alltag und normale Bedürfnisse nehmen wieder ihren gewohnten Platz ein.
An der Stelle hört im besten Falle das "verliebt sein" auf und das "Lieben" beginnt. Und Liebe, zu lieben und geliebt zu werden, ist, bei aller Romantik, Arbeit. Man verliebt sich, aber man entscheidet sich zu lieben.
Man entscheidet sich Konflikte zu klären, die auch aus unterschiedlichen Bedürfnissen bestehen können.
Man entscheidet sich unterschiedliche Vorstellungen, die womöglich zu Streitereien führen, zu klären.
Man entscheidet sich auch für Ambiguitätstoleranz bezüglich der Dinge, zu denen man keine gemeinsame Meinung findet.
Man entscheidet sich zu akzeptieren, dass der Partner / die Partnerin Seiten hat, die man vielleicht total kacke findet und diese "Scheiß-Seiten" hat jeder Mensch.
Bestimmte Dinge kann man aber nicht tolerieren, sofern sie gegen die eigenen Kernüberzeugungen, bzw. Kernglaubenssätze verstoßen.
Wer strikt das Bedürfnis hat monogam zu leben wird sich auf ein Polykonstrukt nicht mit gutem Gefühl und Glücklich einlassen können.
Ein krasseres Beispiel wo es keine Kompromisse geben kann ist der Wunsch nach Kindern. Wenn ein Partner partout keine Kinder möchte, der andere aber schon, dann gibt es keinen Kompromiss. Man kann nicht "ein halbes Kind mit Teilzeitbetreuung" bekommen.
Deshalb halte ich es für wichtig die Kernglaubenssätze und Kernbedürfnisse zu Beginn, im Kennenlernprozess, gegenüberzustellen und zu schauen, ob man mit den Dingen leben kann die für den Partner unverrückbar zum Leben, damit auch zum Liebesleben, gehören. Findet man dort unverrückbare und kompromisslose Unstimmigkeiten, dann kann eine darauf gründende Beziehung faktisch nur zum Unglück einer der beteiligten Personen führen.
An anderen Dingen kann man natürlich arbeiten.
An Eifersucht etwa.
Vertrauen muss und kann auch nicht ab Sekunde 1 da sein. Vertrauen ist etwas, das sich über gemeinsame Erfahrungen und Vertrautheit entwickelt.