Krafft-Ebing ade...
Ich persönlich halte den Begriff Sadomasochismus und die Begriffe Sadismus und Masochismus generell für verfehlt und nur historisch erklärbar. Krafft-Ebing, der sie erfand, wollte aus strafwürdigen Sodomiten hilfsbedürftige Kranke machen, um sie vor staatlich organisierter, sittlich-moralisch motivierter Repression zu schützen.
Das Anknüpfen dieser Begriffe an bestimmte sexuelle oder parasexuelle Handlungen halte ich aber für unergiebig. Für mich sind nicht vorrangig die Handlungen interessant, sondern die seelischen Motivationen, welche diese Handlungen treiben.
Eine Frau, die sich beispielsweise gerne knebeln läßt, kann dies aber aus vielen verschiedenen Motivationen tun. Sie kann:
• Befreiung suchen, von einem Zwang, alles verbal kontrollieren zu müssen,
• den Geschmack von Latex im Mund lieben
• ihrem/r Top gefallen wollen, der/die Knebel mag
• das Gefühl der (verbalen) Wehrlosigkeit erfahren wollen
• Schmerzen spüren wollen durch die Riemen im Mundwinkel
• Demütigung dadurch suchen, dass sie vor andern sabbern muss
• generell das Neue und Verruchte ausprobieren wollen
• zu einer BDSM-Gruppe "dazugehören" wollen
• sich von elterlicher Sexualmoral abgrenzen wollen
• das Eindringen des Knebels in ein intime Körperöffnung (Mundhöhle) und das zugehörige Gefühl des "Besessennwerdens" genießen
Die Liste ließe sich fortsetzen.
Alle diese völlig unterschiedlichen Motivationen werden in dem Begriff Masochismus zusammengematscht.
Das ist nur erklärbar, wenn man Masochismus als verwissenschaftlichte Form von Wertungen aus der katholischen Sittlichkeitslehre begreift, die spätestens seit Thomas von Aquin in richtige und falsche SexualHANDLUNGEN unterschied.
Vor diesem Hintergrund interessieren mich Neigungslisten und Fetischlisten nur bedingt. Mich interessiert, was Menschen antreibt, was sie suchen und wie sie es finden, was sie vermissen, wonach sie sich sehnen und was sie erfüllt und berührt.