Sie, die Eine
Mein Name ist Joachim, ich bin 44 Jahre alt, Vater eines Sohnes aus einer gescheiterten Ehe und seit 5 Jahren liiert. Meine Lebensgefährtin und ich leben in unterschiedlichen Städten; wir sehen uns gelegentlich unter der Woche oder am Wochenende. Unsere Beziehung dümpelt vor sich hin. Der Alltag frisst uns auf, Sexualität hat bei ihr keinen allzu hohen Stellenwert. Meine Sehnsucht nach Zärtlichkeit und Nähe wird von ihr mit Kälte und Auf-Abstand-Halten oft genug im Keim erstickt, mein Verlangen nach Sex mit Stirnrunzeln kommentiert und wenn wir wirklich einmal miteinander verkehren, habe ich den Eindruck, dass sie es nur macht, weil "es dazu gehört". Hingabe und Lust sieht bei mir anders aus. Sicher, sie hat einen stressigen Job, Probleme aus der Vergangenheit nagen noch an ihr; doch auch mein Leben verlief nicht immer geradeaus, auch ich habe Beziehungsnarben auf meiner Seele. Auch mein Beruf beinhaltet viel Verantwortung, Hektik. An ihrer Seite ist mir kalt, ich fröstel, wenn sie sich nach dem einmaligen Pflicht-Liebesakt von mir wegdreht und einschläft. Da ist keine Nähe, keine Zärtlichkeit, kein Kuscheln. Dieses Verhalten legt sie schon lange an den Tag und so ist es dazu gekommen, dass ich fremdgehe. Mittlerweile fast wahllos. Ich weiß nicht, wieviele ich mittlerweile "erlegt" habe. Meine Freundin ahnt nichts. Wüsste sie von meinem Tun, würde sie mich umgehend verlassen. Ich bin in unzähligen Singleforen unterwegs und rekrutiere regelrecht die Damen. Ich kann sagen, dass ich attraktiv, männlich und gebildet bin, intellektuell, vielseitig, charmant, höflich; so kommt es, dass es mir die Frauen nicht schwer machen. Ob blond, ob braun, ich liebe alle Frauen.
Meine Masche ändert sich nie. Ein paar nette Mails, Telefonate, zartes Werben, wohldosierte Komplimente. Auf den Leim gehen sie mir alle: Verheiratete, Alleinstehende, erfolgreiche Geschäftsfrauen. Ich erzähle den Damen, dass ich eine langfristige erotische Zweitbeziehung möchte, meine Lebensgefährtin aber nicht aufgeben werde. Liebe gibt es nicht, Zuneigung ja. In dieser Hinsicht bin ich offen und ehrlich. Ich treffe die Frauen in meiner oder deren Wohnung, in Hotels, wir unternehmen auch viel gemeinsam. Dann ein zärtliches Annähern, Liebkosungen, Streicheleinheiten; kein plumpes Überfallen, Vögeln, ich will es auch für die Frau angenehm machen, bin aufmerksam, liebevoll und in den jeweiligen Liebesstunden gab es für mich nur die Lady, die ich in den Armen hielt, so habe ich es bislang immer gehalten.
Was die Damenwelt nicht ahnt, es gibt kein 2. Mal. Sie sind für mich nur ONS, Bettgefährtinnen, Gespielinnen, die meinen Trieb befriedigen. Ich weiß, dass ich ein Schwein bin und bestimmt so manches Frauenherz gebrochen habe.
Vor einigen Wochen traf ich sie, die Eine. Jung, gut aussehend, witzig, intelligent. Ich traf sie in meiner Stadt und sie traf mich mitten ins Herz. Cafè, gemeinsamer Spaziergang, zurück in meine Wohnung, erster Austausch von Zärtlichkeiten. Wie gut sie roch, ihre Haut, ihre Hände, die mich liebkosten! Unsere Körper harmonierten perfekt. Unsere Sehnsüchte und Vorlieben ergänzten sich komplett. Ihre kleinen Brüste mit den rosigen Nippeln, ihr süßer Hintern, als ich sie a tergo nahm, ihre Vagina, so eng, so heiß, so pulsierend. Auch noch Wochen später spüre ich ihren warmen, weichen Körper unter mir, spüre ihre Beine, die mich umklammerten, als ich tief in sie eindrang, höre ihr Stöhnen und die lauten Lustschreie, als es ihr kam. Sie brachte mich um den Verstand. Ihre Nähe, ihre Hingabe waren für mich ein Quell ungeahnter Freude.
Wenn ich masturbiere, rufe ich mir die Stunden mit ihr in mein Gedächtnis und sie ist mir ganz nah. Ich vergehe dann vor Verlangen, verzehre mich nach ihr und hasse sie gleichzeitig. Ich, der Womanizer, der notorische Fremdgänger, gerate an eine Frau, die eine Seite in mir zum Klingen brachte, die ich ganz schnell wieder vergessen möchte. Sie, sexy, selbstbewusst, emanzipiert, weltoffen, vielseitig interessiert, belesen, schlagfertig, hingebungsvoll, gebend und nehmend mit einer Lust, die mich heute noch atemlos macht.
Mein Weltbild ist ins Wanken geraten. Ich musste feststellen, dass ich mir durch sämtliche weiche, weibliche Fleischberge dieser Welt wühlen kann, doch mein Herz bleibt kalt, unberührt; doch was mir in Erinnerung bleiben wird, sind die Stunden mit dieser einen Lady, die meine Seele und mein Herz in Händen hielt und hält.
Wir telefonierten nach unserem 1. Date, ein 2. Date hielt ich mir offen, obwohl sie mir deutlich ihr Interesse kundtat; ich bin zu nah an das Feuer geraten und habe mir die Finger verbrannt, ich, der absolute Womanizer. Ein weiteres Treffen würde meine innere Qual bis ins Unendliche ausdehnen. Ich habe Angst in etwas hineinzugeraten, was ich nie wollte, doch wenn ich in mich hineinhorche, höre ich eine winzige, kichernde Stimme, die mir sagt: Du bist schon hineingeraten. Besessen, verhext, willenlos, ausgeliefert, berückt, entzückt, verrückt nach ihr.
Ich habe mittlerweile wieder einige Damen "erbeutet", doch zu meinem Entsetzen muss ich feststellen, dass ich nicht immer kann, wenn es ans Eingemachte geht. Ich bin heiß, geil und es regt sich nichts. Sie spukt ständig in meinem Kopf herum, sie, die Eine. Sie könnte mich zur Monogamie bewegen, denn sie verkörpert all das, was ich bei einer Frau immer gesucht habe.
Ich vögel weiter, doch danach fühle ich mich oft leer, fast traurig und Sehnsucht erfüllt mich. Ich sehe im Morgengrauen dann fast angewidert in das Gesicht meines ONS und bin fast zornig, dass nicht sie es ist, sie, die Eine.
Wenn ich dann wieder einmal mit meiner Lebensgefährtin verkehre, rufe ich mir die Stunden mit der Einen ins Gedächtnis, unsere 5-malige Vereinigung, so intensiv, dass die Scheiben beschlugen; kurz, bevor sie ging, musste ich sie nochmals nehmen; ihre hocherotischen SMs; ihre Stimme, ihr Duft. Mein Herz rast und mein Orgasmus sprengt mir fast die Schädeldecke weg. Meine Lebensgefährtin nörgelt dann, dass ich zu wild bin, zu tief in sie eindringe, ihr Schmerzen bereite und, und, und. Der Aufprall auf den Boden der Tatsachen ist dann um so härter.
Mein Alltag ist grau und leer geworden. Ich sehne mich nach ihr, der Einen und kann es mir nicht eingestehen. Auch sie wird es nie erfahren, denn das hieße ja, ihr meine Seele bloßzulegen. Ich bin feige, ich weiß. So gehe ich weiter durch mein Leben, verrichte gewissenhaft meine Arbeit und gebe nach außen den harten Kerl ab, dessen Zynismus immer beißender wird, um zu verbergen, wie sehr ich getroffen wurde. Hätte ich sie doch nie kennen gelernt, sie, die Eine.
Over and out.