@Sinnesrausch
Ich heiße zwar nicht Antaghar, aber ich antworte doch mal, weil es eine spannende Frage ist
Ich bin der Auffassung, dass Liebe sich nicht quantifizieren lässt. Entweder ich öffne mich für dieses Gefühl oder eben nicht. Was sich nun sehr oft beobachten lässt (und ich habe das früher selbst auch so gemacht) war dieses: wenn Du mich liebst, dann machst Du xy. Oder noch einfacher dieses "mach mich glücklich". Dummerweise kann mir aber niemand ein Gefühl schenken, dass in mir nicht vorhanden ist. Wenn ich also z.B. im tiefsten Inneren das Gefühl habe, dass ich es ja gar nicht wert bin, geliebt zu werden, weil ich zu groß, zu klein, zu dick, zu dünn, zu klug, zu dumm oder was auch immer bin, dann wird keiner der eingeforderten Liebesbeweise zu dem gewünschten Ergebnis führen.
Und genau deshalb ist es so wichtig, sich zunächst einmal selbst zu lieben und zwar genau so, wie man von einem Partner auch geliebt werden möchte: mit allen Stärken und Schwächen. Wenn ich mit mir selbst nicht im Reinen bin und permanent mit irgendwas hadere, ist es herzlich egal, wenn der andere keinen Grund zum Hadern sieht: ich hadere weiter. Für mich gehen in diesem Zusammenhang Selbstliebe und Selbstbewusstsein Hand in Hand. Es ist die Erkenntnis und Annahme dessen, was mich im tiefsten Inneren ausmacht, das Entdecken der eigenen inneren Fülle.
Egoismus ist etwas völlig anderes, nämlich das Bedürfnis, die eigenen Bedürfnisse auf Kosten anderer durchzusetzen. Dieses "ich brauche, also will ich"ist je nach persönlichem Lebensweg und Sozialisation unterschiedlich stark ausgeprägt - unabhängig vom Geschlecht. Wer also nie gelernt hat, seine Wünsche zu kommunizieren, kann sie halt nicht angemessen kommunizieren. So entstehen dann diese Schieflagen, wo jemand an den Punkt kommt zu sagen: Jetzt muss ich aber mal an mich denken. Ich will jetzt auch mal was. Das Ergebnis ist hinterher im besten Fall ein Kuhhandel: ich geh mit Dir in zum Fußball, aber nur, wenn Du mit mir in die Liebesschnulze gehst. Wahlweise: Du darst mit Deinen Kumpels zum Fußball, aber nur, wenn Du nichts dagegen hast, dass ich mit den Freundinnen Wellness-Wochenende mache.
Im Grunde steckt hinter solchen Diskussionen, Abgrenzungen und Grabenkämpfen, die in Beziehungen ja alltäglich zu sein scheinen, die tiefsitzende Angst, der andere können ohne einen selbst auch glücklich sein.
Ich habe für mich all diese Erwartungshaltungen untersucht und bin zu dem persönlichen Resumee gekommen, dass ich niemandem die Aufgabe aufbürden möchte, für mein Wohl und Wehe verantwortlich zu sein, und ich habe auch nicht die Absicht das andersrum zu machen. Ich möchte Bedürfnisse äußern können, ich möchte Bedürfnisse erzählt bekommen jenseits irgend einer Anspruchshaltung um dann gemeinsam nach dem bestmöglichen Weg für die Erfüllung zu suchen. Das hat was mit Vertrauen in sich selbst, in den Partner und den gemeinsamen Weg zu tun.
Und, um den Bogen npch mal zum Anfang zu schlagen: Liebe lässt sich nicht quantifizieren in mehr oder weniger. Liebe ist einfach.
Und auch auf die Gefahr hin, endgültig in der esoterischen Ecke einsortiert zu werden, möchte ich einen Spruch aus den Upanisaden zitieren, weil er, wie ich finde, sehr dazu passt.
Fülle ist jenes,
die Fülle ist dieses.
Aus der Fülle
geht die Fülle hervor.
Wird von der Fülle
die Fülle genommen,
so bleibt wahrlich
die Fülle
Liebe Grüße
Sylvie