Lebenseinstellung.
Seit dem letzten Posting ist jetzt schon mehr als ein halbes Jahr vergangen. Ich möchte trotzdem meine Meinung zu diesem Buch kundtun, ich gerade dabei bin, es zu lesen.
"Das sexuelle Leben der Catherine M." ist vielleicht keine klassische erotische Geschichte, mit überraschenden Wendungen und besonderen Situationen und Handlungen, wie wir sie kennen.
Es ist eine entspannte, fast schon nüchterne Schilderung eines sexuell aktiven Lebens. Das Fasziniernde an der Autorin = Hauptdarstellerin ist ihre Gelassenheit, mit der die berichtet, und mit der sie ihre sexuellen Abenteuer angeht. Und genau darum hat sie das Buch auch geschrieben. Es ist ein Buch, mit dem Sex aus der Tabuzone gebrachten werden soll. Und in der ist er trotz unserer angeblich so "übersexualisierten" Gesellschaft immer noch. Catherine Millet möchte uns ermutigen, Sex immer neu auszuprobieren und v.a. auch ungezwungen darüber zu sprechen. Im Smalltalk freimütig über seine Sexualität zu sprechen, ohne grunzenden Unterton, ohne verschämt die Reaktion des gegenübers abzuwarten, das ist es, was dieses Buch ausdrücken will.
Hier im Joyclub kommunizieren wir ja im Millet'schen Sinn. Wir erzählen über unsere sexuellen Phantasien, unsere letzten Sex-Erlebnisse, wir diskutieren über geeignete Techniken der Intimrasur, was wir am Analverkehr so toll finden, was wir beim Partnertausch empfinden und welche Pornodarstellerin wir für besonders gut halten und warum. Und das alles in niveauvoller und entspannter Athmosphäre, erotisch und lustvoll, aber nicht vulgär und primitiv.
Das ist es, was auch dieses Buch ausmacht. Außergewöhnlicher Sex mit mehreren Teilnehmern wird in entspannter Weise beschrieben und gerade dadurch spannend gemacht. Das Spannende ist das völlige Außerachtlassen moralischer Bedenken und des Achtens auf den "Guten Ton" (dessen Höhe wiederum die bestimmen, die sich dafür berufen fühlen, ohne es zu sein). Ich empfinde Frauen wie Catherine M. als sehr erotisch.