Soviele neue Gedanken.
Ich pick mir mal ein paar statements heraus.
@******der
1. Nun haben wir hier nicht den erfolreichen Manager sondern den einfachen Handwerker (nur zu Info ich bin kein Handwerker aber ich kenne eine ganze Menge) der mit 25 in einer ployamoren Beziehung mit drei Friseusen die alle gerne 1-2 Kinder hätten .
Aber es muss auch nicht der Handwerker sein kann auch ein Soziologe oder was auch immer sein. In der Regel wird das nicht so einfach werden. Die stoßen da sehr schnell an ihre Grenzen.
[...]
2. Ein Grundgedanke der Polyamorie ist ja gerade, dass die Ansprüche an den einzelnen Partner abnehmen und diese durch andere erfüllt werden können.
Zu 1. Wie schon angemerkt, hör auf in abgeschlossenen Konstrukten zu denken, das scheitert an der Realität, soetwas neigt zu Gruppen- und Netzbildung.
Und wenn da tatsächlich mal ein Center mit drei Wings ist und das bleibt so - die vier können alle Geld verdienen, auch (und gerade zu viert) als Halbstagsjob (oder Dreivierteltagsjob oder sonstwas), weil viel mehr Personen da sind, die sich kümmern können. Vier Verdiener mit 6 Kindern ist durchaus immernoch besser zu stemmen auch in der Organisation und beruflichen Perspektive, als 2 Verdiener mit zwei Kindern.
Ich kenne aber eigentlich keine polys, die nicht studiert haben UND nicht sowieso schon alternativ leben. Vermutlich weil bestimmte Milieus das Interesse für solche (immernoch) gesellschafts-nonkonformen Lebensweisen weder mitbringen noch bereit sind, sich die nötigen eher weniger gebräuchlichen Handwerkszeuge beizubringen. Selbstreflektion und Kommunikationsphilosophie wird bei Handwerker oder Friseuse vielleicht einfach seltener Teil der Lebenswelt sein?
Deswegen sind polys wohl eher Selbstständige oder Akademiker? Meine private Meinung, kann völlig falsch sein.
Zu 2. Da hast Du leider falsch verstanden, was mit der Aussage gemeint ist. Nicht, daß die Beziehungen und Ansprüche "flacher" werden, man möchte immernoch genauso viel und möglichst alles und größte Tiefe von seinen Partnern. Aber: man kann eher akzeptieren, wenn man nur eine bestimmte Tiefe erreicht, nur eine bestimmte Mengen an Wünschen und Hoffnungen erfüllt wird. Weil man die gewünschte eigene Entwicklung und Erwiderung/Erfüllung auch in anderen Beziehungen finden DARF. Ich bin über Grenzen, an die ich in einer Beziehung stoße, weil uns etwas eben einfach im Miteinander nicht verbindet oder ergänzt, genauso traurig (und manchmal unermüdlich im Versuch, das doch noch hinzubekommen), wie ich es in der Monogamie war. Aber es ist kein Grund mehr, sich zu trennen, wenn man große Sehnsucht nach Komplementierung dieses einen Bedürfnisses hat und jemanden trifft, der das in Aussicht stellt. Ein bisschen wie ... Lego, man darf mehrere Kästen mischen, um soviele Teile zu haben, wie man verbauen kann. Natürlich kann dabei eine Überflutung stattfinden, daß man soviel Angebot hat, daß man darin ertrinkt und keine Tiefe mehr aufbaut!
Aber dann lebt man das nicht aus, was Polyamory anbietet und einzigartig macht. Dann stößt man sich letztendlich auch nur die Hörner ab - und sei es auf emotionaler Ebene.
Deswegen bin ich auch skeptisch, ob es zu tiefen (Einzel-)Beziehungen führen kann, wenn Menschen von vornherein polyamor leben. Es braucht Erfahrung und Erlebnis, um zu wissen, wie es sich anfühlt, sich zu binden, zu beschränken, umeinander und miteinander zu arbeiten und zu kämpfen. Was einem das gibt, was es einem nimmt - und nicht einfach mehr Menschen anzuhäufen aus Angst, man verpaßt was. Aber das ist eine individuelle Sache oder Frage der Lebenserfahrung. Nicht der Polyamory an sich.
@*****tte
1. Vielleicht liegt die Krux der polyamouren Beziehungen eben darin, dass sich dies zu viele Menschen zutrauen, die dafür gar nicht ausgelegt sind und nur den Gedanken der Angebotsbreite sehr spannend finden und deshalb dann granatenmäßig scheitern.
2. Demnach also, wenn ich mit meiner monogamen Beziehung ausgefüllt und glücklich bin.
Aber habe ich dann überhaupt noch den Wunsch dazu?
Wenn man in einer monogamen Beziehung alles gibt, kann man dann überhaupt noch Kapazitäten frei haben, einem weiteren Menschen zu geben?
3. Dem anderen die Möglichkeit, sich mit Zustimmung des Partners sich nicht ganz auf einen Menschen mehr einlassen zu müssen und in andere Richtungen auszuweichen. Ein "Aushalten" zu vermeiden.
Zu 1. Das denke ich eben auch - aber nicht gewollt. Viele Menschen sind damit in der Praxis überfordert und weniger bereichert, ob das so ist, ist individuell. Aber das weiß man nunmal nicht, bevor man es nicht probiert hat, leider - der Schmerz der "echten" Polys in diesem Erkenntnisprozeß ist nämlich auch nicht ohne und ich keine genug Polys, die sagen "nie wieder irgendwas mit einem bisher-mono anfangen, man fängt beim Urschleim an in der Entwicklung von Kommunikationsfertigkeiten, Empfindungsveränderung aus dem angelernten Monogamie-Konzept etc".
Zu 2. Die allererste Regel der Polyamory (eine der wenigen allgemeingültigen) ist: Polyamory funktioniert nur, wenn die Einzel-Beziehungen stabil und glücklich sind. Klingt banal, bedeutet aber, daß eine Beziehung zu öffnen, nicht klappt, wenn die bestehende Beziehung zu diesem Zeitpunkt nicht tragfähig und gesund und ERFÜLLEND ist. Polyamory zu leben verändert Menschen, es sind Erfahrungen, die man nie vergißt, egal ob negativ oder positiv - und wenn sich Menschen (oder nur einer) in einer bestehenden Beziehung so stark verändert, ist das alleine schon eine Belastung für die Beziehung. Jede Veränderung eines Beteiligten erfordert ein "Update" der Beziehung an die neue Person. Da wird leider viel unterschätzt (da eben keine Erfahrung vorliegt), welches Ausmaß das annehmen kann ...
Zu 3. Nein, garnicht, es geht nicht darum, Schwächen des anderen nicht mehr "aushalten" zu müssen. Wobei ich "aushalten" sowieso für nicht gerade sinnvoll halte, damit umzugehen, sich zu arrangieren, erscheint mir vitaler - aber wie man mit als negativ empfundenen Eigenschaften eines Partners umgeht (negativ ist relativ), das kann durch die Blickweise weiterer Partner (für die es z.B. nicht negativ ist, weil ...) durchaus leichter sein oder sich in Luft auflösen. Aber das erfordert, daß man bereit ist, vom Absolutheitsanspruch der eigenen Wahrnehmung wegzugehen - und etwas anzuerkennen, was im NLP als "reframing" bezeichnet wird. Z.B. wies mal jemand einen Ex-Partner darauf hin, als dieser eine Frage stellt in der Art von "wie geht ihr damit um, daß immer ...", da kämen aber sehr viele "immer" bei ihm vor, das müsse doch kein "immer" sein. Seine Reaktion: natürlich könnte man das anders ausdrücken, aber es ändert ja an den Tatsachen nichts.
Mit der Einschätzung der "Tatsachen" verbaut man sich oft schon, ob da etwas ist, was man "aushalten" muß oder warum das passiert und wie man die vom Gegenüber gewünschte Wirkung auch anders erreichen kann. Und eben da kann es sehr hilfreich sein, mehrere eng verbundene Personen draufsehen zu lassen, die alle entsprechend intimen Einblick in die Situation haben. Sofern man SO eine Konstellation eben aufbaut.