Meine Brüder
Wenn ich nachts an den Resten der Stadtmauer steh´,Meinen Schatten im Sternenlicht seh´,
Stellt sich stumm mir die Frage, ob ich nie gespürt,
Dass ich sie in den Abgrund geführt.
Was ich tat, schien mir richtig und sinnvoll und klug,
Doch ich ahnte schon früh den Betrug
An den Menschen, die mir ihre Träume geschenkt.
Ich hab sie ins Verderben gelenkt.
Meine Brüder
Knieten nieder.
Warum hab ich die Zeichen nicht wirklich erkannt?
Warum hab ich die Zweifel verbannt?
Warum hab ich das Spiel immer weiter gespielt
Und zerstört, was am Leben sie hielt?
Was ich sah, waren Menschen, die alles verlor ´n.
Was ich sagte, hat Hoffnung gebor ´n.
Was ich wusste: es war keine Rettung in Sicht.
Was ich tat, war vielleicht meine Pflicht.
Meine Brüder
Knieten nieder.
Da sind Tage, wenn ich meine Taten verfluch´
Und ich weiß, dass mir niemand vergibt.
Da sind Tage, wenn ich die Erinnerung such´,
Die mir zeigt: Ich hab wirklich geliebt.
Was ich immer wollte, war Glück und Gerechtigkeit.
Was ich immer wollte, war Frieden.
Was ich ihnen brachte, war ein unermessliches Leid.
Ich hab nie zum Kampf mich entschieden.
Meine Brüder
Knieten nieder.
Wenn ich all die Folgen seh
Und die Wege, die ich nie gegangen,
Und die Chancen, die ich hab vertan,
Werd ich leise und fühl mich gefangen,
Wie ein Bote im göttlichen Plan,
Während ich an der Stadtmauer steh.
Meine Brüder
Knieten nieder.
© Berglöwe, 09.10.2009