Mehr brandheiße Inhalte
zur Gruppe
Geschichte der O
2599 Mitglieder
zur Gruppe
Kopfkino
1516 Mitglieder
zum Thema
Die schönsten Brüste - Teil 65744
Die schönsten Brüste - Teil 65 Schon immer sind die Brüste einer Frau…
zum Thema
Schöne Schwänze742
Die schönste Muschi " haben wir bereits nun möchte ich mal sehen was…
Das Thema ist für dich interessant? Jetzt JOYclub entdecken

Der schöne Thot, Teil 4

eyes002
******ace Mann
15.954 Beiträge
Themenersteller 
Der schöne Thot, Teil 4
Nur langsam erholte ich mich. Erwachte quasi wie aus Trance. Zwinkernd sah ich gehetzt umher und wollte nicht recht glauben, was da gerade passiert war. Hatte ich das geträumt? Fieberphantasien eines überarbeiteten Eisdealers?
Nein. Die beiden leeren Tassen sprachen eine beredte Sprache. Ohne auf irgend etwas anderes zu achten, stürzte ich zum Telefon und reif Paolo an.
„The person you´ve called, is temporarely not available“
Leck mich doch am Arsch verflixt.
Im Register suchte ich nach seiner anderen Nummer. Besetzt, so ein Dreck.
Was nun?
Ich musste Paolo auf jeden Fall sagen, er solle seinen feisten Hintern nach Hause schieben, denn auf Stress mit den ehrenwerten Herren hatte ich absolut keine Lust. Denn ich konnte das Unheil riechen, das sich düster drohend zusammenbraute, wie einen schweren Sturm, den man spürte, wenn er sich näherte. Es war nicht die Frage ob es Stress geben würde, sondern wann er ausbrach. Ich wusste es einfach, obgleich ich mit diesem Thema noch nie etwas zu tun hatte.
Zusammenhänge brauchte ich nicht wissen, Gründe waren egal, Motive gab es nicht, außer den üblichen: Geldgier oder Rache.
Ich wählte erneut. Ein Anrufbeantworter.
Ich sprach Paolo auf das Band, innig hoffend, er möge das schnellstmöglich abhören. Schließlich musste er wissen, was zu tun war. Und dann, wenn Paolo wieder hier war, würde ich zügig die Segel streichen. In die Mühlen einer kriminellen Struktur zu geraten war nicht wirklich das, was ich noch brauchte. Bei aller Sympathie für Paolo, aber das war eine Nummer zu hoch für einen… Vertreter. Nun im Grunde war es zuviel des Guten für jeden, bei genauer Betrachtungsweise
Das Telefon! Das Klingeln war noch nicht verklungen, als ich den Hörer in der Hand hielt.
Gott sei Dank, es war Paolo. Ich schilderte ihm so ruhig wie möglich, was sich hier vor ein paar Minuten zugetragen hatte und es schien, als würde es den guten Paolo nicht besonders wundern. Hatten die Italiener gelernt, mit der ehrenwerten Gesellschaft zu leben? Bestand eine Art Arrangement zwischen ihnen und gehörten mafiöse Strukturen inzwischen zum Geschäftsleben dazu? So etwas wie der Zehnte Teil der Ernte bei Lehnsherren in der Vorzeit?
Paolo erklärte mir in ruhigen Worten, dass ich mir um nichts Sorgen zu machen bräuchte, er würde alles von dort aus klären. Keine Sorgen, keine dummen Fragen stellen und auf keinen Fall darüber nachdenken. Das Beste wäre, alles sofort zu vergessen was passiert wäre. Es täte ihm leid, dass ausgerechnet ich mit den Herren zu tun bekommen hätte, aber ich bräuchte mich nicht zu sorgen. La Ommerta. Code of Silence. Schweigepflicht heißt das wohl bei uns.
Nun, für mein Empfinden war das einmal „Sorge“ zuviel. Wenn mir jemand so eindringlich erzählt, ich solle mir keine Sorgen machen, dann ist allein das Grund zu erheblicher Sorge.
Aber was konnte ich schon tun? Nichts. Nichts, was in meiner Hand liegen würde.
Dennoch beschloss ich, besonders aufmerksam zu sein. Nur worauf ich achten sollte, war mir an diesem Sonntag nicht wirklich klar.
Ich weiß nicht, ob alle Menschen dieses Gefühl kennen. Die vom Glück geküssten wohl nicht.
Das Gefühl, als würde eine Schlange über ihnen mit gefüllten Giftzähnen und gespanntem Körper nur auf die Nächste Bewegung warten, um vorzuschnellen und Ihnen die Zähne tief ins Fleisch zu schlagen. Als wäre ein Raubtier unerkannt in Ihrer Nähe und wartete bloß auf den richtigen Augenblick. Das Nervensystem vibriert wie eine angeschlagene Saite, die einen kläglichen Misston zustande bringt und deren Ton einen bis ins Mark frieren lässt. Das ganze Körper schwingt und vibriert, die Haut fühlt sich heiß und wie ein Schwamm an und es scheint fast, als wäre die ganze Existenz unwirklich und traumgleich. Alle Gedanken kreisen um sich selbst, man ist keines klaren Gedankens fähig und erzittert innerlich vor Furcht. Furcht vor dem, was sich zusammen braut und körperlich spürbar ist. Dinge, unerkannte Dinge, wie eine Welle aus Bosheit. Kräfte, die sich formieren und sich gegen den eigenen Willen lenken und die einem den Handlungsspielraum derart einengen, dass man sich vorkommt wie eine Zuchthenne in ihrem Miniaturkäfig.
Die Reinigungsarbeiten an diesem Abend gingen wie von selbst von der Hand, die beiden Aushilfen bemerkten zwar meine nachdenkliche Verschwiegenheit, sagten jedoch dankenswerterweise nichts.
Schlafen konnte ich in dieser Nacht nicht.
Mafia. Wer könnte sich jemals vorstellen, dass er mit diesem Thema außerhalb der billigen Witzchen und spannender Romane jemals konfrontiert werden würde? Niemand. Nicht wirklich. Und doch wurde mir schmerzhaft bewusst, dass das Thema existent war. Nicht nur in Sizilien, Sardinien oder New York, sondern hier in Osnabrück. In der Friedensstadt, ist das nicht ein Witz? Lachen konnte ich jedoch nicht darüber.

„Danger, approaching satety-limits of engine containment field“
Mein Handy. Als Trekkie war selbstredend ein Klingelton der Lieblingsserie installiert. Ein Blick auf die Uhr. Kurz vor Mitternacht.
Barbara. Ob ich mitkommen würde, heute gäbe es eine Hockerparty im Club.
Höflich lehnte ich ab, versprach ihr aber, das Nächste Mal bestimmt mit zu kommen. Enttäuscht beendete sie die Verbindung.
Barbara. Eigentlich nicht mein Typ. Kurze Haare und so mager, dass ich jedes Mal den Wunsch verspüre zu kochen wenn ich sie sehe. Aber sie war das, was Männer in angetrunkenen ungehemmten Gesprächen als: Naturgeil apostrophierten. Ein Begriff, den ich bis heute nicht verstehe. Von den gesellschaftlichen Gegebenheiten ganz abgesehen.
Nicht dass ich nicht in meinem eigenen Rollenverhalten gefangen wäre, mitnichten. Aber diese schizophrene Einstellung, dass Frauen, die ihre Sexualität frei lebten, als Flittchen oder Schlampen galten, Männer mit vielen Frauen jedoch als Schürzenjäger galten, nicht ohne ein gerüttelt Maß an Neid, teilte ich nicht. Das Problem bei Männern und Schlampen ist, keiner darf sie offiziell mögen, f icken jedoch wollen sie alle. Verlogene Scheißkerle…

Ich konnte über unsere schräge Scheingesellschaft nachdenken so lange ich wollte, ich fand keinen Schlaf. Zu sehr hatte mich die Begegnung berührt mit den Kofferträgern.
Natürlich hatte ich bereits mit Kriminalität Kontakt, aber nicht mit organisierter.
Irgendwann dämmerte ich einfach weg und wachte mit schmerzendem Nacken auf. Dazu quälte mich ein Husten, da ich vergessen hatte, das Fenster zu öffnen und meine Hausstaub- Allergie einschlug wie eine Bombe.
Das Pech schien mich zu verfolgen seit gestern.
Eine Zigarette half zumeist gegen Stauballergie. Militärstrategie. Ersetze eine Maßnahme gegen eine höherwertige oder schlimmere.
Lustlos duschte ich und zog mich an. Mit Widerstand begab ich mich zum Cafe und wollte eigentlich gar nicht arbeiten, aber als die ersten Gäste erschienen, glitt ich automatisch in den Alltagstrott.
Gegen 10 kam die erste Aushilfe und ich trug die Einnahmen zur Bank um sie per Blitztransfer nach Italien zu schicken.
Als ich die Quittung und die Auszüge in den Tresor legen wollte, kam ich auf die Idee, mich in Paolos Wohnung umzusehen.
Natürlich macht man das nicht, aber Paolo hatte mich mit der Mafia in Kontakt gebracht und damit rechtfertigte ich vieles.
Aber ich fand nichts. Wie auch. Niemand führt ein Mafiatagebuch mit allen Eintragungen, Namen Adressen und Telefonnummern. Oder doch?
Ich dachte nach. Doch, ich würde das tun. Als Rückversicherung. Oder als Letzte Rache aus dem Grab heraus, falls mir etwas passieren sollte. Würde Paolo auch auf den Gedanken gekommen sein? Bestimmt. Und wo würde Paolo so etwas verstecken? In einem Bankschließfach? Nein, zu umständlich für Eintragungen. Unter dem Bett oder im Tresor auch nicht, da würde es jeder vermuten.
Ich versuchte, mich in Paolo hinein zu versetzen und ging den Weg nach, den er vielleicht nehmen würde, käme er nach Hause. Duschen, vielleicht ein Getränk aus dem Kühlschrank holen, umziehen, die Dreckwäsche in die Stahltrommel werfen und der abendlichen Toilette frönen.
Ich hob den ungewöhnlich schweren Stahlbehälter für die Wäsche an und siehe da: Eine schwarze Kladde in DIN A 5 mit roten Ecken. 2006 stand darauf. Paolos Handschrift.
Einen Moment lang zweifelte ich. Das hier waren sehr intime Dinge, und Paolo vertraute mir. Nun, ich hatte ihm auch vertraut und war plötzlich ein anderer, aber damit hatte er sicherlich nicht rechnen können.
Ich schob also ein paar T-Shirts beiseite und entdeckte den Grund für das erhöhte Gewicht des Behälters. In einem der Shirts eingewickelt lugte mir der Griff einer 9mm Beretta entgegen. Der gute Paolo hatte wohl Angst? Nun, wie auch immer, ich jedenfalls hatte welche.
Das Magazin war voll, die Pistole in guten Zustand. Siedend heiß fiel mir ein, dass jetzt sogar meine Fingerabdrücke an der Waffe klebten wie Efeu an einer Hauswand.
Sorgfältig reinigte ich das Tötungsgerät und legte es so hin, wie ich es vorgefunden hatte. Auch das Buch ließ ich unangetastet. Irgend etwas, vielleicht der Einzige anständige Gedanke an diesem Morgen, ließ mich zögern und die dumme Idee, mich in das Privatleben Paolo´s zu mischen, verwerfen. Auch wenn der Verstand mir einhämmerte, dass ich das verdammte Recht hatte, gewisse Dinge zu wissen.
Nachdenklich begab ich mich zurück ins Cafe und staunte nicht schlecht, als ich die beiden ehrenwerten Herren in ein Gespräch mit Sandra vertieft sah. Sehr zu meinem Unmut übrigens. Denn nachdem ich meine Tätigkeit hinter der Theke wieder aufgenommen hatte, hörte ich für ein paar Sekunden lang, worum es ging. Es hatte den Anschein, als wenn sie Sandra ausfragten.
„Nein, Paolo geht selten aus dem haus. Sein Leben besteht nur aus dem Lokal, ich wüsste ehrlich gesagt auch nicht, wohin er gehen sollte“
„Sandra, hast du daran gedacht, die Waffeln aufzufüllen?“
Das war eher beiläufig in den Raum geworfen, aber letztendlich unauffällig die Einzige Methode, die geschwätzige Sandra von den Typen wegzulocken. Die Blicke der Männer allerdings sprachen Bände. Offenbar wollten sie die kleine noch weiter ausfragen, aber Sandra war zum arbeiten hier, nicht zum reden.
Sandra verabschiedete sich höflich und ging ihrer Aufgabe nach.
Die Männer redeten noch ein wenig und machten den ersten Fehler. Sie redeten in normaler Lautstärke, aber auf Italienisch. Nicht wissend, das ich verstand, was sie sagten. Ein ungewöhnlicher Dialekt zwar, und ich verstand beileibe nicht jedes Wort, aber wenn man den Satz insgesamt verstand, konnten auch einige Worte wegbleiben, der Sinn erschloss sich.
Und es hatte den Anschein, dass sie jetzt täglich bis zu Paolo´s Rückkehr hier einkehren wollten, um ihn ja nicht zu verpassen. So ein Mist.
Ich ließ mir nichts anmerken, und als die beiden Typen sich anschickten, zu gehen, ritt mich der Wahnsinn.
„Ich bekomme noch 10 Euro, meine Herren“ Sagte ich deutlich, aber in eher neutralem Ton.
„Scusi, 10 Euro? Warume?“
„Offensichtlich haben Sie gestern vergessen, Ihren Cappuccino zu zahlen. Kann ja mal vorkommen“ Sagte ich gönnerhaft, ahnend, dass ich einen gefährlichen Weg beschritt.
Die beiden sahen sich an. Ungläubig, dass jemand es wagen würde, Geld für ein Heißgetränk zu verlangen.
„Senti Amico, wase wenn wir nixe bezahle? Wir sind Freunde von Paolo“
„Davon weiß ich nichts und Paolo hat mir ganz eindeutig gesagt, bevor er abgereist ist, dass es Kredit nicht gibt. Also? Weil, ansonsten müsste ich Ihnen Hausverbot erteilen, und das wollen sie doch nicht, oder?“

Ich spürte eine heiße Welle der Röte in mein Gesicht schießen, mein Herz pumpte aufgeregt Unmengen Adrenalin durch meine Blutbahn und ich bereute meine vorlaute Klappe bereits jetzt.
Der Kleinere von beiden zog mit Leichenbittermine einen Zehner aus der Tasche und sah mich an, als hätte ich seine Mutter beim onanieren erwischt.
Aber für mich war es eindeutig ein Indiz dafür, dass sie unauffällig bleiben wollten. Gut, das war zu spät, aber ich konnte den beiden immer noch Unwissenheit vorspiegeln. Und das klappte ganz gut, wie es aussah.
Höflich und freundlich bedankte ich mich und wünschte den beiden einen guten Tag.
Aufatmend sah ich zu, wie die beiden Typen das Lokal verließen. Der Stein, der mir vom Herzen fiel, musste das Gewicht des Mittelgebirges haben. Aber ich wusste doch, dass der Stress wohl noch anstand. Und mit jedem Tag, den die hier rumwimmelten, wurde es nicht gerade besser.
Trotzdem beobachtete ich weiter. Die beiden stiegen in einen dunkelblauen Lancia Thema Kombi. Osnabrücker Nummer.
Wie sagte mein Ausbilder immer: Know your Foe. Kenne deinen Feind. Information war schon immer der Schlüssel.
Ich suchte die Nummer der Zulassungsstelle heraus.
„Hallo, Müller ist mein Name, ich habe da ein Problem. Ich habe gerade beim parken ein Auto beschädigt und warte und warte, aber nach einer Stunde warten kam immer noch niemand, dann ging ich kurz austreten und als ich zurückkam war der Wagen weg. Was soll ich tun?“
„Ach so, die Polizei. Ich wollte eigentlich die Polizei da heraushalten, weil ich keinen Zettel…. ja. Ach das wäre furchtbar nett. Ich danke Ihnen. Ja, ich habe was zum schreiben“

IMPEX Holding m.b.H. in der Hansastrasse

Ich bedankte mich aufs herzlichste bei der jungen Dame. Klicktel. IMPEX Holding, aha. Ich nahm mir vor, ein wenig weiter zu forschen. Aber im Telefonbuch waren sie nicht aufgeführt und in den gelben Seiten ebenfalls nicht. Und nun? Google. Aber auch dort nichts.
Ich rief die IHK an. Als Handelsvertreter musste ich dort eingetragen sein und die wohl auch.
Und dort erfuhr ich, dass es sich bei IMPEX um eine Import/ Export- Firma für Fleisch aller Art handelte. Eine offizielle Firma also. Das war aber anscheinend erst einmal Einbahnstrasse. Außer, dass man „Fleisch“ auch anders verstehen konnte. Aber egal, jede Information nützte. Rainer kam mir in den Sinn. Ein ehemaliger „Kollege“ aus der Offiziersschule, der jetzt Broker in Düsseldorf war.
Und er freute sich wirklich, mich zu hören. Bis ich zu dem Problem kam. Vor 6 Jahren hatte Rainer Besuch bekommen. Eine Delegation Russen, die mehrere Hunderttausend, damals noch DM, in Warentermingeschäften anlegen wollten. Auch auf Rainers dringenden Appell, die Finger von Afrikanischem Kupfer zu lassen, wollten die Jungs par tout nicht hören. Und verloren insgesamt 540000 DM. Rainer schüttelte damals nur den Kopf.
„Wer nicht hören will, muss bluten“ War seine Aussage damals zu den 5 russischen Jungs, aber das stachelte deren Wut nur an und sie begannen, ihm zu drohen. Ich kenne Rainer. Wenn er sagt: Finger weg, dann ist das so.
Das Dumme war nur, dass am nächsten Morgen 2 schwarze Limousinen vor seinem Haus standen, offenbar um ihn abzufangen, wenn er das Haus verließ. Für solche Fälle hatte er eine Nummer. Blöderweise hatte nur er die Nummer von Charly. Aber er nutzte sie und innerhalb einer Stunde parkten drei weitere Limousinen vor Rainers Haus.
Insgesamt 9 Muskelberge stiegen dort aus, umzingelten die armen, verdutzt guckenden Russen. Charly selbst sah aus wie die Inkarnation von Hulk Hogan, nur eben mit vollem Haar. Er ging zum vordersten Wagen, riss ungefragt den Schlag auf, packte den Chef der Truppe am Kragen, riss den Hänfling aus dem Wagen und setzte ihn aufs Dach seines Wagens, als wäre der Typ ein Stofftier.
„Hör zu Junge. Ich sag dir mal kurz wie das jetzt läuft. Wir polieren euch jetzt die Fresse. Dann holt ihr Verstärkung und poliert uns die Fresse. Dann komme ich mir der ganzen Truppe. Ich schneide dir deinen verdammten Kopf nicht ab, sondern deiner Frau, deinen Kindern, deinen Großeltern, deiner kompletten Verwandtschaft. Wie lange denkst du, kann das weitergehen?“
Der Russe, eben noch kampfbereit und selbstsicher, sackte zusammen wie ein Häuflein Elend.
„Eines noch“ Sagte Charly und setzte einen drauf „wenn meinem Freund da oben etwas passieren sollte, und sei es, er stolpert und verstaucht sich den Fuß, dann komme ich sofort zu dir. Und glaub es mir, mein Freund, ich finde dich“
Ohne Mister Großkotz nur eines einzigen Blickes zu würdigen, setzten sich die lebenden Kampfmaschinen in ihre Autos und ließen 6 verdatterte und vollkommen ratlose Russen zurück, die sich zitternd in ihre Autos setzten und losbrausten. Rainer hat keinen von denen je wieder gesehen.

„Ich glaube nicht, dass Charly sich mit der Mafia anlegen will, aber ich frag ihn trotzdem. Vielleicht hat er ja ein paar gute Tipps.“
Also warten.
Die eigentliche Arbeit lief quasi wie von selbst, nur eben dass ich mit meinen Gedanken nicht wirklich bei der Sache war. Außer Sandra fiel das aber niemandem auf. Und ihr fragendes Gesicht sprach Bände.
„Hör zu Sandra, ich will nicht weiter drüber reden, und sei nicht böse, aber wenn die Typen von vorhin dich was fragen, antworte in Hülsen oder sag einfach nichts. Nicht böse sein, es geht nicht gegen dich, aber es gibt Dinge, die du wirklich nicht wissen musst. Kannst du damit leben?“
Sandra nickte stumm und mit riesengroßen Fragezeichen im Gesicht. Sicherlich wollte sie alles wissen, hatte aber zumindest eine Ahnung worum es ging und hielt dankenswerterweise die Klappe. Und mit Sicherheit spürte sie diese Wolke aus Drohung und Unheil ebenso.

Ich hatte wirklich nicht bemerkt, dass Caro und Petra mittlerweile an ihrem Tisch saßen. Erst ein ungeduldiges: „Hallo?!?“ ließ mich hochschrecken.
Caro wie immer abgewandt, wortkarg, in sich gekehrt, Petra blitzend und blinzelnd und offenbar schelmischer Laune.
Cappuccino und Wasser, wie immer. Ich fragte gar nicht erst, sondern brachte die Getränke stumm an den Tisch, in Gedanken immer noch bei Charly und wie sein Urteil ausfallen würde.
„Ähm, eigentlich wollten wir heute etwas anderes bestellen“ Riss Petra mich aus meinen höllischen Träumen.
„Oh schuldigung“ Murmelte ich und fühlte mich einmal mehr vollkommen deplatziert. „was hätten Sie denn gern?“
„3 Gläser Prosecco bitte. Und nicht den aus dem Kühlschrank, sondern den, den Ihr Chef hinten versteckt hat“
Oh verdammt, es gab ein Geheimversteck? Mich wunderte nichts mehr und nach einigem suchen fand ich tatsächlich einen edlen Tropfen aus einem Turiner Gebiet. Selbst die Flasche sah edel aus.
Sorgfältig goss ich 2 Gläser ein und brachte sie den Frauen.
„Äh, sagte ich nicht 3 Gläser?“ Petra hatte eine so eklig süffisante Art, mich vorzuführen.
„Wirklich? Für wen soll denn das Dritte sein?“
„Für Sie“ Antwortete Caro ganz unverhofft und mir fielen beinahe alle Plomben aus den Zähnen.
Eilig holte ich ein weiteres Glas, begab mich mit dem Hauch einer leichten Röte zu den Damen und fragte beiläufig, was es denn zu feiern gab.
„Caros Geburtstag“ Eröffnete mir Petra die Neuigkeit, in einem Tonfall, als hätte ich das wissen müssen und irgendwie mit leichten Tadel versehen, wie man ein Schulkind maßregelt, das vergessen hatte, sich die Schuhe anzuziehen. Und damit reichte es, ich war wieder ganz in dieser Welt.
„Na dann, trinken wir auf all unsere Lieben, die es heute verpasst haben, an diesem schönen Tag bei uns zu sein“
Unter normalen Umständen ein tödlicher Spruch, wenn man bedenkt, dass erst 6 Jahre um waren, aber es war ehrlich gemeint und kam von Herzen. Auch wenn ich mir das selbst erst sehr viel später zugestehen wollte. Denn Caro hatte mich vom ersten Moment an fasziniert. Nur eben, dass sie dieses Interesse mit dem Dampfhammer in Grund und Boden geschlagen hatte.
Petra sah zunächst entsetzt aus, aber ihr Gesicht wandelte sich in Anerkennung. Besonders, weil Caro augenscheinlich verstanden hatte, was ich sagen wollte.
Die Gläser klingelten aneinander und ich nahm einen Schluck Prosecco. Eine Minute später wurde mir auf schmerzhafte Weise deutlich, das ich ein wenig hätte essen sollen und ich musste mich setzen.
Eine gemurmelte Entschuldigung heraus quetschend plumpste ich auf den Stuhl.
„Großer Gott, sie sehen aus wie ein Geist“
„Bin ich auch“ antwortete ich aus tiefster Überzeugung „ich bin seit einem Tag tot und wandle nur noch deshalb unter euch Lebenden, weil ich zu stur bin ins Licht zu gucken“
Petra lachte gekünstelt, Caro verzog sogar die Mundwinkel? Gott im Himmel, eine emotionale Reaktion, das war nicht zu glauben.
„Und trotzdem denke ich ( ich wurde aufgrund des leichten Schwindels, der mich erfasst hatte, ziemlich mutig) , dass wir noch einmal trinken sollten, und zwar auf die nächsten 25 Jahre“
„Warum 25?“ Petras Neugier sprach ungehemmt aus ihrer Mimik.
„Na weil das Geburtstagskind dann doppelt so alt ist wie heute, und noch ebenso fabelhaft aussehen wird, wie heute“
Das war es dann endgültig.
Caro drehte sich zu mir. Sah mir unverhohlen ins Gesicht, musterte mich mit der kühlen Schärfe einer Damaszenerklinge, die Maß nimmt. Ihre Augen, dunkel und tief. Die Haut, ebenmäßig und anbetungswürdig. Allein ihre Figur, sie… ich riss mich los.
Konnte das sein? Ein Schluck Prosecco und ich lallte wie ein Jugendlicher?
Contenance, Monsieur! Jede Erwiderung, das Alter anspielend, im Keime erstickend, redete ich wie ein Idiot und wusste erst was ich sagte, als ich die Worte über meine Lippen hüpfen spürte.
„Meine Damen, was halten Sie davon, wenn ich heute Abend, sagen wir einmal, zu vorgerückter Stunde, ein Geburtstagsmahl für Sie zubereiten würde? Sozusagen als Eisbrecher und zur Feier des Tages?“
Der Verstandesteil in mir schüttelte gerade stumm und voller Verzweiflung den Kopf und zeigte mir das Tarot- Bild eines Narren, der emotionale wiegte bedächtig den Kopf und wusste nicht was er sagen sollte, denn da war zwar kein unbekanntes Terrain, aber ein gewagter Stunt.
„An was dachten Sie denn?“ Petra wieder, ich hätte die Antwort gern von ihrer Freundin gehört.
„Nun, als L hórs deuvre dachte ich an von mir handgerollte Sushi. Dazu reiche ich wohltemperierten Sake. Es wird Kropoek geben und als Krönung des Ganzen verschiedene würzige Saucen.
Der Hauptgang besteht dann aus am Tisch zubereitetem Sukiyaki, meiner Spezialität. Zum Hauptgericht einen alten japanischen Wein, und falls der nicht schmecken sollte, als Alternative eine Flasche Nebbilo D´Alba. Der Nachtisch besteht aus gebratenen Eis, anschließend, sofern die Damen zufrieden waren, würde ich gerne die japanische Teezeremonie mit Ihnen zelebrieren.“
Die beiden sahen mich an, als wäre ich gerade aus einer Raumkapsel gestiegen und ich schalt mich einen Narren. Allein die Vorbereitungen für ein solches Mahl würde mich den Rest des Tages kosten und ich verstand mich selbst nicht mehr. Welcher Teufel hatte mich geritten?
„Wann… und wo?“ Fragte Caro und es dauerte diverse Unendlichkeiten, bis ich die implikative Zustimmung in ihrer Frage verstanden hatte.
„23 Uhr, hier im Restaurant. Besonders Mutige kommen in stilechter Kleidung“ Tonlos und verdattert registrierte ich, dass ich wohl die Zweite Aushilfe anrufen musste.

Meine beiden Aushilfen waren mit Feuereifer bei der Sache. Rote Vorhänge und allerlei Dekoration war schnell gekauft, ein paar Trennwände dekorativ so aufgestellt, dass ein weiter Bereich abgegliedert wurde.
Das an Montagen grundsätzlich nicht viel im Restaurant los war, erleichterte die Sache ungemein, so dass wir den „japanischen“ Bereich vor den Augen der wenigen Gäste verborgen halten konnten. Ein flacher Tisch und Kissen waren nicht das Problem, halbwegs stilecht aussehende Papierlampen auch nicht, IKEA sei Dank.
Die heiße Platte allerdings stellte mich vor ernsthafte Probleme, die ich dann aber geschwind löste, indem ich für viel zu viel Geld eine vernünftige Basaltplatte aus dem Piesberger Steinbruch organisierte. Ich legte sie einfach auf 2 Tischgrills. Mit ausreichend Vorlaufzeit sollte das gut funktionieren.
Auf was für Ideen man kommt, wenn es nur wichtig genug ist….
Ich erkannte mich selbst nicht wieder. Diesen Feuereifer hatte ich seit Monaten, vielleicht seit Jahren nicht gespürt. Die Zeit verflog, als gäbe es keine. Vergessen war Paolo, das Cafe, die Mafia… und Charlys Anruf. Und der kam gegen 22:25, gerade als ich mich voller Vorfreude in meinen Kimono zwängen wollte, nachdem ich die beiden Mädchen mit ausgesprochen wohlfeilen Worten, voll des Dankes und des Einsatzes mit einem Extrabonus nach Hause entließ.
„Hey du, sag mal was geht denn bei dir ab?“
Ich erzählte Charly von den beiden Herren, die hier so unerwartet aufgeschlagen waren und mich aus meiner schönen traurigen Welt rissen. Ich erzählte alles und ließ nichts aus. Atemlos wartete ich ab.
„Erstens. Geh und hol das Buch. Die Kanone nimmst du auch mit. Versteck das Buch, behalt die Kanone. Ach am besten du machst den Laden zu und verziehst dich.“
„Warum denn? Solange Paolo nicht zurück ist, kann doch nicht viel passieren oder?“
„Willst du dein Leben drauf verwetten?“
„Nee“
„Also. Laden zu und verkriechen. Am besten in Urlaub fahren und nie wieder kommen, dein Freund Paolo ist mit Sicherheit schon tot.“
„Sag mal Charly, nimmst du mich auf den Arm?“
„Nein, das ist todernst mein Freund. Diese Holdings kenne ich. Neu, vollkommen anders als zuvor. Die mussten sich hier gegen Triaden durchsetzen, gegen die Russenmafia und gegen die verkackten Albaner und die Jugos. Und sie haben es geschafft. Die Bande ist Ultrabrutal, die gehen über Leichen. Es könnte denen nämlich einfallen, den Laden runterzuschlucken, wieder auszukotzen und deinem Paolo das Gewürge in einer Geschenkschleife als Willkomensgruß zu präsentieren. Und ob dann noch einer oder 100 in dem Laden stecken, interessiert die nicht für 10 Sekunden. Wenn die nämlich neu sind in Osnabrück, dann wird genau dieser Laden als Referenz herhalten müssen. Und wenn das funktioniert, zahlen die anderen freiwillig. Ich hoffe ich habe mich klar ausgedrückt. Denn ich lege mich mit denen auf gar keinen Fall an, klar?“
„Glasklar“ Ich war sprachlos.
„Noch etwas. Wie oft waren die schon da?“
„Zwei Mal, warum?“
„Dann zieh dich warm an, dreimal kommen die nicht“
„Und was heißt das?“
„Na denk mal nach, du bist doch nicht auf den Kopf gefallen“

Verdammt, verdammt, verdammt. Ich Idiot hatte wirklich gedacht, Charly wiegt das Ganze ins harmlose. Alles nicht so schlimm, es gibt Schlimmeres. Aber es war wohl doch anders und ich steckte mitten drin.
Morgen früh würde ich hier sein und Schilder in den Eingang hängen: Wegen Trauerfeier geschlossen. Nein am besten heute Nacht noch. Auf so einen Mist hatte ich absolut keine Lust.
Das zaghafte Klopfen an der Türe ließ mich erschrecken, als wäre der Leibhaftige vor der Tür. Mist, Caro und Petra. Die beiden hatte ich glatt vergessen. Und einen Rückzieher konnte ich kaum noch machen. Oder?
Überschwänglich aber ernst begrüßte ich die beiden und registrierte gar nicht, dass beide in einem langen Mantel steckten.
„Hört mal, ihr beiden. Ich bin fast sicher, dass ich da einiges versalzen habe. Wollen wir nicht in ein schickes Restaurant gehen? Ich bezahle selbstredend alles.“
Wie auf ein geheimes Kommando schälten sich die beiden Damen aus ihren Mänteln und ich traute meinen Augen kaum. Sie sahen aus wie Geishas. Woher zum Teufel hatte die in dieser kurzen Zeit die Klamotten her? Sogar echte Geta ( japanische Holzsandalen, die unter der Lauffläche hölzerne Querstreben haben, um auch trockenen Fußes durch schmutziges Gelände zu gehen. Es ist sehr schwer darauf zu laufen) hatten sie organisiert. Nicht nur das, sie konnten sogar darauf laufen ohne dass es aussah, als wären sie angetrunken.
„Sollen wir so in ein Restaurant?“
Nun konnte ich nicht mehr zurück. Auf keinen Fall. Gott, was für ein prachtvoller Anblick. Sogar Petra hatte etwas gewonnen, das man getrost als erhabene Anmut bezeichnen konnte. Von der zierlichen Caro ganz zu schweigen. Ihr stand die Kleidung, als wäre es für sie geschneidert worden.
Mit einer einladenden Geste führte ich die Damen in den japanischen Bereich, der verblasste gegen die Schönheit und Anmut der Damen.
Caro in Sakura- Weiß, mit goldenen Ornamenten und perfekt sitzendem Knoten, Petra in sündigem Rot, ebenfalls mit goldenen Stickereien.
Als ob sie niemals etwas anderes gemacht hätten, setzten sie sich an den flachen Tisch.
Ich servierte den Sake und wir stießen an.
„Itadakimasu“ Raunte ich, das Mahl eröffnend und nippte am Sake. Erst dann tranken die Damen und ich wunderte mich abermals. Sie waren mit den fernöstlichen Sitten vertraut.
Und doch glitt mein Blick unwillkürlich an den Abtrennungen vorbei, immer wieder auf die Strasse….
*******len Paar
5.781 Beiträge
Ich bin --->
sehr neugierig, wie es weitergeht und freue mich schon auf Teil 5. Deine Art zu schreiben ist super.

...pssst...
DieStille
Orange Session
*********katze Frau
8.077 Beiträge
Bibber...
...ob Du´s glaubst oder nicht: Ich habe beim Lesen vor Aufregung an einem Fingernagel gekaut!!!

Suuuper! Bitte mach schnell weiter!

Christine
*********l_rp Frau
14.960 Beiträge
Leider kam ich erst jetzt dazu den Teil zu lesen.
Spannung pur, echt wahnsinn.
Bitte lasse uns nicht zu lange warten.

  • LG Blackangel36

*******len Paar
5.781 Beiträge
:?
.... lässt uns doch lange warten *heul*

...pssst...
DieStille(n)
eyes002
******ace Mann
15.954 Beiträge
Themenersteller 
Der schöne Thot, Teil 5
Doch ich konnte so lange schauen wie ich wollte, es passierte nichts. Wobei natürlich allein die Logik diktiert, dass niemand sich direkt vor ein Restaurant stellen würde, aus einem Trenchcoat ein Fläschchen Benzin nimmt und mal eben spaßeshalber ein Feuerchen macht. Ich vermute, die Methoden dieser Leute sind da ein wenig subtiler. Und doch war da eine Ecke im Hirn, die erklärte, dass es zumindest die Chance einer Möglichkeit gab, vorher ein Anzeichen wahrzunehmen.
Richtig entspannen konnte ich, auch wenn der Anblick der beiden Frauen außerordentlich betörend war, nicht wirklich.
Allerdings waren die seichten Gespräche nichts, worin ich mich gedanklich sehr involvieren musste.
Caro schmeckte das Sushi anscheinend, denn sie langte gut zu, was mich dazu veranlasste, diese schöne Frau wohlwollend zu betrachten.
Irgendwie, trotz oder gerade wegen Ihrer seltsamen Art, mochte ich sie. Und vielleicht sogar mehr als das. Es könnte… nein, nicht darüber nachdenken.
Petra verschluckte sich.
Ich lachte still auf, da ich dachte, sie hätte meinen Blick, den so wohlfeilen, anerkennenden, bewundernden Blick, gesehen.
Doch sie verschluckte sich. Hustete und krümmte sich zusammen.
Ich kniete mich zu ihr, um ihr auf den Rücken zu klopfen. Überaus höflich- zart natürlich.
Aber es half nichts, ich zog den Arm zurück, um aufzustehen und ihr zu helfen.
Meine Augen weiteten sich vor Entsetzen, als ich meine blutverschmierte Hand betrachtete. Mein Herz gefror zu einem Klumpen und ich war keiner Bewegung fähig angesichts der blutigen Hand.
Ungläubig und mit Panik in den Augen wollte ich zu Caro sehen, aber die war nicht mehr da. Als wäre dort ein Geist gesessen, der sich in Luft aufgelöst hatte.
Petra fiel mit einem Geräusch, das klang als wenn man auf einen schlaffen Fußball tritt, auf die Seite und ich sah ihren Rücken. Ein Kindskopfgroßes Stück ihres Rückens fehlte. Der zerrissene Kimono, deren ausgefranste Fäden lustig an den Wundrändern klebten, die nässenden, schwärenden und von gesplitterten Knochen durchsetzten Innereien sahen aus wie ein Bild aus Dante´s Inferno.
Ich hielt immer noch meine Hand in die Höhe und bemerkte es nicht einmal. Zu unwirklich war die Szenerie und ich war innerlich irgendwie eingefroren.
Wie in Zeitlupe drehte ich mich um. Betrachtete das Restaurant. Sah Stühle, Tische, Dekorationen. Sah den Tresen, sah die Kasse. Aber alles was ich wirklich wahrnehmen konnte, war das kleine Pfenniggroße Loch in der Frontscheibe des Restaurants. Es würde kein Gochiso sama deshita geben, der traditionelle japanische Dank für einen Schmaus.
Noch bevor mich der Verstand und der Überlebenswille einholte, fragte ich mich, wo Caro war. Dann aber kam es mit Macht. Ein bleistiftdünner, roter Strahl brach sich in der Scheibe, nur einen Zentimeter neben dem Loch, das das Projektil geschlagen hatte, bevor es Petra traf.
Und endlich reagierte mein Körper. Ich stand auf und verfluchte die japanischen Sitzgelegenheiten, denn meine Beine waren fast taub. Ich musste ausgesehen haben wie ein Gelähmter, der vor dem Satan auf der Flucht ist, als ich in Richtung Tresen stakste. Neben mir hörte ich Glas splittern. Flaschen kippten aus den Regalen, und die auslaufenden Flüssigkeiten verwandelten den Boden in eine Rutschbahn. Die Geschosse, die in den Tresen einschlugen, waren so wuchtig, dass ein paar der Splitter durch den Kimono in mein Fleisch schlugen, aber das bemerkte ich kaum.
Wenn jemand unter Todesangst auf der Flucht war, bekam er so einiges nicht mit. Weil es egal war,. Das erste Ziel heißt überleben, der Körper ist dermaßen mit Adrenalin voll gepumpt, dass man fast gar nichts mehr merkt.
Unheimlich, diese Geräuschkulisse. Splittern von Holz, querschlagende Projektile, der Geruchsorkan der Flüssigkeiten, klirrendes Glas.
Die Frontscheibe hatte schon längst nachgegeben und sich in ihre Bestandteile aufgelöst, der Schütze hatte, wenn ich mich nicht beeilte, freies Schussfeld.
Mit dem weitesten Hechtsprung meines Lebens erreichte ich die Durchgangstür zur Eiswerkstatt. Stählerne Maschinen sollte ausreichend Deckung bieten.
Japsend und Fassungslos klebte ich an der kalten, beruhigenden Mauer. Atmete durch, war keines Gedankens fähig. Wie ein Kaleidoskop kreisten meine Denkmuster um sich selbst, suchte Fluchtwege, Auswege.
Mein Atem wollte sich nicht beruhigen. Es ging einfach nicht.
Und doch musste schnell etwas passieren. Der Hinterausgang? Nein. Ein so professionell vorbereiteter Anschlag sah auch die Fluchtmöglichkeit durch den Hintereingang vor. Paolos Wohnung!
Aber, vorausgesetzt, und davon musste ich ausgehen, das waren wirklich Profis, dann war dort oben auf jeden Fall jemand oder lag auf der Lauer.
Im Grunde spielte die Zeit für mich, denn eine geborstene Scheibe an einer vielbefahrenen Strasse zog unweigerlich Aufmerksamkeit auf sich.
Instinktiv ergriff ich den 1,20 Meter langen, hölzernen Eislöffel, mit dem man das fertige Eis aus der Maschine holte. Eigentlich sah es aus wie ein Paddel oder ein Ruder, aber das war mir egal. Es war das Einzige Instrument, dessen ich habhaft werden konnte. Wenn, ja wenn ich nicht in Paolo´s Wohnung gelangte, denn dort war eine Beretta.
Brandgeruch zog in meine Nase. Wahrscheinlich hatten die vielen alkoholischen Getränke sich entzündet. Ein weiterer Grund, sich zu beeilen.
Vorsichtig spähte ich aus dem Raum, meine Hand krampfte sich verzweifelt an den Löffel, so dass die Knöchel schneeweiß hervortraten.
Der Qualm der brennenden Getränke lag wie ein flüssiger Teppich im Lokal und ohne weiter darüber nachzudenken spurtete ich so schnell wie möglich ins Treppenhaus.
Und dort, in relativer Ruhe, setzte der Verstand wieder ein. Die Tür zum Treppenhaus schloss ich unhörbar. Ein Kunstgriff mit dermaßen zittrigen Fingern. Leise schlich ich die Treppe hoch, alle Sinne wie eine Sehne gespannt und auf das geringste Geräusch lauernd.
Wie ich dachte, war Paolos Tür angelehnt. Jemand war dort drinnen. Und ich musste mich beeilen, denn der schäbige Geruch von verbranntem Holz, von altem Gummi und von brennendem Schnaps drang mittlerweile bis hier hoch. Ich hatte nicht mehr viel Zeit.
Und doch zwang ich mich zur Langsamkeit, als ich die Klinke in die Hand nahm. Doch die Entscheidung wurde mir abgenommen. Aus unendlicher Ferne hörte ich wie jemand ein: „Va bene“ irgendwohin antwortete. Dann Schritte. Eilige Schritte, und ich postierte mich und mein überaus elegantes Schlaginstrument neben der Tür.
Als die Nase des Mannes in mein Gesichtsfeld drang, ließ ich das Paddel fliegen und es zerbarst am Kopf des massigen Mannes, der wie eine haltlose Puppe, der man die Fäden durchtrennt hatte, zu Boden sackte.
Dieses Geräusch würde ich nie vergessen.
Vorsichtig spähte ich um die Ecke. Vielleicht waren die sogar zu Zweit. Aber es schien, als wäre der Typ allein gewesen.
Die Wohnung sah aus, als wäre dort ein fröhliches Schlachtfest veranstaltet worden. Aufgerissene Bilder, aufgeschlitzte Polster, Leergeräumte Schränke und alles in wildem Chaos verteilt. Selbst die Stereoanlage war zerborsten. Ich wusste was der Typ gesucht hatte. Alles war zerstört in Paolos Wohnung, alles. Und ich ärgerte mich, dass ich mit den beiden Damen ein Stelldichein hatte, denn diesen Lärm hätte man unter normalen Umständen hören müssen. Und der Mafioso war nicht nur bewusstlos, sondern auch blind. Der Wäschekorb war zwar umgefallen, aber den Inhalt hatte er nicht gesehen.
Ohne lange zu zögern nahm ich die Kladde an mich.
Die Beretta 92 F schmiegte sich in meine Hand, als ob sie mir entgegen käme. Das beruhigende Gefühl stellte sich ebenfalls sofort ein und ich spürte, wie sich mein Herzschlag verlangsamte. Ich hasse Waffen.
Sie sind nur zu einem Einzigen Zweck erschaffen worden. Zum töten. Verteidigung und so weiter ist nur schwachsinniges, argumentatives Gelaber um eigene Machtgelüste zu kaschieren. Mit den Dingern wird gekillt und fertig.
Ich stürmte aus der Wohnung. Wollte an dem gepaddelten Vollidioten vorbei. Am besten schnell, damit ich ihm nicht meinen Hass aufbürdete auf die gesamte Struktur, denn Petra war nicht mein Fall, aber es war ein Mensch. Ein liebenswerter und wertvoller Mensch. Und auf so eine hinterhältige Art getötet zu werden hat niemand verdient.
Auf jeden Fall trat ich ihm vor Wut beim vorbeigehen in den Magen, das musste einfach sein. Wer sich auf kriminelle Machenschaften einlässt, muss sogar damit rechnen.
Durch den Tritt flog seine Jacke zur Seite und gab den Blick auf eine weitere Waffe frei. Nun, 2 sind besser als nur Eine.
Eine Ruger Mk II, 6 mm in einem Schulterhalfter. Auf der anderen Seite des Schulterhalfters 2 Ersatzmagazine und erstaunlicherweise ein Schalldämpfer und ein Zielpunktprojektor. Gut ausgestattet der Mann, aber wenn dieser hier dermaßen ausgerüstet ist, wollte ich nicht erst wissen, was die Typen draußen unter den Jacken trugen. Und draußen waren noch mindestens 2. Gut, dass mein Verstand wieder arbeitete.
Ich nahm dem bewusstlosen seine Waffe ab und klaubte die Magazine aus dem Halfter. Eine Sekunde lang zögerte ich, ob ich ein hinterfotziges Instrument wie einen Schalldämpfer brauchen könnte, aber hey, wer hatte mit dem Mist angefangen? Also war es, vorausgesetzt ich käme soweit, nur Recht und Billig, den Jungs ihre eigene Scheiße zu fressen zu geben. Und ich hatte vor, sie so richtig satt zu machen. Selbstredend nagte die kalte nackte Angst wie ein gefräßiges Tier in meinen Eingeweiden, aber in besonderen Situationen wie diesen hier, wo es um die nackte Existenz ging, waren Menschen in der Lage, Dinge zu tun, an die sie niemals im Leben zuvor auch nur ansatzweise gedacht hätten.
Das Feuer unten war bestimmt groß, Qualmwolken zogen das Treppenhaus hinauf und doch suchte ich das Portemonnaie des Typen und nahm es an mich. Fischte bis auf 10 Euro alles Geld aus beiden Börsen und verstaute meine Börse in der Hose des sterbenden Mannes. Seine Schlüssel gegen meine Schlüssel. Dann der schwerste Schritt. Ich zögerte. Aber es musste sein.
Außerdem, wer andere Menschen tötete oder billigend den Tod anderer Wesen in Kauf nimmt, hat sein Recht auf Leben verwirkt.
Ein letztes Mal das Paddel nehmen, weit ausholen. Eine weitere Sekunde der Überwindung. Aber das sich ausweitende Feuer und der drohende Tod überwand die Scheu, einem Wehrlosen etwas unerfreuliches anzutun.
Aber ich schlug so kräftig zu, wie ich konnte und sorgte mit der Präzision meines Schlages dafür, dass kein Zahnarzt je herausfinden könnte, wer dort lag. Dann schnell ein Handtuch nass gemacht und hoffen, dass ich die Tiefgarage stehenden Fußes erreichte. Und es klappte, immerhin erreichte ich die Garage.
Aber ich hätte es wissen müssen. Einfach wissen müssen. Gauner für dumm zu halten ist in der Regel etwas, dass man nur ein Einziges Mal bezahlen kann.
Den schwarzen Lexus kann man schon übersehen. Im kalten Licht der Deckenlampen fällt ein geparktes Auto nicht wirklich auf.
Und doch haben wir Menschen etwas wie einen sechsten oder sogar siebten Sinn, denn nachdem ich die schwere Feuerschutztür aufgerissen hatte, hielt ich an, als stünde eine gläserne Wand vor mir.
Etwas stimmte nicht. Eine Spannung lag in der Luft, die mir körperliche Schmerzen bereitete. Gerade nachdem ich Tor dachte, ich wäre entkommen, stand ich nur hier vor einem Angstanfall, dem ich nicht gewachsen war.
Der kalte hauch des Todes wehte mir um de Nase und ich erstarrte. Das Schließen der Tür hinter mir klang beinahe wie ein Schuss. Als ob ich damit die Büchse der Pandora geöffnet hätte, sah ich mit weit aufgerissenen Augen, wie die Türen des Lexus sich öffneten. Wie in Zeitlupe sah das aus und ich war starr vor Schreck wie ein Kaninchen im Angesicht der Schlange.
Das Erste was ich wahrnahm, waren jedoch nicht die Gesichter irgendwelcher schmerbäuchigen Metzger oder verwegener Mordmaschinen, sondern die Läufe von Gewehre, die scheinbar aus den Türen des Lexus wuchsen.
Dann erst erschienen wie der Vollmond zwei dümmlich- siegessicher grinsende Gesichter. Sie wähnten ihr Opfer in der Falle, und genau genommen hatten sie Recht.
Wohin solle ich? Zurück? Nein, dort brannte es lichterloh. Zur Seite ging nicht, denn das Schussfeld war frei. Sie würden mich erwischen, so oder so.
Für einen verzweifelten Frontalangriff war es bereits zu spät, denn die Mündungen der Waffen zeigten bereits in meine Richtung. Aus. Spiel verloren. Und wofür? Streng genommen für Geld. Für ekliges, lausiges Geld. Ich hasse Geld. Denn nur wegen diesem billigen, bedruckten Papier gab es Gauner wie diese dort überhaupt. Wie sagte Vater immer? Jag dem Geld nicht hinterher. Denn wer nicht hören will, muss bluten.
Mein Herz schlug bis zum Hals, als der Linke von den beiden über Kimme und Korn auf mich anlegte. Ich fühlte mich wie ein in die Enge getriebenes Tier. Hektisch suchten meine Augen einen Fluchtweg, mein Verstand war damit beschäftigt, eine Lösung zu suchen. Todesnot.
Die Haut quillt auf, der Körper scheint sich in einen Schwamm zu verwandeln und heiße Angst durchpulst den Verstand wie ein riesiger Gong, den man nicht hören, aber spüren kann. Hitze- und Kältewellen lösten sich in schneller Folge ab und ich glaubte zu spüren, wie sich Angesichts des sicheren Todes die Seele bereits vom Körper verabschiedete.
Ich machte einen stolpernden Schritt zurück... und stand wieder vor der geschlossenen Feuerschutztür im beißenden Qualm.
Fassungslos und ungläubig starrte ich die metallene Oberfläche an. Was zum Kuckuck..?
Dann reagierten die beiden Schützen und das erste Projektil schlug in die Feuertür ein. In Krimis und Filmen ist das immer ein leichtes „Pling“ aber wer jemals unvorbereitet einem Einschlag gegenüberstand, wird wissen, welch infernalisches Geräusch das ist. Mir dröhnten die Ohren und ich war kurze Zeit taub. Fühlte mich, als säße ich im Inneren einer Trommel und der Musiker hatte gerade den Soloeinsatz. In immer schnellerer Folge hagelten die Projektile in die Tür, du es war nur eine Frage der Zeit, bis sie sich erneut öffnen würde und die zwei Tötungsgesellen ihren Job vollenden würden.
Nur, ins Treppenhaus hoch konnte ich nicht. Ich würde die Orientierung verlieren und ersticken.
Ich war irgendwie auf wundersame Weise gerettet worden ( oder hatte einen Filmriss ), aber meine generelle Lage hatte sich nicht verändert.
Die Einschläge hörten auf und es war wie die Ruhe vor dem Sturm. Sie kamen. Ich konnte sie hören.
„Porco dio, come lo fat?“
Ein seltsamer Dialekt, aber ich verstand es mithin. Er fragte, wie ich das „gemacht“ hätte. Ein Clown, ich wusste es ja selbst nicht.
Dann bewegte sich die Klinke. Wiederum fühlte ich mich taub und schwach und aufgedunsen wie ein Schwamm und hilflos und ängstlich. Mein Rücken presste sich Halt suchend an die kalte Mauer. Meine Nägel krallten sich in den mittlerweile dunkel gewordenen Putz und hinterließen sicherlich Spuren. Und ich spürte vor Angst, wie meine Blase drohte, ihren Letzten Gang zu tun. Niemals würde ich mir wünschen, dass ein normaler Mensch diese Gefühle durchmachen muss. Tief holte ich Luft, es war soweit. Die Tür wurde vorsichtig geöffnet und durch den Gegenzug konnte ich beobachten, wie der dichte Qualm im Treppenhauses in die Garage gesogen wurde.
Der Gewehrlauf erschien. Irgendwo tief im Inneren des Hirnes, in einer selten benutzten Region, die so gut wie nie Arbeit hatte, stellte ich am Feuerdämpfer fest, dass es sich um ein Gewehr der Marke Armalite Industries handelte. Kaliber 223. Remington. 25 Patronen im Magazin, störanfällig, da das Ding einen Drehwarzenverschluss sein Eigen nannte. Dreh – warzen – verschluss... diese Worte tröpfelten wie Honig durch mein ängstliches Hirn und ich presste mich noch dichter an die kalte Mauer.
Und stand plötzlich im Generatorraum des Aufzuges!
*******len Paar
5.781 Beiträge
bitte --->
lass uns jetzt nicht wieder soooooo lange warten. Fragen über Fragen .....

...pssst...
sehr spannend,...
mister ghostface...

was mich ein wenig wundert...dass 'er' den einschuss (pfenniggroßes loch in der glasscheibe) nicht gehört hat...und die kugel eine etwa kindskopfgroße wunde hinterlässt...würde annehmen, dass so ein geschoss durch den körper zischt und entweder in irgendwelchen knochen steckenbleibt oder vorne wieder rauskommt, aber...sorry...
bin natürlich überhaupt keine expertin in sachen waffen ... äh...wahrscheinlich eher das gegenteil...

die spannung wächst...
wo ist caro?

hmmm...
ghost
hab mich hier mal kurz reingelesen.

darf man sich das ausdrucken (teil 1-5)?
schließlich ist ja dein geistiges eigentum, deswegen frage ich lieber.

längere geschichten am pc lesen ist nicht ganz mein fall, würde deine aber gerne lesen.

liebe grüße

  • la @ma

*********l_rp Frau
14.960 Beiträge
Hmmm meine Gedanken überschlagen sich.
Und ich bin schon sehr gespannt auf den nächsten Teil.

  • LG Blackangel36

eyes002
******ace Mann
15.954 Beiträge
Themenersteller 
Der schöne Thot , Teil 6 -
Wiederum konnte ich nicht greifen, was dort gerade passiert war. Redete ich mir noch ein, dass ich einen Filmriss vor lauter Angst hatte, als ich plötzlich hinter der Feuerschutztür stand, war das hier etwas gänzlich anderes. Ich war nicht ohne Verstand durch eine Tür gelaufen sondern stand von einem Augenblick auf den anderen HINTER der Wand, an die ich eben noch zitternd lehnte!
Und ich konnte es nicht fassen. Ich legte meine bebenden Hände auf das Mauerwerk. Fest und ehern. Wenngleich auch mit tränenden Augen suchte ich nach feinen Linien, die auf eine Art Durchlass oder Geheimtür schließen ließen, aber da war nichts. Bei dem dämmrigen Licht der Notbeleuchtung kein Wunder.
Und ich hatte auch keine Zeit mehr, denn hier wurde der Qualm dichter und dichter. Dann ging die grünliche Notbeleuchtung aus und ich stand in völliger Finsternis. Gut dass ich wenigstens halbwegs wusste, wo die Notleiter war. Hustend und tastend erklomm ich Sprosse für Sprosse bis ich einen kleinen Lichtschein sah.
Das Problem war, die Lifttür aufzubekommen. Kläglich scheiterte ich, denn ich musste mich mit einer Hand an den Sprossen festhalten und mit nur einer freien Hand Druck auszuüben ist sehr schwer. Weiter oben vielleicht. Ich kletterte solange hoch bis ich mit dem Kopf an die Kabinentür stieß. Laut fluchend und kaum noch Luft bekommend suchte ich in der Dunkelheit nach dem Strohhalm. Eine Verriegelung, ein Schloß, eine Klinke, irgend etwas! Aber da war rein gar nichts. Nichts was mich in die Freiheit führte.
Und die Luft wurde zusehends schlechter.
Also wieder hinunter, aber war das klug? Rauch ist schwerer als Luft, wenn er abkühlt und somit würde ich unten ersticken.
Verzweifelt hing ich an der Notleiter und hatte nicht die geringste Idee, was in so einer misslichen Lage am besten wäre. Nicht die Geringste verdammte Idee.
Oder? Es war riskant, aber einen Versuch wert. Wenn ich mich an der verdammten Kabine vorbeimogeln könnte, hätte ich eine Chance. Entweder durch die Notluke auf dem Kabinenboden oder die riskantere der Möglichkeiten, nämlich am Seilträger hoch in den Maschinenraum zu gelangen. Aber der lag oben und ich wusste nicht, ob die oberen Stockwerke nicht bereits lichterloh brannten, denn dann käme ich vom Regen in die Traufe.
Und das alles in völliger Finsternis. Hass übermannte mich. Wut, Zorn und abgrundtiefer Hass. Petra und Caro.
Natürlich hatte ich nicht wirklich die Absicht, die beiden Ladies flachzulegen, aber es bestand immerhin die Chance einer Möglichkeit. Und selbst wenn Petra nicht mein Fall war, Caro war es auf jeden Fall wert und ich hätte, sofern beide Damen gewillt wären, das Spiel zu spielen, Petra quasi als Beiwerk billigend in Kauf genommen. Derlei arrogante Gedanken waren mir eigentlich fremd, aber das Bild des überaus muskulösen Männerrückens in meiner Koje haftete wie klebriger Harz auf meiner Hirnschale.
Und was geschehen könnte, würde auch geschehen. Wenn, ja wenn nicht das Projektil eines Meuchelmörders alles zunichte gemacht hätte. Und auch noch bei einer Person, die überhaupt nichts mit Paolos Verknüpfungen zu tun hatte. Ebenso wenig wie ich. Und diese Typen gehören in die Hölle. Dumm nur, dass ich selbst gerade in einer steckte.
Aber mein Zorn half. Ich tastete nach den Seilen des Gegengewichtes. Dort sollte so viel Platz sein, dass ich meine Mastwampe dort vorbeijonglieren konnte. Und glücklicherweise funktionierte das auch halbwegs. Wenn ich nur etwas sehen könnte.
Irgendwann, man verliert in der Dunkelheit jegliches Gefühl für Zeit und vor allem Raum, hatte ich die Kante zum Dach der Kabine.
Mein bereits zerrissener Kimono hing sicherlich nur noch in Fetzen von meinem Körper, aber das war nebensächlich. Raus hier. Das war alles, worum sich meine Gedanken drehten.
Irgendwie gelang es. Ich spürte einen Hebel. Eigentlich drückte er sich schmerzhaft in meinen Oberschenkel und beim herumtasten entriegelte ich irgendeinen Verschluss und ein passables Quadrat tat sich auf und erfüllte den verräucherten Liftschacht mit einem seltsamen Lichtspiel. Fast sah es aus wie in einem Miniaturszenario, als das kalte Kabinenlicht auf den Qualm traf. In der Kabine war die Luft zwar immer noch stickig, aber bei weitem nicht so ätzend wie im Schacht.
Zitternd, betend und hoffend drückte ich auf den grünlich verheißungsvollen Knopf zum öffnen der Türen und das Wunder geschah.
Zwar bewegten sich die Lifttüren, aus welchem Grund auch immer, ächzend und protestierend in den Führungen, aber immerhin öffneten sie sich.
Doch auch dieser Flur hier war mit dichten, stinkenden Rauch durchsetzt.
Die nächstbeste Tür musste daran glauben. Mit all dem Zorn trat ich dagegen und sie flog wie ein Spielzeug nach innen, als das Schloss sich durch das hölzerne Türblatt biss.
Hier war der Rauch erträglich. Eine fremde Wohnung. Schnell in das Schlafzimmer gespäht, niemand da. Eindeutig die Wohnung einer Frau. Stilvoll, gemütlich und voller Nippes, den kein Mensch braucht. Und doch erzeugten gerade diese kleinen Accessoires eine behagliche Atmosphäre. Nun, wenn es nicht gerade brennt jedenfalls.
Ich riss die Schränke auf. Damensachen, natürlich. Die nächste Tür, ebenfalls Damensachen. Schien gern Kleider zu tragen die Gute. Die nächste Schranktür. Ganz links 2 Anzüge, ein paar Pullover, Unterhemden, Socken und sogar Schuhe, perfekt. Auf jeden Fall war die Bewohnerin der Wohnung mit einer Art Notfallkleidung für One Night Stands ausgerüstet, oder das waren Andenken an einen verflossenen oder verblichenen. Wie auch immer, wem auch immer diese Dinge gehörten, er brauchte sie zur Zeit weniger dringend als ich.
Der Anzug und die Schuhe waren viel zu groß, aber das war mir vollkommen egal. Es musste einfach reichen.
Der Gürtel, den ich fand, passte auch eher zu einer Frau, aber auch das konnte mit egal sein, denn er musste nur die beiden Kanonen festhalten. Das Hemd ließ ich aus der Hose, verstaute Magazine und vor Allem den kostbaren Einband und das Portemonnaie in den Innentaschen.
Es ging mir gleich besser und ich schloss sogar den Schrank. Draußen sah ich Lichter und hetzte zum Fenster. 2 Feuerwehren, mehrere Polizeiwagen und ein Notarztwagen hatten sich um das Haus gruppiert. Seltsam, eigentlich sollte man die Sirenen gehört haben.
Eilig dachte ich nach. Es gab nur 2 Möglichkeiten, Flucht oder verstecken. Ich musste mich mit Gewalt davon abhalten, vor das Fenster zu stürmen, es aufzureißen und den Feuerwehrmännern durch heftiges Winken kund zu tun, dass hier jemand gerettet werden wollte, denn der wollte das ja gar nicht.

Ich hatte bereits einen Plan im Kopf und auch wenn die Versuchung groß war, durch einen einfachen Leitereinsatz in Sicherheit gebracht zu werden, war mir dennoch bewusst, dass dort draußen, eben an jener Strasse oder in einem der Gebäude gegenüber ein Mörder mit einem Scharfschützengewehr lauerte und sich bestimmt nicht von ein paar flackernden Polizeilampen davon abbringen ließ, wie ein geduldiger Jäger auf seine Beute zu warten.
All das war mir bewusst. Und doch musste ich abwägen, wie schwer das Feuer unten tobte oder ob die Wehrleute es schnell in den Griff bekommen würden. Das hieße nämlich: erneuter Fluchtversuch oder verstecken bis alles vorüber war. Die Letztere der beiden Möglichkeiten war allerdings die riskantere. Doch ich setzte auf Risiko, was hatte ich schon zu verlieren?
Wenn alles vorüber war, würde ich mich in den Morgenstunden an der Brandwache vorbeischmuggeln und versuchen, mit heiler Haut nach Hause zu gelangen.
Der Plan stand. Ich begab mich ins Bad. Dort war Wasser, dort waren Handtücher. Nur für den Notfall. Und endlich eine Toilette.

Die Zeit schien nicht zu vergehen. Immer wieder beobachtete ich die Wände, versuchte zu erspüren ob die Temperatur sich erhöhte oder die Wände gar Blasen warfen. Aber Gottlob verstanden die Feuerwehrleute ihren Job. Nur dass die Zeit wie Wachs dahintröpfelte und einfach nicht vergehen wollte.
Immer wieder suchte ich den Weg ans Fenster. Hielt mich verborgen, nicht dass ein übereifriger Retter versuchte, jemanden zu retten, der bereits gerettet war. Versuchte zu erkennen, ob nicht doch noch jemand mit einer Meuchelmörderwaffe auf mich wartete. Versuchte, mir einzureden, dass alles wieder gut werden würde.
Irgendwann sah ich, wie die Feuerwehrleute eine Zinkwanne aus dem Haus trugen. Petra. Verdammt noch mal. Sie war nicht mein Fall, aber sie war ein Mensch und war lieb und besorgt und wohl eine echte Freundin.
Dann kam die nächste Zinkwanne. Das war den Papieren nach ich. Und ein leichtes Grinsen zog über mein Gesicht. Dann eine weitere Wanne, was mich wunderte. Caro? Nein... mir stockte der Atem und es war plötzlich sehr kalt in mir. Traurig trollte ich mich ins Bad, mir war kalt und ich war leer und nahm lange nichts mehr wahr.

Gegen 6Uhr 30 sah ich, dass die Feuerwehren abzogen. Die Notarztwagen waren bereits fort und noch ein Einzelner Polizeiwagen stand an der Strasse. Das rotierende Blaulicht tauchte die nächtliche Häuserschlucht in ein surreales Szenario, wie ich es nur aus billigen Fernsehserien kannte.
Und doch musste ich dort vorbei. Irgendwie. Denn mit Sicherheit würde eine Art Brandinspektor das Haus von Unten nach Oben krempeln. Und finden würden sie so einiges.
Ich sah mir noch einmal genauestens die gegenüber liegenden Häuser an. Doch es war einfach nichts zu erkennen. Vielleicht waren die Mafiatypen ja doch abgezogen?
Ich ging in den zu großen Schuhen, die wie Fremdkörper wirkten, auf den Flur.
Kalter Rauch, ein Gestank nach verbranntem Plastik, verschmorten Teppichen und einem Ekel erregenden Geruch, den man nie vergessen würde. Und doch konnte es mir egal sein.
Das Szenario in diesem Flur war vom Gestank abgesehen, abscheulich. Sämtliche Flächen waren vom Ruß tiefschwarz, so dass man nicht das geringste sehen konnte. Selbst das Feuerzeug, das ich aus der Küche der Dame mitgenommen hatte, war nicht in der Lage, die erdrückende, Furchterregende Dunkelheit aufzuhellen. Es war, als ob das Licht der kleinen Flamme von den schwarzen Wänden gierig aufgesogen wurde und in der Hölle verschwand. Ein Dante- Artiges Szenario wie dieses kannte ich nicht. Es war, als schwebte ich im leeren Weltall, ein kleines Licht der Erkenntnis vor mir hertragend, verzweifelt versuchend, Licht ins Dunkel zu tragen. Doch ich konnte nur tasten.
Wer noch niemals in einem Russgeschwängerten Flur unterwegs war, kann einfach nicht wissen, wovon ich spreche. Man sieht wirklich Nullkommagarnichts. Als ob die Wände, einem schwarzen Loch gleich, jegliches Licht aufsaugen würden, als wären es tote Lichtvampire. Ein unheimliches, beklemmendes Angstgefühl beschlich mich, umkrampfte mein Herz und drückte mit eisernem Griff zu.
Regelmäßig musste ich schwer atmend innehalten, weil das Feuerzeug einfach zu heiß wurde. Dann sekundenlanges Innehalten, bis das Feuerzeug wieder abkühlte. Gelegenheit für die schwarzen Dämonen, mir einen weiteren unerklärlichen Angstanfall zu bescheren. In dieser trostlosen, absoluten Schwärze schienen ihre Finger im Dunkel unablässig gierig nach mir zu greifen.
Nach endlosem herumtasten stieß ich gegen etwas hölzernes. Und ob ich wollte oder nicht, ich musste diese schwarzen Flächen untersuchen, um vielleicht eine Klinke zu ertasten. Ein Ekel erregendes Gefühl, als meine Finger in diese undefinierbare Substanz eintauchte, die noch warm war. Es fühlte sich beinahe wie ein lebendiges Wesen an, was meine aufkeimende Panik abermals verstärkte.
Und ich traf tatsächlich eine Klinke. Die Lichtflut, auch als die Tür nur einen Spalt weit offen stand, blendete mich dermaßen, dass ich kaum etwas sehen konnte.
Aber bald hatte ich mich daran gewöhnt und meine Augen passten sich den Verhältnissen an. Bei meinem Herzschlag, der jenseits von Gut und Böse lag, kein Wunder.
Es war die Tür, die in den Hof führte. Die Dämonische Angst der Verlorenheit ebbte ab, aber nur, um der Furcht Raum zu schaffen, hinterrücks gemeuchelt zu werden. Lange, sehr lange beobachtete ich den mit Garagen gespickten Hinterhof, um auch nur die Kleinste Bewegung auszumachen.
Aber es war alles ruhig.
Die Entscheidung stand an. Gehen, laufen oder rennen? In dieser Kleidung, die so gar nicht zu mir passen wollte, in zu großen Schuhen und sicherlich auch dreckig wie ein Schornsteinfeger musste ich seltsam aussehen. In diesem Teil der Stadt würde ich auf jeden Fall Aufsehen erregen. Was also war zu tun?
Natürlich konnte ich über die Hinterhöfe springen und klettern, aber dort würde ich vielleicht dem Killer direkt ins Visier laufen, der dort vielleicht noch war. Ich wusste es eben nicht und das bereitete mir Sorgen.
Ich konnte auch hier im schwarzen Flur bleiben bis ich verhungerte oder das Aufräumkommando erschien.
Vorn hinaus konnte ich sicherlich nicht, dann würde ich der Brandwache in die Arme laufen und die würden mich mit Sicherheit festhalten wollen.
Ich musste mich entscheiden. Jetzt.
Woher der Impuls kam, war mir nicht klar, aber stracks setzte ich mich in Bewegung. Mit einem kaum zu vernehmenden Geräusch ließ ich die Tür ins Schloss fallen und reinigte sogar noch die Klinke. Man weiß ja nie…
Mein Herz legte abermals zu, als ich zwischen den Garagen über die Mauer zum Nachbargrundstück mehr sprang als kletterte.
Grundstück für Grundstück überquerte ich unerkannt und ungesehen. Die Einzige schwere Hürde war die Iburger Strasse. Die war auch zu dieser nachtschlafenden Zeit viel befahren und ich musste einen Moment abpassen, der so wenig wie möglich mit neugierigen Augen gesegnet war.
Aber ich schaffte auch das. Mit den paar hohen Föhren, Zäunen, Mauern und Drahtzäunen kam ich klar. Und selbst wenn die Kleidung litt, es konnte mir egal sein, denn ich war nicht weit vom rettenden Hort meiner Wohnung entfernt.
Irgendwann stand ich im Hinterhof des Hauses, in dem ich wohnte. Und mich sprang wieder eine eiskalte Panik an. Was, wenn „die“ wussten, wo ich wohnte?
Ich verfluchte meine Unachtsamkeit, wie ein dämlicher Idiot voller Vorfreude auf eine heiße Dusche in den Garten des Hauses gesprungen zu sein, um vielleicht einem weiteren oder dem gleichen Meuchelmörder direkt vor die Flinte zu springen. Wie doof musste man sein?
Schwer atmend, meine Herzfrequenz nur mühsam in den Griff bekommend lauschte ich in die nächtliche Dunkelheit. Es schien so, als wäre niemand hier. Trotzdem wartete ich noch ein wenig weiter. Warum? Ich habe keine Ahnung. Und darüber hinaus ging ich langsam in den Schlagschatten der Gartenlaube und beobachtete meine Fensterfront.
Und doch schien mein Instinkt der Richtige gewesen zu sein. Denn nur ganz sachte bewegte sich dort oben etwas. Kaum zu sehen.
Ein Gesicht. Hinter der Gardine. Wenn die Person nicht die Gardine bewegt hätte, es wäre mir nicht aufgefallen.
Und es stellte sich nicht die Frage, wer die Person war oder warum sie in meiner Wohnung war, sondern wie sie dort hinein gekommen war. Und natürlich, was die Person dort wollte, aber das konnte ich mir bereits denken.
Also war meine Wohnung erst einmal für mich unerreichbar. Keine Kraft mehr, keine Ideen, zwei Waffen und generell eine gewisse Perspektivlosigkeit. Und das alles für ein paar Kröten. Für einen Mann, der mir seinen ganzen Mist aufgeladen hatte und der vermutlich nicht einmal mehr am Leben war. All das für Dinge, für die ich keinerlei Verantwortung trug. Eine gewiss tote Frau, eine bestimmt tote andere Frau ( obschon das plötzliche Verschwinden Caro´s einen gewissen Hoffnungsschimmer in sich barg), ein abgebranntes Haus, meine Wohnung nicht erreichbar und wahrscheinlich ein paar Gangster im Nacken und darüber hinaus nicht einmal Geld in der Tasche.
Was zum Teufel war nun zu tun?
Meine Schwester? 114 Kilometer weit weg. Sie könnte ebenso gut auf dem Mond wohnen. Meine Eltern? Noch weiter weg. Und ansonsten kannte ich hier niemanden. Nun, niemanden, den ich guten Gewissens in diese Angelegenheit hinein ziehen mochte. Charly. Der Einzige, der helfen konnte, aber der war noch weiter weg als der Mond.

Lautlos ging ich, immer noch im Schlagschatten des vom Mondlicht beschienenen Gartenhäuschens, hinter die Laube. Lehnte mich an das warme Holz. Tastete nach der Beretta und der Ruger.
Eine gewisse Beruhigung ging von den Waffen aus. Immerhin war ich nicht ganz wehrlos.
Dann resümierte ich und begann zu zittern. So viele Dinge, die einem Furcht einflössen können, so viele Dinge, die kein normaler Mensch glauben würde, würde ich es im Plauderton an einer Theke erzählen. Spinner würde sie mich nennen oder Münchhausen oder noch schlimmer.
Über alledem die beiden Filmrisse, die ich immer noch nicht einordnen konnte. Ich vermutete, dass Menschen in Zeiten höchster Not besondere Fähigkeiten haben. Zum Beispiel, das Gehirn und die bewusste Motorik gewissermaßen auf Stand by zu schalten. Quasi im Leerlauf zu verharren, bis die Instinkte des Menschen ohne direkte Lebensgefahr wieder ans Bewusstsein abgeben konnten. So etwas sollte mir wohl passiert sein. Aber was in der „nicht bewusst erlebten“ Zeit geschehen war, hätte ich doch gern gewusst.
Rechts von mir barst ein Ast und ich erschrak bis ins Mark. Von einer Millisekunde zur anderen vibrierte mein Nervensystem in Erwartung eines erneuten Anschlages.
Und eine Sekunde später fand ich mich auf den Rücken fallend im Inneren der Laube wieder, und das war kein Leerlauf des Geistes, das war etwas ganz anderes!
Ich rollte automatisch ab und hielt still. Meine Sinneseindrücke, meine Überraschung, meine Fassungslosigkeit mühsam unterdrückend lauschte ich in die Nacht.
Den Atem anhaltend, um bloß kein Geräusch zu verursachen, bewegte ich mich wie in Zeitlupe ans das kleine Fenster. Spähte hinaus, versuchte Männer zu erspähen. Männer mit Waffen. Aber alles was ich entdeckte, war eine Katze, die an einer Gebüschgrenze wohl vergeblich versucht hatte, einen Nager zu erwischen.
Ich atmete auf. Katzen sind meine Freunde. Und nur durch sie hatte ich jetzt die Gewissheit, dass ich nicht normal war. Niemand fällt durch Wände in denen keine Tür ist, niemand. Ich aber schon. Was war los mit mir? War das eine neue menschliche Fähigkeit oder eine alte? Eine ganz alte vielleicht? Oder war es gar etwas ganz anderes? Ich hatte aus Lingen einmal vor Jahren gehört, wie eine Mutter die Sechseinhalb Tonnen schwere Zugmaschine eines LKW wie ein Spielzeug angehoben hatte, weil ihre 7jährige Tochter schwer verletzt unter dem Vorderreifen lag.
Aus einer Zeitungsmeldung wäre das von mir in den Bereich der Fabel verwiesen worden. Aber einer unserer Nachbarn war Augenzeuge, und Hans hatte noch nie Mist erzählt.
Und vielleicht war ich aufgrund der existenziellen Notsituation auch zu etwas außergewöhnlichem fähig. Und sollte das, sofern offensichtlich vorhanden, nicht auch so gehen? Mit Konzentration oder Willenskraft?
Ich stellte mich vor die Holzwand. Schloss die Augen. Versetzte mich in die Lage, in der ich damals beim Karate war, als ich mein ersten Ziegelstein zerbrechen sollte. Was hatte unser Trainer gesagt?
„Wenn du dich konzentrierst, dann fixiere nicht, wie es alle Leute machen, die Oberfläche des Steines. Konzentriere dich auf einen Punkt unterhalb des Steines. Denn dort wird deine Kraft erst enden und der Stein wird zerbrechen wie nichts.“
Also konzentrierte ich mich auf die andere Seite der Wand. Der Garten. Ich sammelte mich so stark, dass ich vor meinen geschlossenen Augen den Garten beinahe sehen konnte.
Und machte einen entschlossenen Schritt nach vorn.
Als meine Kniescheibe gegen die Wand stieß, zuckte ich zurück und krümmte mich vor Schmerzen.
Verdammt und Hallelujah! Nicht allein, dass das polternde Geräusch durch die Nacht hallte, mein Knie schmerzte höllisch. Eine blöde Idee war das! Als ob ich etwas Besonderes wäre. Paranormale Fähigkeiten, dass ich nicht lache.
Ich verließ, immer noch mit pochendem Knie, die Laube auf konventionelle Weise durchs Fenster, nachdem ich mir darüber klar geworden war, dass ich nur vorwärts konnte. Was hatte ich zu verlieren? Eben.
Also durch das lockere Fenster der Waschküche durch den Hausflur, die Steintreppen hinauf in den Ersten Stock.
Meine Wohnungstür. Vorsichtig legte ich ein Ohr an das Türblatt. Wer zum Kuckuck war hier? Doch ich konnte leider nichts hören. Rein gar nichts.
Hatte ich mich geirrt? Hatte mich mein von Angst gemarterter Verstand zum Besten gehalten?
Gerade als ich die Klinke herunter drücken wollte, hörte ich die Toilettenspülung aus meiner Wohnung.
Dieser dreiste Eindringling hatte nicht nur die Unverschämtheit besessen, meine Wohnung ohne Genehmigung zu betreten, er warf auch noch einen Bob im meine Bahn. Na warte Freundchen.
Schwer und bereit lag die Beretta wie hingezaubert in meiner Hand. Der Sicherungshebel knackte unhörbar.
Ich lauschte weiter. Versuchte heraus zu bekommen, wo die Person sich aufhielt. Wohl am Fenster, um zu sehen wer und wann herein kam.
Ich hörte das Knarzen meines Schreibtisch- Stuhles. Da war er also.
Mein Herz schlug bis zum Hals. Ich wusste, dass ich nur den Weg nach vorn hatte. Keine Alternative, keine Chance.
Mein Plan stand fest. Wie ein Berserker würde ich über den Eindringling kommen wie das Verderben über die Ungläubigen.
Noch einmal tief durch geatmet. Den Griff fest um die Beretta, den Kopf einziehen und los.
Ich hatte nur die Chance der Überraschung, denn ein vorsichtiges Öffnen der Tür hätte er bestimmt bemerkt.
Wie eine Katze war ich in 3 Schritten bei der Person. Drückte dem Unbekannten den Lauf der Beretta in sein rechtes Auge ( gut, meine Hände zitterten vor Anspannung und Aufregung, aber wen juckt das schon? Nun gut, ihn vielleicht, denn zitternde Hände können auch aus Versehen den Abzug drücken).
Nach Luft japsend tastete ich nach dem Schalter der Bürolampe.
Dann sah ich zum ersten Mal das Gesicht des Eindringlings. Offensichtlich Italiener. Doch ein Mensch, der eine entsicherte Kanone im Auge hat, sollte normalerweise irgendwie ängstlich wirken oder zumindest Anzeichen von Nervosität zeigen.
Dieser nicht. Vollkommen entspannt saß dieser Arsch in meinem Stuhl, glotzte mich dümmlich an und schien nicht im Mindesten aufgeregt zu sein.
Also war für mich bei all meiner Nervosität klar, dass ich den coolen mimen musste.
Bislang dachte ich immer, Gangstern sieht man ihren Beruf an, wie Versicherungsvertretern oder Maurer. Aber der Typ hier sah ganz und gar nicht wie ein Ganove aus, sondern wie Karl Krawuttke von der Strasse.

„Hör zu Giuseppe. Du brennst das Lokal meines Freundes nieder, vermasselst mir den Fick des Jahrhunderts, brichst in meine Wohnung ein und zudem siehst du scheiße aus. Was zum Geier macht man in Sizilien mit solchen Vollidioten, hm?“
„Mane wählte sie füre Präsidente, caro“
Na, so ein kaltschnäuziges Arschloch. Gut gekontert immerhin.
„Mein Freund, die Einzige Wahl, die du jetzt hast, ist die Art und Weise, wie du aus meiner Wohnung kommst.“
„Scusi?“
„Tot oder unlebendig meine ich damit“
„Wase willste du mache, caro? Misch umbringe? Meine Loite werden disch finde und danne biste du Spezzatino, capisce?“

Ich beugte mich, die Beretta nach wie vor sozusagen im Auge des Betrachters, ganz dicht an sein glattrasiertes Gesicht und flüsterte:
„Die wissen aber nicht, dass ich noch lebe Amigo. Deine Jungs denken, ich bin verbrannt. Ich bin offiziell tot du Arschloch. Und jetzt? Was meinst du? Ich könnte dich hier in aller Ruhe umlegen und kein Hahn kräht danach. Niemand weiß es und niemand wird mitbekommen, wenn ich dich schlachte, in kleine Stücke säge und in der Hase versenke. Zum saubermachen habe ich alle Zeit der Welt und deine Jungs werden dich noch in 5 Jahren suchen.“
Und während ich sprach, verfielen seine Züge, Falten warfen seine Stirn in kleine Canyons und die Farbe des Gesichtes wechselte in leichtes Grün. Und ich verspürte ein Gefühl der unsäglichen Macht und Überlegenheit. Unter anderen Umständen hätte ich vor Zufriedenheit gegrinst bis über beide Ohren. Aber wer den coolen Arsch mimt, darf derlei Dinge eben nicht tun. Leider.
Orange Session
*********katze Frau
8.077 Beiträge
Tom, Du hast...
...den Bogen raus! Und nicht nur den Spannungsbogen!

Ich FRESSE Deine Fortsetzungen!!!!!

Good job - wieder mal! Kompliment.

Subbi
*******len Paar
5.781 Beiträge
spannend, spannend,
mich auf den nächsten Teil. *zwinker*

...pssst...

DieStille
*********l_rp Frau
14.960 Beiträge
Uff......ja und wie kriegen wir jetzt die Zeit rum bis zum nächsten Teil?
Mensch bin ich gespannt.


  • LG Blackangel36

eyes002
******ace Mann
15.954 Beiträge
Themenersteller 
Der Schöne Thot - Teil 7 -
Das Problem war, dass er wusste, ebenso wie ich wusste, dass er als Zeuge dafür, dass ich noch am Leben war, auf keinen Fall sein Geheimnis weiter geben durfte. Er wusste es, und ich wusste es auch.
Und damit war ich in einer wahrhaften Zwickmühle. Denn so kaltschnäuzig war ich nicht, aufgrund meiner Einstellung und sicherlich auch aufgrund meiner mangelnden Kill - Erfahrung nicht.
Jeder kann töten, sicherlich. Spätestens wenn das eigene Leben in erheblicher Gefahr ist. Aber das hier wäre eine Hinrichtung.
Und doch, bei genauerer Betrachtung? Ein Mafiamensch. Was mochte der den ganzen Tag lang so an Taten vollbringen? Großmütterchen über die Strasse helfen oder ein Stiftungsfest für Behinderte organisieren sicherlich nicht. Was macht ein Mafioso den lieben langen Tag?

Die Huren die zu wenig Geld abgeliefert haben, vermöbeln. Restaurants niederbrennen. Menschen umbringen. Ladenbesitzer erpressen, harmlose Menschen einschüchtern und Gegner kaltmachen. Junge Frauen anfixen, damit sie williger auf den Strich geschickt werden können und wissen, wofür sie arbeiten.
Ist all das in der Summe seiner Teile es nicht wert, ein solches Individuum in seine nächste Existenz zu schicken? Oder schlug man der Hydra nur einen Kopf ab? Bestimmt. Aber einer weniger ist einer weniger. Wer sich auf kriminelle Dinge einlässt, muss einfach damit rechnen, dass er selbst irgendwann fällig ist.
„Aufstehen Amigo“
Ich benutzte nach wie vor den spanischen Ausdruck von „Freund“, denn mithin musste er immer noch nicht wissen, dass ich seine Sprache sprach. Wer weiß, wozu es gut war?
„Gut mein Freund. Und schön aufpassen, jetzt wird es klein, bunt und komisch. Geh voran. Bis zur Mauer dort. Halt“
Er hatte die Beretta nicht direkt am Hinterkopf und das war gut so. Giuseppe oder wie auch immer der Typ hieß, war, wenn ich das richtig einschätzte, ein Profi. Das heißt, eine Kanone am Kopf sorgte bei dem noch nicht für einen Schweißausbruch. Und er war in Lebensgefahr, also war nicht die Frage, ob er versuchen würde, mich zu überrumpeln, sondern wann. Und der Zeitpunkt war jetzt, wo er meiner Stimme zufolge mich dicht hinter ihm wähnte. Ich jedenfalls würde es genau so versuchen. Also blieb ich stumm zurück. Und hatte Recht.
Sein rechter Arm kam blitzartig in einer Wagenradartigen Bewegung herum. Schlau, denn wenn dort noch eine Waffe gewesen wäre, er hätte sie erwischt. Was dann geschehen könnte, nicht auszudenken. Aber ich stand ja gute 3 Schritte entfernt und hatte alle Zeit der Welt, zu zielen. Über Kimme und Korn hinweg hatte ich direkt seine nunmehr schweißfeuchte Stirne im Visier.
„Na? Denk nach“
Er drehte sich wieder um. In den kleinen, feisten Schweinsäuglein des Mannes konnte ich Widerwillen, Angst und Verzweiflung erkennen. Schön, dass so ein Mensch auch einmal das spürt, was sonst nur seine Opfer erfahren.
Jetzt kam der gefährliche Teil. Ich löste mit der Linken den Gürtel aus meiner Hose und warf ihn vor seine Füße.
„Mach eine Schlinge. Steck die Rechte Hand hinein. Und jetzt den Arm hoch, bis zu dem Haken oben rechts, siehst du den? Gut.“
Vorsichtig näherte ich mich von rechts, ergriff, die Beretta nach wie vor in sicherem Anschlag haltend, das Ende des Gürtels . Den Mann zu keiner Zeit auch nur eine Millisekunde aus den Augen lassend, befestigte ich den Gürtel mit einem einfachen Knoten an dem stabilen Haken in der Wand, der eigentlich für eine Hängematte gedacht war.
Dann umrundete ich den Kerl und griff nach der Hängematte an der anderen Wand, die dort zusammen gefaltet am anderen Haken hing. Ich nahm das eine Ende der Hängematte und warf es ihm vor die Füße.
„Steck die Hand durch die Seile und wickel die Hand ein.“
Allmählich schwante ihm, dass er in eine beinahe aussichtslose Lage geraten war, aus der er sich wohl nicht mehr befreien konnte. Dicke Schweißperlen standen ihm auf der Stirn und ich konnte seine Angst beinahe riechen. In gewisser Weise freute mich das, aber das wurde mir erst sehr viel später bewusst..
Die Schwierigkeit meines Ansinnens bestand darin, dass, wenn ich den Typ vernünftig fixieren wollte, ich die Waffe weglegen musste.
Mein Gehirn arbeitete unter Volllast und ich hatte eine Idee. Ich trat hinter ihn, steckte die Beretta in den Hosenbund, der bedenklich rutschte ohne Gürtel und trat ihm mit voller Wucht ins Kniegelenk. Aufstöhnend sackte er zusammen und die Fesseln zogen sich zu. Na also.
Auf den Knien stöhnte der Verbrecher vor sich hin, fluchte, stöhnte und konnte sich nicht einmal seine schmerzenden Stellen reiben. Armes Hascherl.
Ich nahm die Beretta wieder aus der rutschenden Hose, stellte mich vor ihn und begann die Fragestunde.
„So, Arschloch, was geht hier vor?“
„Verpisse disch Cazzo, waffan cul“
„Falsche Antwort“ Raunte ich und trat ihm zwischen die Beine. Gewissensbisse? Nein. Der Typ war hier um mich umzubringen, damit hatte er alle Rechte verloren.
Sein Gesicht verlor die Farbe und er wand sich wie ein Aal vor Schmerz, fluchte wie ein Italienischer Dampfschiffer und wenn Blicke töten könnte, wäre ich längst zu Asche verbrannt.
„Also noch mal Caro. Was geht hier ab?“ Eine seltsame Ruhe hatte mich erfasst und war erstaunt über mich selbst nach den vielen aufregenden und irrsinnigen Stunden, die ich hinter mir hatte.
„Vone mir kriegste du nix raus. Du willste misch umbringe? Dai, mach schone, du kannste mische töte, aber sage werde isch nix“
Dieser kleine Trotzkopf. Nun, wir würden ja sehen. Ich grinste verächtlich, ging in die kleine Küche und suchte mir ein paar Dinge zusammen. Während ich suchte, hörte ich, wie er versuchte, den Fesseln zu entkommen und beeilte mich. Keine Fessel der Welt hält für immer, nicht wahr?
Und tatsächlich, als ich zurückkehrte, hatte er sich mit schmerzenden Genitalien fast schon wieder hingestellt und versuchte, die Linke Hand aus der Matte zu bekommen.
Kommentarlos trat ich ihm wieder ins Kniegelenk. Allerdings nicht von hinten sondern von der Seite.
Das Geräusch, das man hören kann, wenn sich die Kniescheibe aus ihrer Halterung löst und widerstrebend eine unnatürliche Position einnimmt, kann man weder beschreiben noch ertragen. Vergessen kann man derlei Geräusche allerdings nie.
Und damit begann der Stress, denn der Idiot begann zu brüllen wie am Spieß. Aber dafür war ich ja in der Kühe. Das Geschirrtusch stopfte ich ihm soweit in seinen vorlauten Mund wie es ging.
Und siehe da: Tränen! Der große, massige Mafiamann verlor Tränen. Vor Schmerz und Hilflosigkeit, vermute ich. Aber ich wollte ja, dass er mir etwas sagt, also musste ich in der Wahl meiner Methoden ein wenig subtiler werden.
Trotz seines Schmerzes und trotz all seiner Pein und mit sicherlich verwässertem Tunnelblick verfolgte er, wie ich seinen Mittelfinger in die Linke Hand nahm und meine Heißgeliebte Geflügelschere ansetzte.
„So mein Freund. Du hast 10 Finger, eine Nase, 2 Ohren und noch eine Notfallchance. Das sind 14 falsche Antworten, die du mir geben kannst. Also von vorn: Was geht hier ab? Wenn du brav bist, lass ich dich laufen“
Ich wusste, dass ich auf einer Klinge balancierte. Wenn ich meine angekündigten Sanktionen nämlich nicht wahr machte, würde er im Vorteil sein, also musste ich zwangsläufig den angekündigten Weg einschlagen. Und das war eklig.
Aber er wollte es nicht anders, denn Giuseppe spuckte mir voller Verachtung ins Gesicht. Langsam drehte ich meinen Kopf zu seinem und grinste ihn, seinen Speichel bewusst nicht wegwischend, an und drückte erbarmungslos zu.
Dachte ich gerade noch, das Geräusch eines brechenden Knies wäre die Spitze des Eisberges, dann sollten Sie einmal das Geräusch hören, wenn Fleisch um einen Fingerknochen splittert. Wieder schlug mir eine Welle der Übelkeit entgegen, wieder schrie der Typ in mein Geschirrtuch und darüber hinaus blutete der Arsch mir gerade den Teppich voll.
Wie eine abgestorbene Made lag der Finger auf meinem sich rötenden Teppich, als ich ihn ansah. Die Beherrschung meiner Gesichtszüge war sehr schwer.
„Na, willst du die Zweite Chance?“
Und nahm seinen Ringfinger in die Hand, setzte die blutverschmierte Schere an.
Wie viel Schmerz erträgt ein Mensch? Nun, das wusste ich genau, aber das war ein anderes Thema. Er war kurz vor der Grenze zur Bewusstlosigkeit, das spürte ich genau. Also zerrte ich, den Zeigefinger immer noch im Würgegriff meiner Geflügelschere, das Geschirrtuch aus seinem Mund.
Japsend, mit brechender Stimme und schwindenden Sinnen erzählte er mir alles. Na also. Schlauer wurde ich dadurch auch nicht. Wie Paolo zur Mafia kam, warum und was das für Konsequenzen hatte, wie die Sanktionen gegen ihn aussahen und warum, das brachte mich kein Stück weiter. Aber immerhin erfuhr ich den Namen des Osnabrücker Paten, das war schon einmal etwas.
Das, was die Typen eigentlich wollten, war das kleine Büchlein, die Kladde. Denn Paolo hatte für die Sizilianer Geld gewaschen und dort stand jede einzelne Transaktion drin. Sehr schön. Da kam keine Lebensversicherung bei weitem nicht heran. Ich durfte sie halt nur nicht verlieren, die Kladde.

Das Nächste Problem war zu lösen. Josef. Oder eben Giuseppe oder wie immer der Typ heißen mochte, der jammernd und mit zu wenig Fingern vor mir in seinem Blut kniete.
Sie denken, dass ich ein brutaler Gewaltmensch bin? Oh nein. Im Grunde meines Herzens bin ich ein Pazifist. Friedfertig, Harmoniesüchtig, freundlich und zuvorkommend zu jedermann.
Sie liebe Leser sollte sich aber einmal vor Augen führen, wozu Menschen fähig sind, die sich Extremsituationen ausgesetzt sehen. Wozu sie dann fähig sind, glauben sie selbst nicht.
Und ich wusste es ja bereits. Als ich in den früher Siebzigern die Meldung las, da wusste ich es. Eine Nebenmeldung. Der Krieg in Vietnam war in allerbestem Gange und interessierte mich wenig bis gar nicht. In der Zeitung stand:
Frau hebt 17 Tonnen schweren LKW hoch
Es war ein Unfall. Das Kind der Frau lag unter dem Vorderreifen, da packte sie zu, hob den Wagen an und zerrte das Kind darunter hervor. Ohne darüber nachzudenken. Sie tat es einfach. Seitdem weiß ich, dass in uns Menschen Kräfte stecken, die wir so gut wie nie benötigen. Außer eben in Extremsituationen.
Und Josef hier, der jammernde Hilfskiller durfte nicht am Leben bleiben, wenn meines nicht in Gefahr geraten sollte. Je unauffälliger ich verschwand, desto effektiver mein Abgang….. und das konnte nur zu Lasten dieses Mannes gehen.
Hätte mir vor ein paar Wochen jemand erzählt, dass ich über Leben und Tod zu entscheiden hatte… ausgelacht hätte ich diese Person. Doch hier und jetzt, war der Gedankengang glasklar und lag wie abgebildet vor mir. Und ich hatte keine Wahl.
Der gute Josef mochte Schmerzen haben und er mochte ein Gewissenloser Schurke sein, aber die Stimmung, die umschlug bei meiner Entscheidungsfindung, blieb ihm nicht verborgen.
„Hey Signore, du haste gesagt, du lasste misch laufe, vero?“
„Das hab ich gesagt, ja.“
„Allora?“
„Ich habe gelogen“
Orange Session
*********katze Frau
8.077 Beiträge
Bin schwer beeindruckt!
Ich zitterte mit, ich lachte ob Deiner Wortschöpfungen (Hilfskiller...ich hau mich weg!) und konnte mich sowas von reinversetzen....

....besser gehts nicht! Hab zwar nicht verstanden wie der gute Josef mit Geschirrtuch im Mund spucken konnte, aber das fällt bestimmt unter künstlerische Freiheit.

Tom, wieder mal Extraklasse! Ich drängel nicht. Lass Dir Zeit mit der Fortsetzung, aber um Himmels Willen SCHREIBE SIE! Oder war das das Ende? Keine Abrechnung mit Paolo? Was passiert mit der Kladde? Isch gebe Dirr de gutte Rat: Spucke aus de Warrheit!

Dein Fan Christine
applauso e ovationi
tom, einfach großartig.
ich hatte das gefühl, wenn du weitergeschrieben hättest, wäre ein tarrantinoartiges gemetzel daraus geworden.
da brutalität, wenn auch nur geschildert oder beschrieben, mich sehr aufwühlt und ängstigt, muß ich das erst mal verdauen.
dennoch eine gelungene fortsetzung die ungeduldig auf die nächste warten läßt.
du hast da was losgetreten mit der geschichte, einfach unglaublich.

ciao, bisse bald.

tifoso salomon
sorry, dass ich mich jetzt erst zu wort melde, aber ich habe grade erst alle teile gelesen...

auch ich hoffe auf eine aldige fortsetzung dieser mega klasse geschichte!!!!

lg
Pummel
eyes002
******ace Mann
15.954 Beiträge
Themenersteller 
Der schöne Thot, Teil 8
-- 2 Jahre später --


Caipirinha. Das Leben kann so schön sein, nicht wahr?
Puerto Padre, ein kleines Nest irgendwo zwischen Giego de Avila und Guantanamo, aber weit genug weg von den Amerikanern. Am Meer. 250 Kilometer von Florida weg, ein Katzensprung auf die Bahamas und ein Wetter, das nie aufhört.
Caipirinhas am Strand, jede Menge Freundinnen und eine generell positive Einstellung dem Leben gegenüber, das habe ich gebraucht.
Seit 3 Jahren war ich nun hier. Meinen Namen habe ich geändert. Hier auf Kuba neue Papiere zu bekommen, war nun wirklich kein Ding. Sicherlich, die erste Zeit musste man ziemlich den Ball flach halten, aber wenn man sich nicht allzu dämlich anstellte, konnte man bei den Kubanern, diesem lebensfrohen Völkchen, schnell Anschluss finden.
Und je mehr Leute man trifft, desto eher erarbeitet man sich eine Art Renommee. Und selbstverständlich kennen diese Leute wiederum Leute, die Leute kennen. So ist das auf Kuba. Vitamin „B“ in Reinkultur.

So kam es, dass mein neuer Name Dominic Saddler lautete, Australischer Landsmann, geboren in Perth. Dass meine Freunde und Bekannten hier mich „Dom“ riefen, amüsierte mich mittlerweile schwer. Zuhause in good ole Germany würden Damen aus gewissen Kreisen wohl beim nennen meines Namens öffentlich auf der Strasse einen Kniefall hinlegen. Nun, das dachte ich zu dieser Zeit jedenfalls.
Die Wende brachte eine Frau. Eine schöne Frau. Eine englische, schöne Frau. Kate aus Wolverhampton.
Innerhalb kürzester Zeit hatte sie herausgefunden, dass ich weder Engländer noch Australier war. Ich erklärte ihr, dass der Perthianische Dialekt ein sehr eigentümlicher war und ich in Tschechien aufgewachsen war, aber so recht nahm sie mir das nicht ab.
Das allerdings änderte nichts an der Tatsache, dass wir nächtelang durch die Gegend tingelten. Von Santiago bis Habana, von Holguin bis Pinar. Ich hatte mittlerweile nicht nur ein ordentliches Renommee, sondern auch ein relativ gut gehendes Geschäft mit dem, was in Kuba neben Zuckerrohr am besten wächst: Tabak. Ich verkaufte Handverlesene, handgerollte, exquisite Zigarren an amerikanische Bonzen und Kapitalrittmeister. 80 Dollar für eine Zigarre ist ein happiger Preis, aber wenn man erst einmal in der High Society Fuß gefasst hat, sorgt die Mundpropaganda für den Rest. Und wenn es den Florida- Millionären gut tut, warum nicht? Das Geld sorgte auf jeden Fall hier auf Kuba dafür, dass ich ein tolles Leben hatte und so ganz nebenbei beschäftigte ich ein gutes Dutzend Leute.
Nicht, dass ich in Millionen schwamm, aber ich konnte mir leisten, was ich mir leisten wollte, sogar bis hin zu kritischen Fragen dem Regime und besonders Fideldidel gegenüber.

Kate war eine schöne Frau. Eine Art Grand Dame, die hier auf Kuba den „Boys“ erlegen war und daher in England alle Brücken abgebrochen hatte, um hier mit ihrem „Boy“, die nichts weiter darstellten als Typen, die Touristinnen abzockten indem sie ihnen die große Liebe vorspielten ( und sie natürlich f ickten), den Rest des Lebens zu verbringen. Ihre Enttäuschung war nicht unerheblich, als sie feststellen musste, dass „ihr“ heiß und innig geliebter Alberto den gleichen Spruch jeder Touristin erzählte, die so dumm war, ihm zuzuhören.
Und zurück nach England im Büßergewand? Das verbot ihr Stolz. Also hatte sie gelernt, sich hier zu arrangieren und war mittlerweile Chefin eines Nachtlokals, des „Mytho“, in dem ich sie auch kennen lernte.
Wir gingen ein paar Mal aus, aßen zusammen und unterhielten uns. Ich hörte ihr gern zu, und offenbar ging es ihr ebenso. Spaziergänge am Strand unter dem unglaublichen Sternenzelt, die Füße im Wasser und manchmal im weichen weißen Sand, das waren Momente, von denen ich in Deutschland immer geträumt hatte. Doch wenn man das jahrein, jahraus jeden Tag bekommen kann, ist es schon fast normal und bedeutet nichts mehr. Statt dessen träume ich von einem stürmischen kalten Tag im Herbst mit Gewitter, Hagel und Donner. So ändern sich Ansprüche.
Und ich weiß noch an meine Zweite Geburtsstunde, als ich sie das erste Mal küsste. Kate zerfloss beinahe in meinen Armen, sie wand sich und stöhnte, als ob wir viel weiter wären. Einen solchen Kuss hatte ich bislang noch nie erleben dürfen und er machte mich schwer an. Dass ich keinen Würgereiz bekam bei der Penetrationstiefe ihrer Zunge war ein reines Wunder und ich nahm mir fest vor, dem Schöpfer des Universums eine kleine Kerze zu spenden. Eine kleine wohlgemerkt, denn wer so küssen kann, der hat noch andere Dinge in Petto. Und meine Vermutung sollte sich baldigst bewahrheiten. Noch am gleichen Tage, nein in der gleichen Nacht. Und diese Nacht dauerte fast 3 Tage lang. Ein Erlebnis, das ich nie vergessen werde.
Alles begann mit einer Atempause zwischen 2 Mandelspülungen. Wie die Tiere rissen wir uns gierig die Klamotten vom Leib um dann übereinander herzufallen wie die Kannibalen. Es war wild, es war gierig, es war leidenschaftlich. Zwei beinahe Verdurstende, die sich gegenseitig um den letzten Tropfen Wasser balgten.
Nach dem ersten Abreagieren lagen wir dann da, die Schöße klebrig, verschwitzt und atemlos. Der Geruch der Liebe hing noch in der Luft und sorgte dafür, dass der Erregungslevel nicht abflachte.
Ich sah sie an, die schöne Kate. Ihre Augen sprühten, gleichwohl lag ein ermattetes, seliges Lächeln auf ihren Lippen.
„Was würdest du wollen, das ich jetzt mache?“ Fragte sie mich mit einem gutturalen Unterton, den ich nicht sofort zu deuten wusste.
Ich antwortete, dass mir da viele Dinge einfallen würden und dass die Nacht wohl nicht ausreichen würde, um alle meine Wünsche zu erfüllen.
Kate meinte, ich bräuchte mich nicht um die Zeit zu sorgen, wichtig wäre nur zu wissen, was ich wünschte. Und zwar ohne Vorbehalte, ohne Skrupel.
Allein diese Ansprache sorgte bereits dafür, dass mein Blut sich wieder verlagerte. Was zwar Kate bemerkte, jedoch lächelnd zur Kenntnis nahm.
Ich sagte ihr, dass ich es zu Beginn sehr zu schätzen wüsste, wenn sie sich die Scham rasieren würde. Und zwar nicht den Bikinistrich, den sie bereits hatte, sondern komplett. Ein für mich überaus erregendes Detail meiner visuellen Eindrücke.
„Und was wäre, wenn ich deinem Wunsch nicht entspräche?“ Kokettierte sie weiter, jedoch sah ich das Blitzen in ihren Augen und schöpfte Hoffnung. Sollte sie diejenige sein, mit der ich meine in den tiefsten Tiefen vergrabenen Sehnsüchte leben konnte? Allein das auszusprechen ,was gerade in meinem Kopf vorging, sorgte dafür, dass der freche Stanley eine pralle und sehr aufrechte Haltung einnahm.
„Nun, wenn ich ein normaler Mensch wäre, dann wäre ich wohl enttäuscht, weil es gewissermaßen einer Missbilligung oder sogar einer Art Desinteresse gleich käme. Da ich aber alles andere als normal bin, sähe ich mich dazu gezwungen, dich für dein Desinteresse züchtigen zu müssen“
Peng, nun war es heraus. Der Fail - Safe Point war überschritten. Alles, was jetzt passieren würde, läge nicht mehr in meiner Hand. Die letzten 3 Damen waren polternd aufgestanden und hatten ihr Heil in der Flucht gesucht, teilweise nicht ohne wüste Beschimpfungen, die bis an die Straßenecke zu hören waren.
Hier auf Kuba hatte ich gelernt, diesen Teil meines Wesens sorgsam zu verstecken. Doch Kate sprang weder auf, noch hielt sie eine Rede. Sie legte ihre Hand auf meinen steinharten Schwanz und wollte dem guten Stanley gewissermaßen tief ins Auge schauen.
„Wer hat dir denn erlaubt, mich anzufassen?“ Fragte ich beinahe beiläufig und Kates Hand verschwand, als hätte sie eine Natter gebissen.
„Verzeihung“
Ich konnte es nicht glauben. All die durchwachten Nächte, all die Stunden die ich mit Bruder Bacchus verbrachte, weil ich mich für anormal hielt, all die Selbstzweifel, all die leidenden Momente in denen ich annehmen musste, anders zu sein als die anderen sollten hier jetzt über die Klinge springen? Das wäre zu schön, um wahr zu sein.
Doch hatte ich nicht Carte Blanche? War dieser gierige Blick nicht geradezu eine Einladung?
Ich nahm sie quasi an den Ohren und dirigierte sie quer über meinen Schoß. Ihr überaus wohlgeformter Hintern schrie geradezu danach, die Folgen einer übereilten Aktion auszubaden.
Nun also sollte es sein. Es war zu spät um aufzuhören und viel zu spät sich zu verstecken. Außerdem… wer würde jetzt noch einen Rückzieher machen wollen, wenn ein reifer, praller, zuckender Arsch vor einem liegt, der nur auf eine strenge Hand wartet? Und wer bin ich denn, diesem Anspruch widersprechen zu wollen?
Kate hatte bereits Erfahrung, selbstverständlich. Und sicherlich dirigierte sie mich ein paar Minuten lang, was Einschlag und Position anging, aber sie machte es nicht so, dass ich mich dabei wie ein Anfänger fühlte, der ich zwar praktisch war, nicht jedoch im Geiste.
Und es ist ein riesengroßer Unterschied, ob man in einsamen Stunden eine mit einem Kissen gefüllte Jeans verhaut oder einen zuckenden Arsch, der gierig auf eine harte Hand wartet.
Orange Session
*********katze Frau
8.077 Beiträge
Oh Yeah!!!!!!!!!!!
Darauf hab ich gewartet!

Wer bin ich denn, nicht davon angetörnt zu sein???

Tom....große Klasse!

Subbinchen (Seufz....)
@ tom:
oups, stanley? woher hast du den denn?
erinnert mich an meine kindheit: stanley beamish "immer wenn er pillen nahm".

nein im ernst, da sind wieder so viele unglaublich gute details versteckt, die mir sagen: entweder der typ ist dir in sachen phantasie lichtjahre voraus oder er hat das alles schon irgendwo und mit irgendwem, irgendwann erlebt.
was auch immer es trifft, ich versuche, dich nicht darum zu beneiden.

zwecklos,
sal
*********l_rp Frau
14.960 Beiträge
Absoluter Wahnsinn deine Geschichte, wie sich das Blatt doch wenden kann.
Bitte weiter schreiben.

  • LG Blackangel36

Anmelden und mitreden
Du willst mitdiskutieren?
Werde kostenlos Mitglied, um mit anderen über heiße Themen zu diskutieren oder deine eigene Frage zu stellen.