@lebanon_spirit
Du schreibst:
...und wenn Du es auch wärest, dann hättest Du es wahrscheinlich schon viel früher bemerkt.
Du muss ich dir leise flüsternd widersprechen
Jede hat ihre eigene Geschichte und jedes Coming Out gestaltet sich anders. Ich bin jetzt seit gut 8 Monaten komplett draußen... davor war es ein Krampf hoch zehn und eine echte Lebenskrise für mich.
Ich habe mich als Teenie nie in Mädchen verliebt sondern nur in Jungs - aber rückblickend kann ich sagen, dass ich den Mädels gerne auf die Brüste geschaut habe und auch nie einen Jungen/Mann körperlich anziehend fand. Meine Eltern sind sehr konservativ und so wurde ich auch erzogen.... alles unterhalb der Gürtellinie wurde totgeschwiegen und ich hab es mir halt bei ihnen abgeschaut: Mann und Frau gehören zusammen.
Die Jungs und Männer in die ich mich verliebt habe waren alle irgendwie anders als die in die sich andere Mädels verguckten. Nicht wenige davon waren schwul.... Und 1996 mit 24 verliebte ich mich dann zum ersten Mal in eine Frau.... Mir damals sofort klar: Ich bin lesbisch!
Ich brauchte gar nicht lange drüber nachdenken - ich wußte es einfach. Und ich outete mich auch ziemlich schnell - mit der Frau wurde es aber nichts. Interessanterweise war sie lesbisch - was ich allerdings erst später erfahren habe. Ich war damals ziemlich viel in der Düsseldorfer/Kölner Szene unterwegs mit einigen Schwulen und Lesben - aber ich hatte nie was mit einer Frau. Es hat einfach nie gepaßt - ich kann nicht einfach nur für Sex mit jemandem schlafen und damit mich jemand antörnt muss ich schön echt verliebt sein.
So ergab sich halt nie was - und da mir meine Außenwelt immer wieder druck machte (Eltern...) habe ich nach und nach alles was ich bin wieder in den Schrank zurückgepackt und auf einmal war ich wieder hetero...... und hakte es als "lesbische Phase" ab.
Dann lernte ich meinen Mann kennen 1998, heiratete, bekam ein Kind - aber glücklich war ich nie! Ich glaubte, dass ich glücklich sei und ich glaubte auch, dass ich guten und erfüllenden Sex hätte.... aber dass dem nicht so sei habe ich erst gemerkt als 2006 meine absolute Traumfrau in mein Leben plumpste.
Auf einmal hatte ich Gefühle die ich noch nie zuvor erlebt habe. Ich musste ihr ständig auf den Hintern und die Brust schauen und war von ihr körperlich so dermaßen fasziniert.... und soll ich was sagen? Ich hab geglaubt ich sei nicht normal!!! Ich habe echt Angst gehabt, dass diese wahnsinnig heftigen erotischen Gefühle krankhaft seien.
Ich hab mich geschämt und es war mir unglaulbich peinlich. Bis ich meiner besten Freundin davon erzählte und sie mich ungläubig anschaute und mir sagte, dass es vollkommen normal sei wenn man jemanden begehrt. Und ich habe das vorher definitiv NIE getan!!
Ich habe mit meinem Mann geschlafen weil es schön war - ich habe auch immer viel Lust und Freude am Sex gehabt und ich bin nie zu kurz gekommen.... aber begehrt habe ich ihn nie. Das habe ich erst da kennengelernt.
Nun denn.... zwischen mir und ihr ist es nie was geworden weil sie irgendwann den komplettrückzieher gemacht hat, aber dann kam eine andere Frau in mein Leben und zwischen uns machte es nur noch Zoooooom und wir flogen hoch hinaus in den Himmel
Und bei ihr konnte ich dann auch endlich mich selbst sehen... mich, die Lesbe!!!
Ich hatte mich so dermaßen in mein Leben eingefügt, dass ich mein wahres ich darunter vollkommen verloren habe.
Ich habe meine wahren Bedürfnisse total unterdrückt, wahrscheinlich auch deshalb weil meine Eltern mir immer wieder eingetrichtert haben, dass Sexualität etwas schlechtes ist
Zwar hab ich mein komplettes Leben nur heterobeziehungen gehabt, aber ich kannte es auch nicht anders. Vor mehr als 2 Jahren habe ich das letzte Mal mit meinem Mann geschlafen - ich könnte ihm nichts vorspielen und deshalb war ich ehrlich zu ihm.
Die körperliche Anziehung ist komplett weg - wir kuscheln ab und an wenn es paßt noch miteinander oder manchmal küssen wir uns auch... aber es ist keinerlei erotische Anziehung dabei. Es läßt micht komplett kalt - es fühlt sich zwar gut an, aber es macht mich in keinster weise mehr an. Angefangen hat es übrigens damit, dass ich auf einmal Probleme hatte ihn anzufassen. ICh konnte mich von ihm berühren lassen, aber sobald ich seine männlichkeit gefühlt habe war der Ofen aus bei mir.
Nicht jede tut sich so schwer mit ihrem CO wie ich - und ich beneide auch die Frauen, die von Anfang an wissen was sie wollen und wer sie sind, aber ungewöhnlich ist es nicht wenn frau zunächst in heterobeziehungen lebt und später erst erkennt wo sie wirklich hingehört.
Bis ich zum ersten Mal Sex mit einer Frau hatte hab ich auch immer irgendwie geglaubt ich sei bi - aber seit ich mit ihr geschlafen habe weiß ich, dass ich NIE WIEDER mit einem Mann schlafen möchte weil das gar kein Vergleich ist und ich mich zum ersten mal in meinem Leben richtig als ICH gefühlt habe.
Ups, sorry - sollte gar nicht so lang werden