Ach, was soll's, der kommt schon (von alleine)!
In einem Fred, wo es um den unterschiedlichen Sex zwischen Mann und Frau geht, zog sich wie ein roter Faden durch viele Antworten, dass der Sex mit einer Frau nicht so zielgerichtet sei, nicht so ergebnisorientiert und die Frau sei in ihrem Tun selbstloser als viele Männer.Also den Männern hat man nun in den vergangenen Dekaden (mühsam) beigebracht – und genug Exemplare wissen das heute trotzdem noch nicht – dass durch die unterschiedliche verlaufenden Erregungskurven bei Mann und Frau letztere anders »bearbeitet« werden will. Man verzeihe mir diesen etwas unprätentiösen Begriff, aber ihr wisst schon, was gemeint ist. Also ein Vorspiel sei ganz wichtig, allgemeines Streicheln diverser erogerner Zonen, die Klitoris finden(!), und auch beachten und nicht etwa wie gewohnt das Ding reinstecken, ein paarmal pumpen und abspritzen.
So weit, so gut, dies haben immerhin doch einige Männer verinnerlicht.* Das reicht wohl aber nicht, denn was ist passiert? Jetzt fühlen sich die Damen auf einmal unter Druck gesetzt, einen Orgasmus bekommen zu müssen. Ja was denn nun? Sollen wir Männer nun, oder sollen wir nicht? Wir sollen, aber doch bitte nicht so! Es sei zum Beispiel völlig Banane, die Frau unter Druck zu setzen, einen Orgasmus zu bekommen, denn dann funktioniert es erst Recht nicht. Also Methode eins: rumkriegen – reinstecken – abspritzen, die ist obsolet. Methode zwei: rumkriegen – heiß machen – Vorspiel – merken, dass sie soweit ist – reinstecken – auf den (erlösenden) Orgasmus von ihr warten – selbst kommen, ist auch nur zweite Wahl.
Besser sei es, das ganze so spielerisch anzugehen, dass Frau zwar die höchsten Wonnen erfährt, aber bitteschön NICHT mitbekommt, dass er sich dafür anstrengen oder bemühen muss. So sei Sex unter Frauen – eben nicht so »gezwungen«, nicht so auf den Orgasmus bezogen, ohne Druck, etwas erreichen zu müssen – voller Leichtigkeit und Leidenschaft. Intuitiv solle der Mann erahnen, was sie jetzt wolle und brauche. Wenn er dann gleichzeitig mit der nötigen Dominanz, »Härte« und Männlichkeit agiere, dann sei er perfekt! Ist doch ganz einfach oder? Pustekuchen, eine Eier legende Wollmilchsau ist ein Dreck dagegen!
Das war jetzt das Vorspiel, der springende Punkt kommt erst noch: Wo bleibt der Mann mit seiner Lust? Die von mir gelesenen Forenbeiträge gehen in die Zehntausende, dieses von mir geschilderte Wollen der Damen ist KEIN Einzelfall. Fairerweise muss ich natürlich sagen, dass es auch viele andere Frauen gibt. Welche die vollkommen glücklich sind und es verstehen, zu nehmen und zu geben. Auf den letzten Punkt kommt es aber genau jetzt an.
Jene anderen Frauen, die so vehement alles Mögliche und Unmögliche einfordern, was tun sie, um ihn zu befriedigen? Tun sie überhaupt etwas aktiv, oder sind sie nicht viel eher der Ansicht, dass der Mann ja durch sein Tun sowieso irgendwann kommen muss? Ist dies nicht Standard? »Normalerweise muss der Mann ja aufpassen, dass er nicht zuerst kommt, wenn ich zusätzlich etwas mache, kommt er ja dann doch wieder vor mir!« Ist dies nicht doch weiter verbreitet, als gemeinhin angenommen?
»I have the pussy, I make the rules!«
So kommt es mir beim Lesen vieler Profile und Forenbeiträge vor, als könnten sich die Männer glücklich schätzen, überhaupt in die engere Auswahl, geschweige denn, in das Allerheiligste gelassen zu werden. Und als Gegenleistung mögen sie aber bitte nicht auch noch Ansprüche stellen! Frau habe ja schließlich genug »Auswahl«. Und wodurch wird dieses (Anspruchs)Denken gefördert? Durch die vermeintlich riesige Auswahl, sei es hier oder in freier Wildbahn? (Schließlich ist ein Standardsatz jener Profile: »Sex bekomme ich überall, den suche ich mir nicht HIER!«) Oder sind doch wieder jene unverbesserlichen Männer Schuld, die wirklich nur an sich und ihre Befriedigung und Genugtuung denken? Und was wird das, wenn's fertig ist, eine Qualspirale gegenseitiger Missachtung und Geringschätzung?
Zwei Anmerkungen zum Schluss: Das ist kein Lamento, ach wie schwer es doch die Männer hier hätten (haben sie nicht) und es ist kein Generalanschiss allen Frauen gegenüber. Ich weiß, dass es viele andere Frauen gibt – aber ich kenne genug, bei denen passt es wie die Faust auf's Auge.
P.S.: Da Pärchenantworten in den wenigsten Fällen wirklich konstruktiv sind, sondern in aller Regel nur dazu dienen, dem eigenen Partner und allen anderen zu zeigen, wie toll man sich versteht und wie sehr man sich liebt, werden diese nur unter großem Vorbehalt zur Kenntnis genommen.
*Man lese sich zwei Dutzend Männerprofile durch und staune, in wievielen davon und dort was alles den geneigten Damen offeriert wird. Verschmelzen und eins werden als krönender Abschluss unglaublicher Zungen- und Fingerfertigkeit, völlig selbstlos versteht sich. Der klassische Frauenversteher eben. Ein (Alb)Traum wird wahr ...