dolcevitapete:
Für mich gilt immer noch, wer Monogamie sagt, aber diese "modifiziert" leben will, der möge bitte von Anfang an mit offenen Karten spielen und klar darlegen, inwieweit sie/er vom "Grundmodell", in dem nun mal auch der Sex exclusiv ist abweichen will.
Grundsätzlich gebe ich Dir Recht. Meine eigenen Erfahrung lehrt mich allerdings, dass die Dinge nicht immer so linear laufen, wie dieses Denkmodell voraussetzt.
Als ich hier vor 10 Jahren meinen Lebensmenschen kennenlernte, geschah dies beiderseits in dem Verständnis, monogam miteinander leben zu wollen. Dann stellte sich, noch im Prozess des gegenseitigen Kennenlernens, so nach ca. einem halben bis dreiviertel Jahr, heraus, dass wir beide schon seit Jahren den Wunsch hatten, einmal zu erleben, was eigentlich in Swingerclubs passiert, und auch, dass in unserer Phantasie bei beiden immer schon auch öfters mal der Wunsch aufgetaucht war, Sex zu mehreren zu erleben. Dieser Wunsch war jedoch, ebenfalls von beiden, lebenslänglich immer unterdrückt worden, weil er in den vorhergehenden Partnerschaften jeweils nicht auf Verständnis gestoßen war, bzw. von den ehemaligen PartnerInnen als hartes Kriterium für die Beendigung der Beziehung gesehen worden war.
Gemeinsam entschlossen wir uns dann, einen Swingerclub zu besuchen und zu schauen, was das mit uns je einzeln, aber auch als Paar, machen würde. Wir sahen das als ein Erlebnis mit offenem Ausgang, unsere Verabredung war, dass wir beide, falls einer von uns sich zu irgendeinem Zeitpunkt aus irgendeinem Grund unwohl fühlen würde, dies mitteilen und daraufhin das Experiment unmittelbar abbrechen würden, egal aus welchem Grunnd und zu welchem Zeitpunkt. Und dass wir anschließend zuHause jeweils darüber reden und reflektieren wollten.
Genau das haben wir dann getan. Bei unseren ersten Clubbesuchen blieben wir unter uns, d.h. hatten nur Sex als Paar miteinander, später ergaben sich dann Interaktionen mit Einzelmännern oder Paaren, allerdings grundsätzlich immer gemeinsam, nie getrennt, so dass wir uns immer unmittelbar spüren und uns mitteilen konnten. Für uns hat sich das bewährt, wir sehen diese Clubbesuche allerdings grundsätzlich als schöne, nicht allzu häufige, Aussnahmen an und insgesamt so, dass wir beiden unsere Paarsexualität zwar gelegentlich einmal für weitere MitspielerInnen öffnen, aber dass im Vordergrund immer jeweils wir und unsere Befindlichkeit als Paar stehen und oberste Priorität haben. Grundsätzlich nennen wir Clubbekanntschaften weder unsere Klarnamen, noch tauschen wir Telefonnummern oder Adressen aus. Trifft man sich später einmal zufällig dort wieder, ist es gut, kann auch zu wiederholtem Kontakt führen (muss es aber nicht), aber eben vollkommen ungeplant und unverbindlich.
Wir betrachten uns selbst jedoch dessen ungeachtet weder als Swinger, noch als Paar, das Sex und Liebe trennt, sondern nach wie vor als monogam, grundsätzlich sexuell und emotional ausschließlich auf einander bezogen, und wenn wir unsere Sexualität punktuell für andere öffnen, geschieht das ebenfalls ausschließlich auf unseren gemeinsamen Wunsch und im Beisein beider. Diese Praxis hat sich allerdings erst im Laufe unserer Beziehung herauskristallisiert und weiter entwickelt. Deshalb hätten wir beide eben auch nicht
...."von Anfang an mit offenen Karten spielen und klar darlegen, inwieweit sie/er vom "Grundmodell", in dem nun mal auch der Sex exclusiv ist, abweichen will"...
können. Denn zum Zeitpunkt unseres ersten Kennenlernens war davon beiderseits nicht die Rede, es war auch nicht wirklich wichtig im Sinne einer feststehenden Vorbedingung, an der sich entscheiden würde, ob man sich überhaupt miteinander einläßt oder nicht. Das ist es übrigens bis heute nicht.
Es braucht allerdings immer eine stabile Basis und ein gewisses Maß an echter Intimität und Vertrauen bei einem Paar, um offen und ehrlich über seine eigenen geheimen sexuellen Wünsche und Phantasien mit einem Partner zu sprechen. Und es braucht Reife und Gelassenhait auf beiden Seiten, um, falls eine/r sich für diese Phantasien des anderen möglicherweise nicht erwärmen kann, der Liebe und der Partnerschaft Vorrang zukommen zu lassen und gegebenenfalls eben auch einmal Verzicht zu üben, ohne sich deshalb zum Märtyrer/-in zu stilisieren und in Selbstmitleid zu versinken, oder, wie ein eigensinniges Kind, auf sein "Grundrecht auf ungehinderte sexuelle Freiheit und Erfüllung" zu pochen und dafür eine intakte Lebenspartnerschaft zu opfern und einen angeblich geliebten Partner wissentlich und willentlich tief zu verletzen.