Ich kann es einfach nicht mehr hören ...
... und ich mag sie auch einfach nicht mehr lesen, diese widerlichen Plattitüden!
Liebe Keo2!
Mir ist während des Lesens dieses Freds mehr als einmal der Kragen geplatzt (und das, obwohl ich heute das T-Shirt wie auf meinem Foto trage). Denn es ist einfach unglaublich, wie hier mit einem Menschen umgegangen wird, ...
... der den Mut hat, aus seinem Leben zu erzählen.
... der noch genügend Vertrauen in seine Mitmenschen (in diesem Fall die anderen Joyclubber) hat, um sich Meinungen und vielleicht auch Ratschläge zu wünschen.
... der sich als ein fühlender, denkender und vor allem selbst reflektierender Mensch zu erkennen gibt.
Doch kaum werden hier ein paar Eckdaten genannt, scheint der Weg der Meinungsfindung (= Verurteilung?) vorgezeichnet. Es geht um einen Mann, der seine Frau mit einer anderen betrügt und da ist scheinbar nur ein Weg denkbar: Er ist ein Arsch, die Ehefrau ist das bemitleidenswerte Opfer und die Geliebte ist eine Hexe.
Oh, mein Gott! Das ist in etwa so, als wenn ich sage: Ein großer, grüner Rasen, eine schwarz-weiße Kugel und 22 Männer in Shorts mit komischen Frisuren. Und was rauskommt, ist in jedem Fall ein Fußballspiel. Mehr gibt es dazu scheinbar nicht zu sagen. Komisch nur, dass es dann schon einen Unterschied macht, ob Wolfsburg, Stuttgart oder Karlsruhe spielt.
Liebe Leute, es gibt nicht DIE eine eindeutige Situation. Doch leider zielen die meisten Antworten, die ich bisher hier gelesen habe, genau in diese Richtung. Vielleicht könnt ihr euch noch an die gute, alte BRAVO erinnern? Da wurden in jeder dritten Ausgabe immer wieder dieselben Fragen gestellt. Da hätte ja Dr. Sommer auch mal sagen können: "Ja, verdammich! Habe ich das nicht schon in Ausgabe 23 beantwortet, dass man vom Zungenküssen nicht schwanger werden kann?! Wie blöd bist du eigentlich? Du solltest das doch längst in Biologie-Unterricht durchgenommen haben? Hast du vielleicht geschwänzt?!"
Aus gutem Grund gab es gottseidank niemals eine derart bescheuerte Antwort. Denn was Dr. Sommer wusste, hier aber vergessen wird: Der Mensch, der den Brief an die BRAVO schreibt oder hier das Eingangsposting stellt, hat ein Anliegen, eine Frage, ein Problem. Und es ist wenig hilfreich, einen hilfesuchenden Menschen zu verurteilen, mit Beleidigungen zu überhäufen oder durch Zerpflücken der Formulierungen noch weiter zu verwirren.
Darum plädiere ich hier für mehr Mitmenschlichkeit und für mehr Einfühlungsvermögen mit einem Menschen, der sich in einer emotional schwierigen Situation befindet. Wenn es auch nur irgendwie einfach wäre, hätte sich die TE mit ihrer besten Freundin besprochen, ein gutes Buch zum Thema gelesen oder sich mehrere Abende hintereinander die Kanne gegeben, um dann nach einem Riesenkater vielleicht festzustellen, dass alles nur halb so schlimm ist.
Statt dessen stellt sie sich freiwillig an den virtuellen Pranger (der leider nur deshalb ein Pranger ist, weil viele denken, wer im Forum antwortet, darf auch mit Tomaten werfen) und hofft auf ein paar erhellende Gedanken, die ihr weiterhelfen werden, sich zu orientieren.
Ich selbst war vor vielen Jahren einmal eine kurze Zeit eine Geliebte. Ich war längere Zeit die Ehefrau, die nicht wusste, dass ihr Mann Sex-Affären hat. Heute muss ich einfach sagen, dass sind Sachen, die passieren. Und auch wenn man sich noch so moralisch oder sonstwie korrekt verhält, gerät man doch irgendwann im Leben in eine Situation, die man so aber überhaupt nicht wollte. Und die Klärung der Schuldfrage - ob man selbst nun Opfer oder Täter oder vielleicht nur Kollateralschaden ist - bringt einen leider überhaupt nicht weiter. Gefühle sind nun einmal schwierig, weil sie selten eindeutig sind.
Und genau das ist das Problem, vor dem jeder von uns immer mal wieder steht. Ob man nun unglücklich verliebt ist und dem Angebeteten 2.379 sms in drei Wochen schickt. Ob man einsam ist und der Freundeskreis einen in die schlechtesten Filme schleppt, nur damit man zum Jammern aufhört. Oder ob man ein dritter Spieler in einem Spiel ist, das man sich selbst auch nur für zwei exklusive Spieler gewünscht hat. Das alles sind Erlebnisse, die jeder von uns vermeiden würde, wenn wir es könnten. Wir können meistens nicht, aber wir können es versuchen. Mehr zu verlangen ist unmenschlich und erinnert mich an das Verhalten der Pharisäer.
Was mir an der Darstellung von Keo2 gefällt, ist, dass sie sich um eine integere Haltung bemüht. Und das verdient Respekt. Wenn wir immer sofort, nachdem wir wissen, was richtig ist, auch dementsprechend handeln würden, wäre die Welt seit der Niederschrift der 10 Gebote ein einziger Locus amoenus, also ein Hort der Liebe und Freude.
Jemand, der sich Rat holt und sich derart differenziert und zeitintensiv mit den verschiedenen und zum Teil wirklich verletzenden Antworten auseinandersetzt, versucht, im Gefühlswirrwarr den Kopf über Wasser zu halten und ist darum immer auf dem richtigen Weg.
Liebe Keo2, ich denke, die einfachste Antwort ist in diesem Fall die beste: Du bist in eine schwierige Situation geraten, du bist dir dessen bewusst und darum wirst du auch wieder aus dieser für dich schmerzvollen Situation herausfinden. Du hörst dich nach einem verantwortungsvollen und sympathischen Menschen an und darum gibt es doch nur eine Frage, die du dir beantworten musst:
Was möchtest du tun? Was macht dich glücklich?
Und wenn du die Antwort weißt (Sorry, ist aber auch meistens komplizierter, als man glaubt.), dann tu das einfach.
Du bist für dich verantwortlich und sonst für niemanden.
Wenn die Ehefrau ein Problem hat, dann muss sie sich äußern, zum Beispiel ihrem Ehemann gegenüber. Wenn der Ehemann ein Problem hat, dann muss er handeln. Versuche deine Situation ohne alles Drumherum zu sehen und frage dich einfach, ob dich das, was dir begegnet und wie dir begegnet wird, glücklich macht. Die Antwort wird dir dann weisen, ob es um "Ja, das tut mir gut." oder um "Nein, bloß nix wie weg hier!" geht.
Denn ich glaube, wenn jeder für sich selbst so handelt, dass er oder sie sich an einem Glück orientiert, das andere nicht vorsätzlich verletzt, dann gibt es eine gute Chance, dass wir in Wahrheit und Ehrlichkeit leben. Glücklich leben.
Ich sende dir einen lieben Gruß nach Dänemark!