Pastime with Good Company
Es war jetzt doch schon richtig spät geworden. Mehr als zwei Stunden waren vergangen, seit Meret die Therme verlassen und sich auf den Weg nach Hause gemacht hatte. Tagsüber dauerte es fast immer so lange. Berufsverkehr halt. Und seit eine Brücke nach der anderen wegen Straßenschäden gesperrt wurde, musste man schon viel Glück haben, die Strecke in weniger als neunzig Minuten zu schaffen.
Aber um diese nachtschlafende Zeit hatte Meret nicht damit gerechnet, dass es nach 23:00 Uhr sein würde, bis sie die lichterkettenglitzernde Hauptstadt einmal von West nach Ost durchquert hatte und in ihrem inzwischen nahezu komplett gentrifizierten Kiez eingetroffen war. Und dann hatte sie auch noch fünfmal um den Block fahren müssen, bevor sie sich entschlossen hatte, ihre Knutschkugel doch in die einzig überhaupt verfügbare Parklücke zu quetschen, die allerdings so winzig war, dass sie sich beim Hineinmanövrieren vorne und hinten erst ein wenig Platz verschaffen musste, bis der Fiat 500 halbwegs ordentlich stand. Was für ein Glück, dass sie für einige Jahre in Rom gelebt hatte, wo man anders nie einen Parkplatz ergatterte…
Dementsprechend genervt und k.o. war Meret, als sie die Türe zu ihrer Zweizimmerwohnung öffnete. Sofort stieg ihr der verführerische Duft von Vanillekipferln, Zimtschnecken und Lebkuchen in die feine Nase, der sie ihre Müdigkeit und Gereiztheit augenblicklich vergessen ließ. Zwar hatte Tom ihr schon vor ein paar Wochen augenzwinkernd versprochen, für sie ein paar leckere Plätzchen zu backen, aber dass er es erstens wirklich tun würde und zweitens anscheinend auch tatsächlich konnte, damit hatte Meret im Grunde trotzdem nicht gerechnet.
Ihr wurde warm, und nicht nur ums Herz: Dieser Kerl war echt ein Glücksgriff! Meret lächelte vor sich hin und befeuchtete sich mit der Zungenspitze die Lippen. Was hatte er noch verspochen? Verführen wolle er sie jeden Abend aufs Neue mit seinen Plätzchen. Und sie in seine Arme locken. Sie verspürte ein eindeutiges Kribbeln zwischen ihren Beinen. Heute Nacht würde er keine Gelegenheit dazu haben, sondern sie würde ihm zuvorkommen und sich auf die Art bei ihm bedanken, die er mit am meisten liebte und genoss.
„Pastime with Good Company“, jenes auch als „The King’s Ballad“ bekannte Musikstück aus der Feder von Heinrich VIII., geschrieben wohl für Katharina von Aragon, klang laut durch die Wohnung, jedoch nicht in der Version von Ritchie Blackmore & Candice Night, sondern als die von Jethro Tull gespielte Instrumentalfassung, so wie Ian Anderson sie ihnen und Hunderten genauso begeisterter Fans Ende November bei seinem Jubiläumskonzert im Theater am Potsdamer Platz zu Gehör gebracht hatte. Meret lauschte der alten Melodie, die Tom tonsicher mitsummte. Er hatte offenbar nicht mitgekriegt, dass sie nach Hause gekommen war, und so sollte es auch noch einige Minuten bleiben, bis sie sich um-, oder besser: ausgezogen hatte.
Also schloss sie ganz leise die Wohnungstür, streifte sich die Schuhe von den Füßen und huschte dann ins Badezimmer, ohne ein einziges Geräusch zu verursachen. Das Licht musste aus bleiben, wenn sie sich nicht verraten wollte, aber das war für Meret kein Problem. Sie konnte sich nicht nur wie eine Wildkatze lautlos und geschmeidig bewegen, ihre scharfen Krallen wahlweise ein- oder auch ausfahren und wohlig schnurren, wenn sie satt und befriedigt war, nein, sie konnte im Halbdunkeln auch ziemlich gut sehen.
Vorsichtig schälte sich Meret aus ihren Sachen und legte sie auf der Waschmaschine ab. Mit den Händen strich sie über ihre nackten Brüste, die bereits von verräterisch harten Nippeln gekrönt wurden. Das Ziehen zwischen ihren Oberschenkeln hatte sich mit jedem Kleidungsstück, das nach und nach auf der Waschmaschine gelandet war, um den Faktor 2 verstärkt, und inzwischen pochte ihre Klitoris so heftig, dass sie kurz und beruhigend die rechte Handfläche darauf legte. Allein, da beruhigte sich rein gar nichts. Oh Gott, was war sie nass!
Sie nahm ihren seidenen Bademantel vom Haken und schlüpfte hinein. Wie eine zweite Haut legte sich der kühle Stoff um ihren nackten Körper. Meret schloss den Gürtel, achtete aber darauf, dass er nicht vollkommen geschlossen war, sondern ihre Rundungen mehr als nur andeutungsweise zeigte. Mit sich und ihrer voraussichtlichen Wirkung zufrieden, verließ sie das Badezimmer, schlich auf bloßen Füßen durch den ebenfalls im Halbdunklen liegenden kleinen Flur und ging in Richtung Küche, in der Tom inzwischen ein anderes Jethro Tull-Stück mitsummte, das der Refrain ganz kurze Zeit später als „Heavy Horses“ entlarvte. ‚Wie passend‘, dachte Meret und leckte sich erneut voller Vorfreude über die vollen Lippen. ‚Tom, mein heißblütiges Kaltblut…‘
Vorsichtig lugte sie um die Ecke durch die weit offenstehende Küchentür. Ihre Augen wurden groß und die Kinnlade fiel nach unten. Tom, ihr neuer Liebhaber, ihr neuer Freund, ihr Hengst stand am Fenster und blickte hinaus in die tiefe Schwärze der Nacht. Die Küche war schon wieder blitzblank, sämtliche Arbeitsgeräte gespült und weggeräumt, die Arbeitsplatte sauber, der Backofen gereinigt. Verschiedene Plätzchen mit und ohne Schokoladenüberzug und Lebkuchen in verschiedenen Formen verbreiteten aus drei Schüsseln auf der Ablage einen köstlichen Duft.
Zum Anbeißen aber war vor allem Tom, der vollkommen nackt und nahezu bewegungslos da stand. Lediglich die Muskeln spielten in seinem knackigen Hintern und seinem breiten Rücken. Die Haltung seiner Arme ließ allerdings vermuten, dass er mit seinen Fingern an seinen Brustwarzen spielte. Wie zur Bestätigung unterbrach Tom sein Summen und gab stattdessen ein leises lüsternes Stöhnen von sich. Seine Gesäßmuskeln kontrahierten heftig, und sein gesamter Torso erbebte und zitterte leicht. Langsam trat Meret von hinten an ihn heran, umfasste ihn mit ihren Armen, legte ihre schmalen Hände auf seine und schmiegte sich an seinen nach Lebkuchengewürz und Schokolade riechenden nackten Körper.
Tom zuckte unmerklich zusammen, als ihre Finger neckend über seine kleinen Kirschkernnippel strichen und dann seitlich an seinem Brustkorb zu seinen Hüften hinabglitten, bevor sie sich nach innen bewegten. Ihre linke Hand schloss sich sanft um sein bereits steil nach oben gerichtetes Glied, an dessen Spitze silbrig-feucht glitzernde Lusttropfen die Erklärung für sein vorheriges Aufstöhnen und das Beben lieferten, das kurz zuvor seinen gesamten Körper durchzuckt hatte, während sich ihre rechte behutsam um seine schon ganz heißen und in sich zusammengezogenen Hoden legte.
„Willst du mich das nicht besser machen lassen, mein geiler Hengst?“, flüsterte Meret und drückte ihm einen zarten Kuss auf das rechte Schulterblatt, bevor sie im Zeitlupentempo auf die Knie sank, ohne Toms Zuckerstange und seine Sahnekugeln loszulassen. „Du bist zum Anbeißen, und genau das werde ich jetzt auch tun. Und danach muss ich dir unbedingt erzählen, was mir eben in der Therme passiert ist…“
© HerrTraumweber, Dezember 2019