OK, konkret
Tantra ist, wie gesagt, eine Sammlung ganz verschiedener Dinge. Jeder Tantra-Praktizierende und noch mehr jeder -Seminarleiter legt da sein eigenes Gewicht auf die einzelnen Bestandteile.
Am Anfang sollte Selbst-Bewusstsein stehen. Was will ich überhaupt? Mache ich Tantra, weil ich dabei was über mich lerne, weil es meine erotischen Fähigkeiten bereichert, oder weil ich glaube, dabei leichter eine Frau zu angeln?
Sinnlichkeit: Ich verdeutliche das mal an einem Beispiel. Was passiert mit mir, wenn ich mir die erste Himbeere des Jahres auf der Zunge zergehen lasse? Ist das einfach nur süß und schmeckt so wie jede andere Himbeere auch — oder kann ich zulassen, dass aus diesem eigentlich eher profanen Akt des Beeren-Essens eine sinnliche Erfahrung wird, an die ich mich noch Jahre später erinnern kann? (Eigene Erfahrung)
Körperbewusstsein: Hier geht es nicht nur um Sex, aber als wichtiges Beispiel: Männer haben oft das Problem, dass sexuelles Verlangen und Erektion, unerwünschterweise, wenig bis nichts miteinander zu tun haben. Woher kommt das? Mache ich mir was vor, brauche ich eine andere Art von Erotik als die, die ich gerade habe, fällt es mir schwer mich zu entspannen (und wieso), oder (wenn das alles nicht zutrifft) wäre evtl. doch das blaue chemische Helferlein von Pfitzer angebracht? Bei Frauen: ersetze steif → feucht, nimm statt Vi*gra Gleitgel: gleiche Problematik.
Sowas rauszufinden ist der zweite Schritt; der erste ist, sich die innere Einsicht anzueignen, um es rausfinden zu
können. Im Idelfall lernt man das beim Tantra, und zwar nicht explizit sondern quasi nebenbei. Wie John Lennen schon sagte: "Life is what happens when you're busy doing other things."
Erotik: Ist das nur Penis-in-Vagina, oder windet sich meine Partnerin genauso unter mir (und stöhnt das Haus zusammen), wenn ich sie "nur" mit einer Feder streichle? Etc.pp.usw.usf.
All das findet sich beim Tantra. Leider aber gepaart mit allerlei Esoterischem. Meridiane, Chakren, Kundalini- und andere "Energie", innere Frau/Mann/Kind, die Abspaltung diverser Emotionen in eigene Sub-Persönlichkeiten ("meine Wut auf meine Mutter will nicht, dass ich den Sex mit B. genieße"), ein seltsames Körperbild ("Atmen Sie in ihren Lingam/ihre Yoni hinein"), 'kosmische' Kräfte, das Göttliche im Partner, dein höheres Selbst, etc.pp. Vieles davon hat, wenn man dran glaubt, durchaus Wirkung, aber eben (aus meiner Sicht)
weil man dran glaubt — und, ebenfalls aus meiner Sicht: die Esoterik mit dem ganzen verklausulierten Brimborium verstellt letztlich den Weg zur Erkenntnis.
Kosten? Naja. Ein Wochenendseminar: in der Größenordnung von 300 Talen. Die Frage, ob zwei oder drei solche deine Lebensqualität so sehr verbessern, dass es das wert ist (eines reicht gerade mal, um Blut zu lecken und die gröbsten inneren Barrieren abzubauen -- und die hat jeder), musst du selber beantworten. Meine Antwort darauf lautet, trotz des besagten mich kräftig störenden esoterischen Beiwerks, uneingeschränkt "ja".
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Demgegenüber ist eine Tantramassage fast schon langweilig. Du legst dich auf eine Matte oder Massagebank, die mit hübschen Tüchern drapiert ist, eine nackte Frau macht mit deinem Körper allerlei angenehme Dinge, holt dir außerdem gekonnt (und vor allem mit einer positiven inneren Einstellung, also alles Andere als mit der Hektik der typischen auf die Uhr schielenden Prostituierten) einen runter, du bist sexuell entspannt und happy, und gehst wieder.
Ach ja: um die 150€ kostet es dich. Ich finde, die Erfahrung ist es wert, aber mehr als ein-zweimal muss ich sie nicht haben, und langfristig habe ich von "richtigem" Tantra viel mehr.
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PS:
Lingam und
Yoni sind die im Tantra gebräuchlichen Worte für Penis und Vagina, weil sie weder klinisch noch schmutzig klingen, und weil es keine wirklich positiv besetzten deutschen Worte für diese Körperteile gibt.