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Das Böse

Das Böse
Es ist durchaus möglich, dass Götter zu uns auf die Erde herabsteigen, um diese Welt besser zu machen. Doch vermutlich kommen sie bevorzugt zu spät, im falschen Augenblick oder sie zeigen sich an Orten, wo sie eh niemand braucht.
Realer scheint deshalb da schon die Hölle, aus der allerhand menschliche Kreaturen immer wieder hochgeschickt werden und die wir als das Böse nie loswerden - zum dunklen Entsetzen einer dann unterirdisch jenseitig gewordenen Welt.

Doch gehörte Pavel Myslowskij zu den Bösen? Sicher, er hatte Urkunden gefälscht, gekonnt, ein Meister und wäre er nicht verraten worden, ginge sein erträgliches Geschäft immer noch munter weiter. - Nein. Pavel zählte sich zu den Guten, einer von denen, die sich kühn gegen einen korrupten Staat und seine Bediensteten stellten und dem Guten auf diese Weise ein weniger gutes Verlangen nach Rache stillten.
Warum auch sollte ein dahergelaufener Natschalnik seinen Namen im Grundbuch unter ein Grundstück am Waldrand ungestraft setzen dürfen, wenn Pavel das genauso gut mit anderen Namen konnte und so seinen Lebensunterhalt verdiente?

Doch die Zeit des Edelmuts war vorbei. Myslowski saß ein in "Buchenwald" - nein, nicht dem KZ -"Buchenwald" wird mit gutem Grund auch der Knast von Schytomyr genannt.
Ein Ort, der den Blick nicht mehr frei gibt auf die makellosen, leuchtenden Farben des Himmels über der ukrainischen Steppe ohne Halbtöne und ohne Übergänge, die sich jedem, der sie einmal gesehen hat, für das ganze Leben einprägen.
Ein Ort aber auch, der es trotz allem nicht schaffte, dass Pavel seine Frau Mathilda vergaß. Die Farbe ihrer Augen verblasste nicht, so oft er sie sich vergegenwärtigte. Die Zeit verwandelte ihr Blau nicht in eine schmutzig trübe, graue Pfütze, sie verwandelte sie auch nicht in die Stahlfarbe der Augen der Aufseher. Mathildas Augen bewahrten eine zeitlose Frische in gleichem Maß wie ihr Bild für Pavel zu einer Ikone wurde - man könnte zurecht sagen: Die Liebe war stärker als die Haft und konservierte Mathildas Güte und Verstand sowie das Labsal ihres weichen, warmen Körpers.

Der Block 12 hatte eigene Gesetze. Dort saßen die Schwerverbrecher ein. Kolja war deren Anführer. Die Köche selbst brachten ihm die leckersten Speisen. Anstatt Anstaltskleidung trug er Anzug. Seine Verbindungen liefen ungehindert in das Gefängnis rein und auch wieder raus. Wehe, einer legte sich mit ihm an!? Der wurde in den Duschen oder in der Wäscherei entsorgt.

Pavel freilich hatte keinen Schimmer, dass Kolja ihn, den Intelligenzler, längst auf dem Kicker hatte und sich einen Spaß mit ihm machen wollte. So deutete es Pavel als Aufstieg in der Hierarchie Abend für Abend den "Zarewitsch", wie er sich nennen ließ, mit Gedichten und Geschichten der Literatur second hand zu unterhalten. So lange bis er ihn schließlich aufforderte, auf schwülstig schmierige Weise Briefe zu schreiben an die Frauen und Freundinnen des Hofstaates - ab dem zehnten wurde es Pavel sogar erlaubt, einen Brief an Mathilda zu schreiben. Er schrieb mit Blut und Tränen und bebendem Herz und floh in Gedanken zu ihr ...
Pavel schrieb aber auch Briefe für noch einen Pavel, einen Namensvetter, die rechte Hand des Zaren, der eines Morgens mit eingeschlagenem Schädel vor der Treppe zum Block 12 aufgefunden wurde, offiziell war er gestürzt.
Auf Geheiß Koljas verfasste Pavel, wer auch sonst, die traurige Nachricht an die Witwe.

Nach fünf ewig langen Jahren öffnete sich für Pavel Myslowskij das Gefängnistor. Wohin sonst als zu Mathilda sollte es ihn ziehen? Er wusste, dass sie auf ihn gewartet hatte. Also machte er sich auf den Weg zu ihrer gemeinsamen Wohnung. Doch das Quartier war mit fremden Schloss verschlossen.
Bei Mathildas Schwester hatte Pavel schließlich Glück jemanden zu treffen. "Jesus Maria!", begrüßte ihn seine Schwägerin, "du lebst!?" - "Das siehst du doch, oder glaubst du, ich bin ein Gespenst!? Sag´ mir, wo ist Mathilda?" - "Setz dich ... aber es kam doch ein Brief aus dem Gefängnis, dass du gestorben bist ...." - "Aber nein. Ich lebe!" Und Pavel breitete seine Arme aus und umarmte und küsste seine Schwägerin.
"Pavlo ... nachdem der Brief gekommen war, hat sich Mathilda voller Kummer von der Brücke über den Teteriw in den Tod gestürzt ..."
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