Viele Faktoren beeinflussen die Trauer...
In meinen 4 Beziehungen habe ich 4 sehr verschiedene Erfahrungen gesammelt, zum einen damit, wie ich die Beziehung selber erlebt habe, zum zweiten wie sich die Beziehung entwickelt hat, drittens wie die Trennung zustande kam und viertens wie die emotionale Reaktion darauf war. Zumindest bei mir hing Letzteres enorm von den ersten drei Faktoren ab. Ich werde hier
sehr ausführlich davon berichten, dann wird vielleicht klarer, wieso es total verschiedene Reaktionen auf Trennungen gibt - selbst von ein-und-derselben Person.
Meine erste Beziehung war gefühlsmäßig sehr intensiv. Obwohl wir beide sehr jung waren und noch zur Schule gingen und es eine Fernbeziehung über unterschiedliche Bundesländer (NRW/BY) war, haben wir jeden Nachmittag lange gechattet und jeden Abend stundenlang telefoniert (sehr zum Ärger unserer Familien, deren Festnetz wir ab 10 Uhr abends blockierten
). Wir haben uns tatsächlich in 2 Jahren Beziehung nur 5 mal überhaupt gesehen, weil sich die Ferien nie überschnitten haben, außer die Sommerferien, wo wir aber oft wegen des Familienurlaubs nur eine "gemeinsame Woche" hatten. Und trotzdem habe ich diese Frau (oder vielleicht damals noch 'dieses Mädchen') geliebt und angebetet wie eine Göttin. Die Beziehung ging zuende, als ich mit der Schule fast fertig war und plante, für das Studium in ihre Stadt zu ziehen. Da bekam sie es mit der Angst zu tun: "Was, wenn es nicht hält und du dann für mich in eine andere Stadt gegangen bist?" Das wollte sie nicht, darum hat sie die Beziehung beendet. Ich wollte das natürlich überhaupt nicht. Meine emotionale Reaktion war heftig; direkt nach der Nachricht habe ich mich 2 Stunden lang übergeben, hatte in der darauffolgenden Woche kurzzeitig Selbstmord-Gedanken (von denen aber niemand weiß), monatelang habe ich jeden Abend getrauert und war drei Jahre lang nicht mehr in der Lage, auch nur daran zu denken, eine neue Beziehung zu beginnen.
Meine zweite Beziehung war grundsätzlich anders. Da hat sich die Frau zuerst hauptsächlich in mich verliebt und mich mehr oder weniger durch viel geschenkte Aufmerksamkeit und kontinuierlichen Kontakt dazu "gebracht", mich
danach auch in sie zu verlieben. Es war auch wirklich emotionale Liebe, nur haben unsere alltäglichen Persönlichkeiten ansonsten nicht sehr gut zusammengepasst. Ich bin jemand, der ziemlich gerade heraus ist, sie hatte ein relativ geringes Selbstbewusstsein und hat sich ständig selber hinterfragt und sich kleingeredet; wenn ich ihr Komplimente gemacht habe, oder gesagt habe, dass ich sie liebe, kam oft eine Antwort "aber wieso, du bist so viel besser als ich, wieso gibst du dich mit mir ab". Nach einem Jahr kamen Zweifel, ob ich so eine Partnerin für immer haben möchte. Im Grunde genommen hatte ich mich daraufhin innerlich längst mit dem Gedanken abgefunden, dass die Beziehung irgendwann zerbrechen würde. Ich habe es nur nicht aktiv herbeigeführt, weil wir beide dennoch eine schöne Zeit hatten. Aber auch dies war wieder Fernbeziehung und wir haben uns selten gesehen, und da wir beide über den Tag wenig erlebten was den jeweils anderen interessierte (der lustige Teil unseres Lebens bestand aus Situationskomik und Insidern mit Kollegen bzw. Kommilitonen, das lässt sich am Telefon schwer teilen), hatten wir uns auch wenig zu erzählen... Und so kam es, dass wir uns beide trotz Beziehung eher wie Singles fühlten, weil wir kaum miteinander sprachen - weswegen sie dann auch die Beziehung beendet hat. Ich hatte vielleicht nicht mit genau
diesem Zeitpunkt gerechnet, aber mit der Tatsache an sich. Deswegen war ich nach der Trennung diesbezüglich sehr gefasst, und konnte relativ schnell "weitermachen".
Meine dritte Beziehung war ein ziemliches Zufallsprodukt. Eine Silvester-Rund-SMS von einem uralten Handy mit einem uralten überteuerten Prepaid-Vertrag, um das Guthaben aufzubrauchen und den Vertrag dann endlich zu beenden - und in den Kontakten war die Nummer einer sehr guten Freundin aus der Zeit noch vor der ersten Beziehung, zu der ich den Kontakt verloren hatte. Sie antwortet überraschend, wir schreiben häufiger, und wie es der Zufall will, hat sie sich zum ersten Mal in ihrem Leben aufgerafft, Deutschland zu besuchen - und zwar die Stadt, in der meine Schwester lebt. Treffen vereinbart, und es hat gefunkt wie im Stahlwerk. Wir waren schon vor dem Kontaktverlust heftig ineinander verknallt, aber wussten beide damals nicht so recht damit umzugehen. Dieses Mal sind wir zusammengekommen. Monatelang waren wir ein sehr glückliches Paar. Aufgrund der Fernbeziehung (mal wieder) haben wir uns wieder nur periodisch gesehen, aber es war wundervoll. Wir waren wie ein altes Ehepaar, scheiß auf gemeinsam durch die Stadt ziehen, wenn man zusammen im Bett ein Kreuzworträtsel machen und dabei immer mal wieder ausgiebig kuscheln kann. Dann eines Tages kam ein Text, der mich eiskalt erwischte. Sie wollte es "nicht länger geheimhalten", aber sie fühlte sich "in einer Beziehung" nicht wohl. Das hatte nichts mit mir oder uns zu tun, aber wenn sie eigene Probleme hatte, wurde ich unwichtig, und wenn ich Probleme hatte, wollte sie nichts davon wissen. Sie wollte nicht, dass es eine einseitige Beziehung wird, wo ich sie emotional unterstütze und sie mich im Stich lassen würde, wenn ich sie brauchte. Sie bezeichnete es als "grundsätzliche Unfähigkeit zu einer Beziehung", der Grund, wieso auch ihre vorherige Beziehung gescheitert war. Die Tatsache, dass es aus heiterem Himmel kam, hat mich enorm umgehauen, und ich habe getrauert, aber eher "still", ich wollte zum Selbstschutz nicht drüber nachdenken und habe öffentlich "den starken Mann" gespielt und wenn das Thema zu sprechen kam mit einem Schulterzucken und einem "tja, kann man nichts machen" das Thema abgewürgt. Da war quasi Gefühlswelt und öffentlich gezeigte Emotion vollkommen verschieden.
Und meine letzte Beziehung war die zu einer Dame, die zum ersten Mal auch viel Wert auf Körperlichkeit gelegt hat - aber leider auch auf viel Aktivität draußen, Parties feiern, Alkohol, Spaß, Spaß, Spaß. Ich als positiv formuliert "ruhiger Zeitgenosse" oder negativ fomuliert "träge Couch-Kartoffel" passte da nicht so recht hinein. Sie wollte mich aber unbedingt dabeihaben. Also ging ich mit, meistens in Form einer Absprache, ich geh da mit hin, dafür macht sie das-und-das zu Hause mit mir zusammen. Nun war sie eine sehr egoistische Frau, und nachdem ich meinen Teil so einer Abmachung eingelöst hatte, nahm sie es mit ihrem Teil meist nicht so genau oder ließ sehr deutlich raushängen, wie scheiße sie das fand, dass ich ihren Teil der Abmachung jetzt wirklich wirklich einforderte. Darüber sind logischerweise viele Streitigkeiten entbrannt. Wir hingen trotzdem sehr aneinander, ich insbesondere an ihr, weil wir tollen ausgefallenen Sex hatten, was ich bisher selten erlebt hatte, und sie insbesondere an mir, weil ich ein guter Zuhörer bin, was sie selten erlebt hatte. Darum war es für uns beide schwierig, die Beziehung zu beenden. Aber als sehr rationaler Mensch war mir klar, dass diese Beziehung aus 50% Drama, 25% gutem Sex und 25% guten Gesprächen keine dauerhafte Zukunft hatte. Schließlich haben wir es beide mit dem berühmten "Ich will nicht, aber es muss sein" beendet. Danach bin ich (auch aus anderen Gründen) ein bisschen in ein Loch gefallen, und hab mich total von anderen Kontakten gelöst, und habe die Trauer mit Arbeit und Ablenkung verdrängt. Hin und wieder kocht es emotional hoch und ich will sie zurück, aber meine Rationalität sagt mir "Es hat damals nicht geklappt, es hat sich nichts verändert, es wird dieses Mal nicht klappen", und das leitet meine Linie, nicht mehr den Kontakt zu ihr zu suchen, und stattdessen jetzt - einige Monate später - aktiv nach jemand anderem zu suchen, mit dem es dann hoffentlich "rund läuft".
Zusammenfassend lässt sich denke ich gut erkennen, dass Trauer keine Frage von "Ja/Nein" ist und auch nicht nur von der Person abhängt. Vielmehr sind Art, Dauer und "Öffentlichkeit" der Trauer das Ergebnis einer komplizierten Gleichung mit vielen Variablen.