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Vier Grad bis zum Gefrierpunkt

****ody Mann
11.640 Beiträge
Themenersteller 
Vier Grad bis zum Gefrierpunkt
Er war einfach wach geworden, vielleicht durch eine innere Unruhe. Seine Augen mussten sich erst allmählich an das grüne Licht der Anzeige des Digitalweckers gewöhnen, ehe er die Uhrzeit ablesen konnte. Es war noch mehr als eine Stunde Zeit. Sie hatte sich tief in einen Deckenberg eingegraben und schlief. Ein paar Haarsträhnen waren in einem dünnen Lichtschein, der von irgendwo draußen kam, zu sehen. Einige Minuten lang blieb er liegen und hoffte, wieder einschlafen zu können, doch dann stand er auf.

Im Bad saß er auf dem Klo und sah den Klebezettel am Spiegel, den er für sich geschrieben hatte. 06:55 Uhr - Flug LX 977 – Tegel. Ihr Abflug nach Zürich. Er konnte sich das nie merken. In 50 Minuten würde er sie wecken, dann hätten sie noch genug Zeit für ein Frühstück ohne Eile. Leise ging er ins Schlafzimmer zurück, blinzelte ins Dunkel hinein, ob sie sich vielleicht schon rührte, doch sie schlief. Mit vorsichtigen Schritten tastete er sich durch den Raum zum Fenster und öffnete es. Er liebte kühle Gartenluft beim Wachwerden und wusste, dass sie es auch mochte. Er hätte sich gerne wieder zu ihr ins Bett gelegt und sich an sie geschmiegt, doch dann hätte er bestimmt mehr gewollt. Dafür aber war nicht genug Zeit. Nichts hasste er so sehr wie stressige Abschiede, weil sein Zeitplan nicht eingehalten wurde. So aber konnte er sich in Ruhe austüddeln.

In der Küche nahm er den Auffangbehälter der elektrischen Kaffeemühle heraus und befüllte daraus das Sieb der Espressomaschine mit dem, was noch vom Abend als Rest enthalten war. Es reichte, eine halbe Tasse zu brühen. Neuen Kaffee würde er später erst mahlen, weil die alte Mühle so laut war, dass sie davon vielleicht wach werden würde.

Sie war für zwei Tage gekommen, er hatte sie am Donnerstagabend vom Flughafen abgeholt, was mittlerweile fast Routine war. Dann waren sie in seiner Wohnung gewesen, damit sie sich umziehen konnte und hatten in einem Restaurant zu Abend gegessen. Bei ihrer Rückkehr nach Mitternacht hatten sich beide nur noch auf das gemeinsame Einschlafen gefreut. Doch dann war es zu vorsichtigen Berührungen gekommen, die zu leidenschaftlichen Liebkosungen wurden, sodass sie immer mehr voneinander gewollt und sich bis zu ihrer beider Erschöpfung geliebt hatten.

Als beide danach zugedeckt neben einander lagen, hatte sie leise etwas von Entzugserscheinungen gesagt und damit auch seine Gedanken ausgesprochen. Er hatte nichts entgegnet, dafür ihre Hand genommen, sie fest an seine Brust gedrückt und sie nicht losgelassen, bis er eingeschlafen war.

Den Rest der Zeit füllten sie mit Unternehmungen fast wie in einer alltäglichen Beziehung, darunter dem 18. Geburtstag seines Patenkindes, der in einer Gaststätte gefeiert wurde. Er hatte sie bereits bei einer anderen Gelegenheit in seinen engeren Freundeskreis eingeführt, so war sie für die wenigsten dort eine Fremde und er ersparte sich nervige Erklärungen, vielleicht auch Lügen, woher sie sich kannten. Bei einem Spaziergang, den sie eigentlich für ein Gespräch nutzen wollten, das aber nicht richtig ins Laufen kam, hielten sie sich bei der Hand. Er hatte vergeblich nach passenden Worten für seine Gefühle gesucht, während sie ihre auf den Punkt bringen konnte. „Wie lange halten wir das so noch durch? Ich fange jetzt schon an, dich zu vermissen.“ Sie hatte Recht, ihm ging es auch so, obwohl anfangs nur sie Bedenken hatte, weil eine Fernbeziehung doch wenigstens die zarte Aussicht auf ein dauerhaftes Zusammensein zu einem späteren Zeitpunkt brauchte und es diese Option bislang nicht gab.

Am Abend des zweiten Tages, dem vor ihrem Abflug, hatte er sie mit einer Bondagenummer mit Haushaltsfolie überrascht. Für ihn war es eine Premiere gewesen und es hatte lange gedauert, bis er endlich mit ihrem Einwickeln fertig war und mit kleineren Quälereien mit einem Mini-Vibrator beginnen konnte. Er hatte angenommen, sie wäre in ihrer Umhüllung noch biegsam genug, dass er, während sie auf der Seite lag, in sie eindringen könnte. Doch er hatte zu viel von ihr und sie einfach zu gut eingewickelt. Sie steckte in der Umhüllung wie in einem Kokon. Letztlich war es zu einer Wellnessanwendung für sie geraten, was er belustigt erkennen musste. Er hatte keine Enttäuschung verspürt, sich vielmehr aufrichtig gefreut, als er sie von der Folie befreit, triefend nass in den Armen gehalten und noch Reste ihrer Lust mit seiner Zunge an ihr geschmeckt hatte.

Nicht ein einziges Mal, wenn sie bei ihm war, fühlte er sich gedrängt, die begrenzte gemeinsame Zeit ökonomisch zu behandeln. Eine Stunde, in der sie in einem Buch las, während er sie nur betrachtete, war für ihn so viel wert, wie die innigste Umarmung. Wie groß auch die Unvernunft war, die man ihnen beiden vorwerfen konnte, für die gemeinsamen Momente schien eine Perspektive, die im Nebel lag, bedeutungslos zu sein. Noch jedenfalls.

Das Frühstück war nun fertig, er musste sie jetzt wecken. Er tat das mit einem Kuss auf ihre Wange. Sie versuchte, ihn zu sich unter die Decke zu ziehen, obwohl er bereits angekleidet war. Dann spürte sie seine Anspannung. Sie wusste, dass er die Zeit im Auge hatte. Sie lächelte und stand auf, ging ins Bad. Als sie gemeinsam beim Frühstück saßen, erkannte sie an der Art wie er den Küchentisch gedeckt hatte, liebevoll aber nicht zu festlich, seine Absicht für sie eine anheimelnde Atmosphäre zu schaffen. So hätte das auch bei ihr daheim aussehen können und das rührte sie. Wie seltsam es war, so weit entfernt von zu Hause diese Vertrautheit zu einem Ort zu haben, weil sie sich ihm so nahe fühlte.

Er räumte den Tisch nicht mehr ab, wollte einfach los und brachte ihr Gepäck zum Wagen, während sie sich noch fertig machte. Als sie aus dem Haus kam, stand er an der geöffneten Fahrertür und rauchte. „Ist eine lange Fahrt. Steig schon mal ein, ich bin gleich fertig.“ Sie lächelte, ließ die Autotür aber noch geschlossen. „Wir sehen uns frühestens in fünf Wochen, es sei denn, du kommst mich besuchen.“ Er schwieg, denn er konnte sie vorerst nicht besuchen, sie wusste das.

Die Straßen waren leer, es war Sonntag und sie fuhren an ausgeschalteten Ampeln vorbei auf Vorfahrtstraßen, zumeist ohne halten zu müssen. Lange, seit sie von seinem Haus gestartet waren, hatten beide geschwiegen, dann redete sie. „Hast du über uns nachgedacht?“ Sie schaute ihn an und er zögerte, weil er den Wagen gerade in die Auffahrt zur A 113 lenken musste. „Nein“, er wusste, dass das als Antwort nicht reichen würde. „Doch, natürlich habe ich über uns nachgedacht.“ Er blickte sich um, wechselte die Spur, um einen Reisebus zu überholen und scherte wieder rechts ein. „Ich weiß auch nicht.“ Seine Worte klangen müde. Er wusste es wirklich nicht und ihn befiel wieder eine Traurigkeit, wie er sie am Abend zuvor bereits verspürt hatte. Danach verebbte das Gespräch und sie schaltete irgendwann das Radio ein.

Hinter der Abfahrt „Adlershof“ erklang von der Instrumentenanzeige seines Wagens her ein Warnton, als sie die Brücke über den Teltowkanal überfuhren. „Was war das?“, wollte sie wissen und klang dabei ein wenig besorgt. Er sah, dass der Frostwarner angesprungen war. „4 Grad.“ Sie stutzte. „Was bedeutet das?“ „Na, es sind nur noch vier Grad bis zum Gefrierpunkt, Zeit für Winterreifen“, erklärte er. Sie beugte sich zu ihm herüber, um in die Anzeige schauen zu können. „Und, hast du sie schon bereit liegen?“ Er schüttelte den Kopf. „Gibt hier eh keinen Schnee.“ Es schien ihm müßig, ihr zu erklären, dass er seit zwei Jahren nur mit Sommerreifen fuhr. Es hatte schon lange nicht mehr geschneit.

m.brody
*********dBoy Mann
52 Beiträge
Danke wieder einmal für eine so natürlich beschriebene Situation, m.brody. Ich lese deine Worte und denke mir: "Ja, so ist das Leben." Du machst es einfach mitzufühlen, auch wenn das Lebens selbst nicht einfach ist.
****ody Mann
11.640 Beiträge
Themenersteller 
@**k Herzlichen Dank für Deinen Kommentar!

Manchmal denke ich, dass Liebe sich immer wieder unter Beweis stellen muss. Grundsätzlich bin ich aber überzeugt, sie findet Wege. Es ist ihre Natur.
Keine Beschreibung angegeben.
**SK
7.791 Beiträge
das kannst eben nur du ... zwischenmenschliches so leise und doch so fassbar schreiben. nicht beschreiben, nein, schreiben, dass man da mittenhein gleitet ... als leser, so als ob man ein teil des ganzen wäre ...

*g*
****ody Mann
11.640 Beiträge
Themenersteller 
@*********ose_K Danke! *blume*
*******odot Frau
1.641 Beiträge
Du hast uns nur die kaltrauchige, müde und deprimierende, wortkarge VOR-Abschiedsszene geschenkt? Nicht mal den Abschied selbst? Oder die rauschendschöne Ankunft, den selbstvergessenen, glücklichen Mittelteil, den göttlichen Sex?

Das morgens um 6 Uhr lesen zu müssen - nach einer Nacht, in der ich ohne guten Grund drei Stunden wach gelegen habe, erfüllt mich nicht gerade mit Enthusiasmus.

Aber manche Deiner Geschichten sind eben wie neue Schuhe: unbequem und schmerzhaft - und unwiderstehlich schön.
****ody Mann
11.640 Beiträge
Themenersteller 
Ich hatte bislang drei Fernbeziehungen und ich erinnere, wie schwierig Gespräche zu Zukunftsoptionen waren. Ich selbst konnte niemals mit der Zuzugsvariante aufwarten und keine der Frauen dachte ernsthaft über ein Wechseln in meine Stadt nach. Man lässt sich auf eine Liebe ein oder nimmt die Gefahr in Kauf, dass es dazu wird und plant das schmerzhafte Ende schon mit ein. Vielleicht verschließt man auch einfach die Augen und denkt nur von einem Treffen zum anderen. Das Thema musste einfach mal raus. Vielen Dank für's Lesen und für die Kommentare!
*********emme Frau
700 Beiträge
Ich liebe diese Geschichte.
Und ich liebe die Erinnerungen, die sie weckt. An die Hand, die meine fest an die Brust drückte. An das Parkhaus am Flughafen. Und das indische Restaurant, Boeuf Bourgignon, verbrannte Finger und New York Burger. Aber das war eine andere Geschichte.
so liebevoll!
danke *g*
****ody Mann
11.640 Beiträge
Themenersteller 
Ich danke für Eure Kommentare!
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