Der Froschfänger aus Heldenstadt

Adelbart Rittmeister schritt durch die verstaubten Bankreihen und blitzte seinen Zögling über den Rand seiner Halbmondgläser an. Die Brille saß gerade noch auf der Spitze seiner Adlernase, als seine alte Hand in ihre Richtung fuhr, um sie mit spindeldürren Fingern an Ort und Stelle zurechtzurücken.

Fritzchen Kleinfuß schluckte, und seine Handinnenflächen schwitzten.
Er wollte viel lieber im „Café blaue Pause“ abhängen und etwas Abgefahrenes schreiben oder zeichnen, als seinen Oberlehrer sagen zu hören, wie etwas zu sein hat und wonach etwas bewertet werden sollte.

Adelbart Rittmeister schwadronierte gerade vom korrekten Deutsch als das Maß aller Dinge und zerlegte mit dem Zeigefinger streng jedes Wort und jedes Bild, was Fritzchen Kleinfuß morgen schon hätte zeichnen beziehungsweise schreiben wollen würde, als es im Klassenzimmerschrank links hinten in der Ecke laut rumste.

Die Schranktür schwang knarzend auf und ein nasser Tafelschwamm flog quer durch den Raum und landete inmitten von Adelbart Rittmeisters Gesicht. Aus den Tiefen des Schrankes ertönte ein vielstimmiges Lachen, das sich wie der Chor der Verdammten anhörte.

Eine der Stimmen grölte, das gefälligst die Anarchie herrschen sollte.
Wohingegen eine Andere einwarf, dass man wenigstens Herrn Adelbart Rittmeister fein säuberlich beseitigen sollte, damit man wieder aufatmen und sich frei bewegen könne.
Und wiederum eine andere Stimme flehte Fritzchen Kleinfuß an, mal das Klassenzimmerfenster zum Zwecke einer Stoßlüftung aufzureißen, denn es sei hier so stickig geworden …

Fritzchen Kleinfuß kicherte. Seine Hände schwitzten nicht mehr.
Er erhob sich sehr langsam, lächelte seinen erbosten Oberlehrer an und meinte frohgemutes, dass er jetzt das „Café blaue Pause“ besuchen würde und ob er denn nicht mitkommen wollen würde, um sich ein wenig frischen Wind um die Nase wehen zu lassen.

Die Stimmen in dem Klassenzimmerschrank verstummten, und es hüpften nacheinander bunt gescheckte Knallfrösche aus der offenstehenden Schranktür.
Als Fritzchen Kleinfuß seine Flöte aus der Hosentasche zog und einen auf Froschbändiger machte, folgten ihm Froschschenkel auf Froschschenkel, und der Froschfänger aus Heldenstadt ward geboren.
Ob das Spiel nun von vorne begann, würde sich allerdings erst zeigen müssen … );°)

© CRK, Le., 04/2019