Vor dem Anschreiben:
- Profil lesen
Man kann es eigentlich gar nicht oft genug sagen, aber zu 90% scheitern Anschreiben bei mir daran, dass jemand - offensichtlich - mein Profil nicht gelesen hat. Zum Profil lesen gehört mehr, als nur abzugleichen, ob die Frau auf der Suche nach einem Mann ist oder ungefähr dieselben sexuellen Vorlieben hat. Lies den Profiltext. Passt du wirklich in ihr Suchschema? Hat sie vielleicht gewisse Hinweise in Homepages ausgelagert? Dann lies auch die. Lies so viel, wie sich dir bietet, auch wenn es viel ist. Hast du wirklich ernsthaftes Interesse an dieser Frau, lies, falls vorhanden, auch ihre Forenbeiträge.
Ein paar Beispiele:
Wenn eine Frau auf der Suche nach einer Frau ist, macht es wenig Sinn, sie als Mann anzuschreiben.
Wenn eine Frau ganz explizite Merkmale bevorzugt (auch wenn man die blöd findet), macht es keinen Sinn, sie anzuschreiben, wenn man diese Merkmale nicht aufweist.
Wenn die Frau nach einer Beziehung sucht, macht es keinen Sinn, sie nach einem Sexdate zu fragen und vice versa.
Wenn die Frau explizit nur im Bereich BDSM sucht, macht es keinen Sinn, sie "einfach so" kennenlernen zu wollen, wenn man nicht das ist, was sie sucht.
Mag die Frau keine Raucher, schreibt man sie nicht an, wenn man raucht.
Macht die Frau in ihrem Profil deutlich, dass sie nicht für schnelle Dates zu haben ist, schreibt man sie nicht gleich mit einem Vorschlag zum Treffen an und fällt mit Datum und Uhrzeit ins Haus.
Ein bisschen erfodert Profile lesen auch Empathie, um zwischen den Zeilen lesen zu können. Man sollte schon wirklich überzeugt sein, jemand zu sein, der ins Suchraster passt, denn das erhöht die Chancen, überhaupt eine Antwort zu bekommen.
Beim Anschreiben:
Sicher gibt es ein paar allgemeine, praktische Tipps, aber es ist auch einfach viel Glück dabei. Unterschiedliche Frauen bevorzugen unterschiedliche Anschreiben, deswegen kann ich hier eher von meiner Perspektive aus schreiben und davon, wie ich gerne angeschrieben werde. Die nächte Frau könnte das total blöde finden. Alles nicht so einfach.
- Motivation
Tatsächlich finde ich Anschreiben sehr schwierig, die im Grunde nur lauten "Mir gefällt dein Profil, ich würde dich gerne kennenlernen." Die erste Frage, die sich mir da stellt, ist:
Warum?
Warum möchtest du mich kennenlernen? Was hat dir besonders an meinem Profil gefallen und warum glaubst du, dass ich dich kennenlernen sollte? Es ist so ziemlich das Erste, worauf ich achte: Die Motivation hinter dem Anschreiben.
Manche schreiben mich nur an, um sich für irgendetwas zu bedanken oder um mir ein Kompliment zu geben. In den meisten Fällen kann ich darauf auch antworten und hin und wieder ergibt sich so bereits ein Gespräch. Manche schreiben mich konkret an, weil sie mich kennenlernen wollen und hier wird's interessant. Mir ist nämlich wichtig, dass mich jemand kennenlernen will, weil er Gemeinsamkeiten entdeckt hat und zumindest recht selbstbewusst annimmt, wir könnten zueinander passen. Darum finde ich es gut, wenn jemand direkt schreibt, was ihn auf mich hat aufmerksam werden lassen und welcher Impuls schließlich dazu geführt hat, dass er mich hat anschreiben wollen.
- Absicht
Nach der Frage, was ihn auf mich hat aufmerksam werden lassen und wo er unsere Schnittmengen sieht (hier Bezug zum Profil nehmen), ist mir wichtig zu erfahren, was genau jemand von mir will. Die Absicht sollte, zumindest für mich, über das Interesse am gemeinsamen Kaffeetrinken hinausgehen. Menschen, die mich angeschrieben haben und die ich im Anschreiben interessant fand, waren sehr ehrlich, was ihre Absichten betraf. Sie sagten, was sie sich vorstellen konnten, was sie gerne mit mir unternehmen wollten und ob sie nur mit mir befreundet sein wollten, ob Sex eine Rolle spielen könnte, oder ob sie zum Beispiel BDSM-bezogen an mir interessiert sind.
Manche Frauen mögen es allerdings nicht, wenn man in seinen Vorstellungen zu weit nach vorne greift und bevorzugen neutralere Mails, in denen lediglich eine Kennenlernabsicht rübergebracht wird. Aber ich persönlich finde es einfach interessant zu erfahren, um was die Gedanken desjenigen kreisen, der mich anschreibt. Was er sich vorstellt, was ihm gefallen könnte und wie es zwischen uns im Idealfall ausehen sollte. Ich will wissen, was jemand mit mir "vorhat" und wo die Reise hingehen soll. Hier ist nämlich auch wichtig, ob die Vorstellungen beider konform gehen, ob sie sich miteinander dasselbe vorstellen können. Wenn mich nämlich jemand fotografieren will, kann ich gleich sagen "Is nicht". Wenn mich jemand fesseln will, überleg ich mir das vielleicht, bzw denke darüber nach, ob ich mir das mit ihm vorstellen kann.
Also im Kern sind mir Aussagen darüber am wichtigsten,
warum mich jemand angeschrieben hat und
was genau er von mir will. Ich brauche das, um überlegen zu können, ob mich das inhaltlich - und damit auch menschlich - überhaupt interessiert.
- Freundlichkeit, Empathie und Respekt
Sollte natürlich eigentlich selbstverständlich sein, aber manchmal habe ich das Gefühl, dass die Vorstellungen darüber, was freundlich und respektvoll ist, ein wenig auseinanderdriften. Ich persönlich finde es zum Beispiel nicht freundlich, in einem vulgären Ton angesprochen zu werden. "Dir würd ich's gern besorgen" und Konsorten sind für mich keine Art, ein Gespräch zu beginnen und ich empfinde es als respektlos, wenn jemand, den ich nicht kenne, von mir will, dass ich ihm meine privaten Alben öffne.
Auch die Sache mit der Empathie ist sowas... Normalerweise sollte man beim Lesen des Profils ein ungefähres Gespür davon bekommen, was man sich "erlauben" darf und was nicht. Ich zum Beispiel bin ein introvertierter Mensch, habe für diese Charaktereigenschaft sogar eine ganze Homepage angelegt, nur damit Menschen auch verstehen, wie ich ticke. Jemand, der empathisch ist, würde daher verstehen, dass mich Drängelei und Smalltalk tierisch stressen.
Auch das schriftliche Abarbeiten des eigenen Kopfkinos finde ich persönlich weder freundlich, noch respektvoll. Ich fühle mich nicht geschmeichelt, wenn mir jemand völlig Fremdes einen ellenlangen Text mit seinen sexuellen Fantasien mit mir schreibt. Dass Penisbilder nur auf explizite Anfrage verschickt werden sollten, versteht sich auch von selbst.
- Gesprächsaufhänger und Fragen
Für mich lädt eine Mail zum Antworten ein, wenn sie mehr als nur einen Steckbrief und eine Kennenlernabsicht beinhaltet. Ich bin nicht beim Casting, ich will Menschen nicht abarbeiten, sondern mich mit ihnen unterhalten können. Gesprächsaufhänger ergeben sich fast immer, wenn man das Profil gelesen und Gemeinsamkeiten entdeckt hat, auf die man aufmerksam machen kann. Am leichtesten zu beantworten sind für mich daher Mails, die auf diese Gemeinsamkeiten eingehen und in denen Fragen gestellt werden. Fragen signalisieren gleichzeitig auch ein erweitertes Interesse an der Person und natürlich sprechen wir hier nicht von Fragen wie "Wie geht's dir so?", die im Grunde nur höfliche Floskeln sind, für die sich keiner wirklich interessiert. Stelle Fragen und gib mir die Gelegenheit, sie zu beantworten und so etwas detaillierter über mich zu erzählen. So entsteht ein Gespräch, indem man sich gegenseitig Fragen stellt und voneinander erzählt.
- Authentizität
Bei allen Tipps und "Regeln" finde ich es wichtig, dass man sich beim Anschreiben wohlfühlt und nicht das Gefühl hat, eine Liste abarbeiten zu müssen, nur um jemandem zu gefallen. Ein Anschreiben sollte nicht in Büroarbeit ausarten und wenn du dich unwohl fühlst und merkst, dass du nicht du selbst sein kannst - lass es. Eine Maske aufrecht zu erhalten ist anstrengend und führt zu nichts.
Ich merke im Gespräch sehr schnell, ob sich jemand mit mir wohlfühlt und sich locker, unverkrampft und selbstbewusst mit mir unterhält, oder ob er versucht, sich zu "verkaufen". Letzteres setzt auch mich unter Druck und bereitet mir Unbehagen, weil ich nicht etwas aufgeschwatzt bekommen möchte wie auf einem Basar.
Sicher ist es so, dass man jemanden möglichst so anschreiben sollte, wie er sich das wünscht (weil es die Aussicht auf Erfolg erhöht), aber wenn das bedeutet, nicht so sein zu dürfen, wie man ist, dann lässt man es lieber. Denn sich verstellen tut einem nicht gut und wirkt auf mich auch abschreckend.
Noch ein paar allgemeine Tipps:
• Ich finde es schön, wenn jemand mit Hallo beginnt und mit Grüßen endet, sodass das Ganze wie ein wirklich höflicher Brief rüberkommt.
• Das Mittelmaß zwischen zu wenig und zu viel Text finden. Einzeiler sind genauso abtörnend wie 5000 Wörter Lebenslauf.
• Ich persönlich mag Komplimente, fühle mich aber äußerst unwohl, wenn mich jemand damit überschüttet und auf ein Podest hebt. Es weckt in mir die Angst, den Erwartungen nicht gerecht werden zu können. Ich bin auch nur ein Mensch, darum: Nicht übertreiben.
• Hat man, aus welchen Gründen auch immer, kein Profilfoto, sollte man das in einer Nachricht anhängen. Die meisten wollen wissen, mit wem sie sprechen.
• Nicht drängeln. Persönlich verstehe ich die Erstmail als reine Kontaktaufnahme, aus der sich dann Interesse entwickeln kann. Niemand will gerne beim ersten Kontakt überfahren werden.
• Humor. Wer ihn hat, darf ihn auch gerne zeigen. Humor ist sexy.
• Ein Nein, oder auch keine Antwort akzeptieren können, so blöd man das auch findet. Es hilft nicht, nochmal ein "Schade" hinterherzuschreiben oder einen Verhandlungsversuch zu starten.
Ich glaube, dass das Lesen des Profils und das Eingehen darauf mitunter das Wichtigste überhaupt ist. Viele Anschreiben könnte man sich nämlich auch sparen und damit auch ganz viel Frust. Aber natürlich sind auch noch so viele Gemeinsamkeiten kein Garant dafür, dass es klappt. Das Glück spielt eine große Rolle - Glück, dass man jemandem zufällig gefällt.