Ich denke, wenn die Situation von liebevoller Fürsorge in Kampf kippt, dann hat man die Grenze der liebenswerten Macken und Befindlichkeiten überschritten und kämpft am Ende um nichts anderes als darum, nicht anerkennen zu müssen, dass alles, was man gibt, einseitig ins Leere läuft.
Das ist Energie, die nicht zu einem zurück fliesst, was nichts mit Tausch, wohl aber mit Sinnhaftigkeit zu tun hat.
Jedes Jahr gehöre ich zu einem privilegierten Kreis Menschen, die für Kinder Weihnachtsgeschenke kaufen dürfen, deren Familien sich keine leisten können. Wir kennen die Kinder und Familien nicht, bekommen lediglich die Wunschzettel. Ich beschenke immer mehrere Kinder, dankbar, dass ich es kann, nicht vergessend, dass ich zwar keine eigenen habe, aber Teil einer Gesellschaft bin, die durchaus Verantwortung für den Nachwuchs hat.
Ich nehme mir immer viel Zeit, wähle sorgsam und liebevoll aus, kaufe wertige Dinge.
Es ist ein liebevolles Geben und obwohl ich nie etwas zurück bekomme, nicht mal ein Dankeschön, denn es ist Teil des Konzepts, dass es ein wirklich selbstloses Schenken ist, ein bedingungsloses, fühle ich mich jedes Jahr sehr beschenkt.
Würde mich jemand fragen, was es mich kostet, kann ich lächelnd sagen, nichts. Es kostet mich nichts, im Gegenteil schenkt es mir Freude und Dankbarkeit.
Kampf hingegen kostet mich. Beim Boxkampf zum Beispiel sind die Schläge, die die meiste Kraft kosten die, die ins Leere gehen. Wo keine Rückgewinnung von Energie stattfinden kann, da es nicht einmal einen Widerstand gibt.
Wenn ich in meiner Partnerschaft also kämpfen muss, es mich Kraft kostet, was ist denn dabei das wirklich Zehrende?
Eine anstrengende Auseinandersetzung erzeugt lediglich eine Müdigkeit wie nach jeder anderen getanen Arbeit auch. Das zehrt nicht aus, man kann sich gut und schnell davon erholen.
Kämpfen, sich verausgaben, das passiert nur in der Einseitigkeit. Wenn man zusehen muss, wie alle Bemühungen spurlos, achtlos am anderen vorbei gehen, abprallen. Oder, manchmal wird auch das noch getoppt, mit Füßen getreten und verhöhnt werden.
Ich trenne die Pflege der Beziehung nur bedingt vom Liebesgefühl, ist sie doch am Ende nichts anderes als der Ausdruck der Liebe.
In Liebe handle ich anders als in Gleichgültigkeit oder Abscheu. Ich kann gar nicht anders.
Umgekehrt kann ich auch nicht die Augen davor verschließen, wenn mein Gegenüber mich nicht gut behandelt.
Für mich greifen dann zum einen das gewiss schmerzhafte Anerkennen dessen, was uns nicht mehr eint. Ebenso die Selbstfürsorge mich nicht wie ein Fußabtreter behandeln zu lassen.
Es geht nicht darum, dass ich denke, ich muss Liebe entziehen, wenn ich keine bekomme. Das ist Quatsch. Aber anerkennen, dass der andere sich bereits verabschiedet hat und nur die Klärung aussitzt aus der eigenen Bequemlichkeit, das kann ich schon.
Im Stich lassen? Wenn ich bleibe, lasse ich mich im Stich, das ist gewiss. Wenn ich kämpfe helfe ich dem anderen, mich schlecht zu behandeln.
Wenn ich gehe, wen lasse ich da im Stich?
Es gibt immer Ausnahmesituationen. Z. Bsp. jemand erkrankt. Das ging meinem letzten Partner nach einer Traumatisierung so. Natürlich habe ich ihn zunächst nicht im Stich gelassen, er hat alles bekommen, was es gebraucht hat. Zeit, Geduld, Verständnis, Hilfsangebote. Er hatte die Situation rational auch verstanden und anerkannt. Aber eben nur rational. Er hat in drei Jahren nicht ein Angebot zur Hilfe annehmen können.
Ein „wir“ konnte es ohne ein „ihn“ nicht mehr geben.
Dass ihm das passiert ist, dafür kann er nichts. Dass weder wir, noch er sich und schon gar nicht ich es ihm Wert waren Hilfe anzunehmen war eine Entscheidung.
Meine Entscheidung war es, ihn seiner zu überlassen und dafür zu sorgen, dass sein Problem nicht länger mein Lebensmittelpunkt ist.
In einer Illusion des Kampfes könnten wir noch heute zusammen sein. Er würde weiter fleißig seine Schatten streicheln und ich wäre jetzt wahrscheinlich zusammen gebrochen in einer Klinik.
Wie sehr mich das ausgezehrt hat, diese Phase des ihn nicht im Stich lassens, habe ich erst hinterher gemerkt, als die Grundanspannung nachgelassen hat.
Es gibt für mich in einer Partnerschaft nichts um das zu kämpfen sich lohnt. Gar nichts.