malochio:
Ein toller Beitrag. Dem möchte ich nur noch hinzufügen, dass Vergleiche nicht unbedingt ein "Ich will auch" nach sich ziehen müssen. Mit ein bisschen Grips lassen sich die vielen rosaroten Fassaden leicht durchschauen und es wird ein "will ich auf gar keinen Fall" draus. Fragt man das Hochglanzpaar mal, wann es das letzte Mal geilen Sex miteinander hatte, sieht die Welt meist schon eher betreten-grau aus
Mein Partner hat jahrelang zwei männliche Vorbilder gehabt - beide habe ich fast auf den ersten Blick auseinander genommen und kein halbes Jahr später ist bei beiden die glänzende Fassade gebröckelt und was zum Vorschein kam, ist widerlich (ist es tatsächlich).
In allen Bereichen ist unser Leben in den letzten 100 Jahren besser geworden: Mehr Wohnraum pro Kopf, mehr Mobilität, preiswerte Lebensmittel, Bildungsangebote, Freizeitaktivitäten!
Deine Definition von "besser" ist genau das Problem. Weil es als besser empfunden wird, billiges Junkfood zu schaufeln als selbst mal die eigene Gartenerde rund ums Gemüse, weil ein großes Loft wichtiger ist als die Oma in der Nähe zu haben, deswegen sind wir heute da, wo wir sind. Mit Depressionen, Burn Out, Klimawandel, Armut und obszönem Reichtum.
(Ich nehme mich da nur partiell raus. Ich mag großzügiges Wohnen auch lieber und würde mir auf keinen Fall die Bude mit meiner Mutter teilen wollen.)
Ich glaube, dass allgemeine unglücklich-sein hat viel damit zu tun, dass man viel zu viel erwartet. Man sieht andere und glaubt, dass die es besser haben, als man selbst. Weil oft auch die Illusion erzeugt wird, dass alles läuft, bei anderen. Im privaten Umfeld kenne ich kaum jemanden, der jetzt Hollywoodlike happy ist in seiner Beziehung.
Ja!
Aber es hat eben auch etwas damit zu tun, dass mehr Wohnraum pro Kopf eben nicht automatisch besser ist, sondern wir uns mit all den vermeintlichen Verbesserungen viel zu weit von unseren Wurzeln entfernt haben. Nach Joachim Bauer fehlen den Meisten heute drei Beziehungen: Die zu sich selbst, die zur Umwelt und die zu anderen Menschen. Selbstwirksamkeit erfährt heute kaum noch einer so richtig, ein gut funktionierendes soziales Netz wird auch immer seltener.
Hier geht es ja aber um LIEBESglück, nicht um Lebensglück. Beides ist für mich zwar verwoben, aber das Lebensglück ist nur teilweise vom Liebesglück abhängig.
Um in meiner Beziehung glücklich zu sein, in unserer Liebe, brauche ich ein paar Basics:
Ich will in erster Linie als Mensch und Frau gesehen und geliebt werden, ich möchte spüren, dass mein Partner sich genauso wie ich bemüht, das Funkeln es Anfangs nicht zu verlieren bzw. es immer wieder neu zu entdecken. Ich will was meine Lebenseinstellung und die Begleitung unseres Sohne angeht am selben Strang ziehen. Und was mir nach einer diesbezüglich mistigen Beziehung sehr wichtig ist: Ich will genialen meiner Neigung entsprechenden Sex und einen Partner mit Ambitionen.