The Women – Von großen und kleinen Affären
Klatsch und Tratsch, Shopping und Wellness, fremdgehende Ehemänner: Diane Englishs Neuinterpretation des Klassikers von 1939 wartet neben einem großen Starensemble vor allem mit einem auf: mit Klischees, die durchaus Spaß machen können.
Die ganze Stadt scheint es schon zu wissen: Mary (Meg Ryan) wird von ihrem Mann betrogen. Erst bei der Pediküre erfährt sie diese Demütigung von der ahnungslosen Kosmetikerin Tanya (Debi Mazar), die ihr von der Affäre ihrer Freundin Crystal, einer Mitarbeiterin der Parfümerieabteilung (Eva Mendes), berichtet. Für Mary scheint eine Welt zusammenzubrechen, erst recht, als die Story auch noch in der Klatschpresse breitgetreten wird. Mary tritt den Rückzug ins Private an, um in guter Manier ihrem Liebeskummer nachzugehen, die Männerwelt auf ewig verfluchend. Erst mit der Hilfe ihrer Freundinnen Sylvie (Annette Bening), Chefredakteurin eines großen Modemagazins, Alex (Jada Pinkett Smith), einer lesbischen Bestsellerautorin, und Edie (Debra Messing), einer mehrfachen Mutter, fasst Mary wieder Fuß im Leben, und dies erfolgreicher als zuvor.
Als 1939 Die Frauen (The Women) in die Kinos kam, war es eine Neuheit und fast schon ein Skandal: in George Cukors Film kamen keine Männer vor. Zwar drehte sich im Dialog und im Plot fast alles um das sogenannte starke Geschlecht, doch zu sehen war es nicht. Es gehört daher schon fast zu den Allgemeinplätzen, dass die Inszenierung eines Remakes dieses Films die Frage aufwirft, welcher Teil der Handlung nun einer Aktualisierung bedurfte, um ein solches Vorhaben zu rechtfertigen. Die Drehbuchautorin Diane English, die mit The Women nun ihre erste Regiearbeit vorlegt und dazu auch das Skript verfasst hat, will den Film aber mehr als Hommage denn als Remake verstehen. Die Bitterkeit, die Joan Crawford und Norma Shearer Ende der 30er Jahre in ihr Spiel legten und die die Stimmung des Films bestimmte, ist einer gewissen ironischen Brechung und einem warmherzigen Ton gewichen, die den Film und seine Darsteller von innen heraus leuchten lassen: Der Starttermin in der Vorweihnachtszeit ist perfekt gewählt.
Anders als eine Hommage, wenn implizit auch eher auf neuere Produktionen, funktioniert der Film aber nicht so richtig. Meg Ryan, durch einen Großteil ihrer Filme auf jene romantischen Komödien festgelegt, in denen die Unmöglichkeit der Zweisamkeit zur Debatte steht (daran konnte auch In the Cut (2003) nicht viel ändern), scheint hier als eine Dublette von Sarah Jessica Parkers Charakter Carrie Bradshaw aus Sex and the City (1998-2004) zu agieren. Und in der Tat meint der Zuschauer die einzelnen Teile des Films alle irgendwie von irgendwoher zu kennen. Die taffe Sylvie entführt als Redakteurin eines Modemagazins in eine Welt, die man in Der Teufel trägt Prada (The Devil wears Prada, 2006) schon zu genüge kennen und gleichzeitig hassen gelernt hat. Und auch dem Mikrokosmos der Frauen wurde in den letzten Jahren immens Aufmerksamkeit geschenkt. Seien es Serien wie die Gilmore Girls (2000-2007) oder die Desperate Housewives (seit 2004) oder aber die Rückkehr der Sex and the City-Clique in einem großen Kinofilm (2008): Die Welt der Frauen scheint bekannt. The Women wird durch dieses Vorwissen, das durch die üblichen Alltagsklischees zu einer Form des kulturellen Gedächtnisses geprägt wird, zu einem Palimpsest, das die Vorbilder des Films nur zu deutlich erkennen lässt.
Die Klischees sind dann auch jenes zweischneidige Schwert, das den Film stört, ihn aber auch gleichzeitig retten könnte. Vom Terminator-Blick, der beim Einkaufen die besten Schnäppchen gezielt ortet, über das Entsetzen über die Meldung in der Klatschpresse, dass auch Stars Zellulitis haben können, bis hin zum obligatorischen Zählen der Fettpunkte (das eine ernstzunehmende Ernährungswissenschaft längst ad acta gelegt hat) wird kaum ein Allgemeinplatz über das weibliche Geschlecht ausgelassen. Klischees eben, die nicht nur die moderne Frau treffen, sondern das Reden über das weibliche Geschlecht über Jahrzehnte hinweg begleitet haben und weiterhin begleiten werden. Versteht der Zuschauer aber erst einmal dieses (vielleicht unbeabsichtigte) Spiel mit den Klischees und vermag sich darauf einzulassen, ohne mit verdrehten Augen leise in sich hineinzustöhnen, kann der Film Spaß machen – und wird somit fast schon zum postmodernen Ratespiel, ob sich die eigenen Klischeevorstellungen und die der Regisseurin decken. Zu ernst nehmen sollte man den Film dabei jedoch nicht, denn mehr als eine Bestandsaufnahme der zeitgenössischen filmischen Darstellung von Frauen-Klischees ist er nicht.
Durch diese Lesart bleibt auch das Ende des Films verzeihlich, das erneut den Befreiungsschlag der Protagonistin von der Erblast ihrer gescheiterten Beziehung nachzeichnet. Zu fragen wäre hier, ob nicht Jahre der Emanzipation den Bach runtergehen, wenn Mary nur der Weg der Karrierefrau bleibt, nachdem ihr Mann ihr das Herz gebrochen hat. Andere Konzepte von Weiblichkeit – wie die Mütterlichkeit – und die damit verbundenen Schwierigkeiten kommen zwar vor, werden jedoch nur nebenbei abgehandelt, die betreffenden Handlungsstränge finden stets ein gutes Ende. Wie die pubertierende Tochter wirken diese Einschübe eher störend. Zwar kommt der Film nicht, wie manche andere Produktionen, immer wieder auf die Schwächen der Männer zu sprechen, allzu gut weg kommen sie aber, trotz ihres physischen Fehlens, nicht. Und als am Ende des Films – erneut ganz weihnachtlich – ein Kind geboren wird, ist es zwar nicht der Erlöser, aber eben doch ein Mann. Negiert der Film sich hier etwa selbst, oder reicht er gar die Hand zur Versöhnung?
Quelle:
http://www.critic.de/filme/detail/film/the-women---von-gro%E3%FFen-und-kleinen-aff%E3%A4ren-1457.html
gruß,