Da machste aber ein ziemlich grosses philosophisches Fass auf. ^^ Was der Artikel u.a. mit Hinweis auf die Libet-Experimente anreisst, ist ja nicht "nur" die Frage, wie wir Handlungsentscheidungen treffen, sondern die Frage, was ueberhaupt Bewusstsein ist. Und du bist nur zwei Schritte entfernt von der Frage "Was ist ueberhaupt Realitaet?" Und dann bist du auch schnell bei der Frage der Sprache. Wenn du Begriffe wie "bewusst wahrnehmen" benutzt, setzt du voraus, dass das etwas ist, ueber das sich sinnvoll reden laesst unabhaengig von dem, der darueber redet. Wenn ich an meine Studienzeit zurueckdenke, du kannst hier eine Semesterarbeit nur darueber schreiben, was "sinnvoll reden" bedeutet.
Wenn du wirklich willst, verbringst du dein Leben damit, nur die Grundlagen dafuer zu legen, dass du ueberhaupt ueber diese Frage diskutieren kannst. Und endest dann wie der Schweisser bei Ingeborg Bachmann. Du hast die Frage verstanden, aber entfernst dich durch diesen Prozess des Verstehens in deinem Alltag so weit von einer Antwort wie nur irgend moeglich, bis ein Alltag nicht mehr moeglich ist.
Klingt vielleicht in der Verkuerztheit konfus, aber es gibt sehr viele Moeglichkeiten, sich deiner Frage zu naehern, und die zukuenftigen Antworten in diesem Thread duerften wohl stark aneinder vorbei reden, weil das Thema nicht nur weit ist, sondern jede Wortmeldung immer sehr viel verkuerzen und voraussetzen muss, das bei naeherer Betrachtung nicht voraussetzbar ist.
Nach dem kleinen Vorwort sach ick mal, dass mein naiver Ansatz so ungefaehr in deine Richtung geht. Fuer meinen Alltag bringt es einen klaren Nutzen, moeglichst viel darueber zu wissen, wie das menschliche Gehirn funktioniert. Es ist keine Einheit, es sind viele funktionale Einheiten, die sich miteinander streiten, und ich kann Dinge tun wie z.B. HIIT oder Jogging, welche die physische Struktur und die Funktionsweise und am Ende mein Wohlbefinden veraendern.
Jeden Morgen gibt's Ei und Avocado, weil ich weiss, was Tryptophan ist und wie Kette zu hin zu 5-HTP, Serotonin bis hin zu Melatonin funktioniert und dass es dafuer u.a. B12, Eisen und Magnesium braucht. Ich zwing mich, ins Fitnessstudio zu gehen, jeden Tag zu meditieren und zu gleichen Zeiten zu Bett zu gehen, ohne wirklich Lust zu haben. Aber ich weiss, wie gut es ist fuers Wunschgehirn und um einen guten, erfuellt anfuehlenden, nicht-kaggigen Tag zu haben. Amygdala ist Kagge, Hipocampus ist super, Stress ist wieder Kagge, weil Cortisol und Cortisol schrumpft Hipocampus, und trau keinem unter 25, weil dessen praefrontaler Kortex noch nicht voll ausgebildet ist und seine Faehigkeit, moralischst Nein zu sagen, etwas eingeschraenkt ist. Vermeide Drogen wie Ecstasy, Speed und Kokain, Sprachen lernt man am besten vorm Schlafengehen, Nikotin schrumpft den Hipocampus, aber das Arbeitsgedaechtnis von Nikotinsuechtigen funktioniert besser als bei Kiffen+Nikotin, Abhaengigkeit entsteht durch dopamingesteuerte Assoziation, und wenn du kein Alzheimer haben willst, solltest du mal auf dein L-Dopa schauen, SSRI behindern die Wiederaufnahme von Serotonin im synaptischen Spalt der entsprechenden Rezeptoren, aber schlagen auch nur bei ~2/3 der Patienten an, ~2/3 geben im urspruenglichen Milgram-Expirement die toedliche Stromdosis, ....
Downside ist, dass es wohl ein Zuviel gibt. So wenig hilfreich es ist, das Problem, wie eingangs angezeichnet, philosophisch zu lauter zu betrachten, kannst du auch leicht in eine zu mechanische Perspektive deines Alltagserlebens verfallen.