Im Zehnten
Ich werde selten an der Hand geführt, nur der Zehnte Bezirk ist dein Terrain. Hier ist die Arbeit, sagst du und da, da bist du oft mit der Svenja zum Mittag, ein-, zweimal in der Woche. Es ist jetzt dunkel, wir sind bereits ein ganzes Stück weg von deiner Wohnung, streifen andere Stadtteile und fast läufst du mit mir an dieser wundervollen Treppenanlage vorbei, obwohl sie so hübsch beleuchtet ist. Doch ich will da hin. Ein guter Platz zum Küssen, schöner aber im späten Frühjahr. Wir tun's hier nicht, nicht für das Foto.Später bei dir im Stiegenhaus ist es viel heimeliger. Das Umarmen ist uns wichtig, mit meinen Lippen an deinem Mund mach ich es dir schwer, den Schlüssel herauszuholen und die Türe zu schließen. Dann bringe ich die Einkäufe in die Küche, du gehst ins Bad. Wir vergessen das, was in den Kühlschrank gehört. Bist du feucht? Ich will nachsehen.
Irgendwann möchtest du wegen des Hinkniens wissen, welche Bedeutung es für mich hat, wenn eine Frau das tut und mir so ihre Devotion erklärt. Ich muss darüber nachdenken, habe keine Antwort parat. Du meinst, du müsstest dir vielleicht vorher noch ein wenig Mut antrinken und schlägst vor, eines der Biere aus dem Bio-Markt mit mir zu teilen. Das passt, ich habe Durst und während du eingießt, hole ich zum ersten Mal das lederne Halsband aus dem Koffer, weil du mir erklärt hast, dass es ohne nicht geht.
m.brody
2018