Eine Herzensangelegenheit
Oft höre ich meinen eigenen Herzschlag. Mit der Matratze als Resonanzboden. Wenn ich wach liege und nicht schlafen kann. Beinah´ bedrohlich. Fremd jedenfalls. Und dann frage ich mich, was hat dieses Organ eigentlich mit mir zu tun? Wie kann ich keine bewusste Beziehung zu ihm haben? Mache ich etwa etwas falsch?
Antwortlos ist schließlich die Ernüchterung über mich selbst und meine beschränkten Möglichkeiten groß. Verstricke ich mich doch in immer aussichtslosere Fragen nach Sinn und Zweck von allem. Bis ich alle Hoffnung verliere. Voller Zweifel bin ich dann, voller Unglauben; und froh, genug Vorräte im Haus zu haben, nicht mehr raus zu müssen und mich verstecken kann. In solchen Momenten reagiere ich auf nichts mehr. Stelle mich einfach tot.
Aber sie kommt dennoch immer wieder. Ignoriert quasi Ursachen und Wirkungen, Raum und Zeit, die Welt. Und sieht nur mich. Unbeirrt. Wohl mehr in sich als in mich vertrauend. - Oder auch umgekehrt, wer weiß das schon ...
Per Mail. Per Message. Kommt sie. Privat und öffentlich (dort für mich immer unverschlüsselt und eindeutig, für alle anderen verschlüsselt und nicht decodierbar). Es ist unmöglich, ihr zu entrinnen.
Noch habe ich ihren Herzschlag nie gehört. Wie auch!? Bei diesen Augen, die so tief sind, dass ich darin verloren gehe und so warm, dass ich darin verglühe und denen ich deshalb immer ausweiche. Bei diesen Schultern, Brüsten, ihrer Taille, ihren Beinen, vor denen ich fliehe. Immer. Immer noch. Und immer von neuem.
So weit weg. So lange weg. Bis meine Brust schmerzt. Mein Herz weh tut. - Mein Herz?
Es ist wohl mehr ihr Herz, das ich in mir spüre und das für uns beide gemeinsam schlägt ...