Sie schreibt
Viele Frauen bekommen, wenn Sie sich selbst befriedigen einen Orgasmus, nicht aber wenn sie mit einem Mann schlafen. Woran liegt das? Wie ist das bei euch?
Guten Morgen!
Ein interessantes Thema. Ich als Frau könnte dazu wohl Romane schreiben (und tue es hiermit auch .. so gut wie). Meine Lust und meine Orgasmen sind tatsächlich äußerst komplexe Bereiche meines Lebens.
Vorab: Kommen kann ich auf unterschiedlichste Art - dank Penetration, dank oraler Befriedigung, dank Masturbation. Daran soll es gewiss nicht scheitern. Lediglich die Art des Orgasmus ist und bleibt seit Anbeginn der Zeit, ähm pardon, seit den Anfangszeiten meiner sexuellen Entwicklung, rein klitoral. Der vaginale Orgasmus ist für mich ein mysteriöses Geheimnis, welches ich bisher noch nicht entschlüsseln konnte. Da aber meine klitoralen Orgasmen teilweise schon eine Intensität erreichen konnten, die mich fast um den Verstand gebracht hat, vermisse ich in dieser Hinsicht nichts. (Und was nicht ist, kann ja noch werden - ich hoffe ja mal, dass ich noch einige Jahrzehnte sexueller Experimente vor mir habe.)
Ich kann also nicht sagen, dass ich nur durch Selbstbefriedigung zum Höhepunkt käme, dennoch geht die Selbstbefriedigung mit einer Orgasmusquote von 100% aus dem Rennen als Sieger hervor. Warum ist das so?
Zuallererst sei gesagt, dass ich nur in der richtigen Stimmung zum Orgasmus komme. Ist irgendwas verquer hat es sich damit! Dann spielt zwar mein Körper brav mit (ich werde/bleibe feucht) und ich kann "mitspielen", aber ich selbst werde dabei nicht zur ultimativen Erlösung kommen.
Das Erreichen und Aufrechterhalten der richtigen Stimmung ist ... nicht unkompliziert. Ok, es hängt nicht davon ab, ob der Mond im richtigen Winkel zur Erde steht, der derzeitige Monat mehr als 5 Buchstaben besitzt und 2 weiße Tauben 6 mal um den Baum des Nachbarn fliegen und dabei lustig "Es klappert die Mühle am rauschenden Bach" zwitschern - aber es geht in diese Richtung.
Die Stimmung, in der Orgasmusgarantie herrscht, ist ausgelassen, fröhlich und entspannt. Ich wälze mich mit meinem Mann hemmungslos durch die Laken, wir knutschen, wir streicheln uns - und können uns gegenseitig hingeben. In unserer derzeitigen Alltagssituation ist es schon nicht ganz so einfach, diese Stimmung zu erzeugen – aber es gelingt uns eigentlich angenehm oft, am Ende des Tages den Rest der Welt auszublenden und die richtige Atmosphäre zu erzeugen.
Das Fatale daran ist, dass es nicht viel braucht, um mich in dieser Stimmung zu
stören:
• die Kinder kriechen mal wieder aus ihren Betten (müssen aufs Klo/noch was Trinken/können nicht schlafen)
• ich denke an irgendwas Blödes, was tagsüber (gestern/letzte Woche/vor 10 Jahren) passiert ist
• mein Mann rutscht beim Fingern ab/ist beim Lecken zu wild oder sonstiges
• ich fühle mich plötzlich nicht mehr wohl in meiner Haut (wodurch es getriggert wird kann ich nicht mal immer sagen)
• draußen geht ein Nachbar am Fenster vorbei
• ich höre ein seltsames Geräusch
• wir haben vergessen, dass der Fernseher noch eingeschaltet ist
• ich denke daran, was morgen noch alles zu tun ist
• noch vieles mehr
Passiert etwas davon, fällt die aufgebaute Erregung oftmals quasi direkt wieder auf 0. Je nachdem, wie sehr mich die „Störung“ gerade „mitnimmt“, kann die Stimmung entweder langsam wieder aufgebaut werden – oder für mich ist es für dieses Mal einfach gelaufen.
So – beim Sex mit meinem Mann kann also jede Menge passieren, was mich davon abhält, zum Orgasmus zu kommen. Befriedige ich mich hingegen selbst, herrscht bei mir ja schon mal ein gewisser „Erregungszustand“. Dann reichen ein paar Clips aus, um diese Erregung zu steigern – und dann brauchen meine Finger (oder Hilfsmittel) vielleicht weitere 30 Sekunden und ich bin fertig. Da gibt es keine tollen Szenarien (wie in Pornos) in denen ich mich nackt auf das Bett lege und selber streichle, mich selber anstöhne und dann stundenlang mit dem Dildo an mir arbeite – nein, es ist tatsächlich relativ praktisch und zielstrebig, nüchtern und ohne viel Schnickschnack. Ran an den Bildschirm, intensives Starren für einige Minuten, Hose runter, fertig.
Somit kann man beide Szenarien eigentlich gar nicht miteinander vergleichen.
Prinzipiell muss dieser Unterschied keine schlechte Sache sein. Selbstbefriedigung ist eben für mich zielgerichtet, selbstbestimmt und punktgenau – Sex mit meinem Mann hingegen ein völlig anderes Erlebnis. Ein intimer, gemeinsamer Moment, der nicht allein darauf ausgerichtet ist, den Höhepunkt zu erreichen. Es geht vielmehr darum, dass ich seine Nähe spüre, seine Haut streicheln und ihn in mir spüren sowie Lust und Begehren in seinen Augen sehen kann. Im Gegensatz zur Selbstbefriedigung ist Sex mit meinem Mann also ein besonderes Erlebnis, welches mir als Ganzes viel mehr bedeutet als die Entspannung durch einen selbst ausgelösten Orgasmus.
Blöd ist das nur hin und wieder für meinen Mann und ehrlich gesagt tut er mir da öfters auch mal leid. Für ihn ist es nämlich genauso toll, wenn er mich in Stimmung und zu großartigen Orgasmen bringen kann. Daher gibt er sich auch alle erdenkliche Mühe – und wenn ich ehrlich bin, kann es für ihn (und seine Hand bzw. seine Zunge) ganz schön anstrengend sein, mich dahin zu bringen.
Da ist es einfach ein blödes Gefühl, wenn sich bei mir mittendrin der Schalter umlegt und ich merke „das war´s“. Zumal es auch ganz schön die Stimmung töten kann, wenn man mittendrin unterbricht und sagen muss „lass mal, das wird jetzt nichts mehr“. Das klingt nicht nur unsexy – das fühlt sich auch richtig
** an. Andererseits – wenn ich es ihm nicht klar vermittle, wird er sich weiterhin anstrengen und sein Ziel am Ende doch nicht erreichen. Da nehme ich die unsexy Pause lieber in kauf – um die Stimmung entweder von Neuem aufzubauen oder zumindest ihm die Chance zu geben, den Höhepunkt noch zu erreichen.
Fazit: Ich als Frau komme also sowohl durch Selbstbefriedigung als auch durch meinen Mann zum Orgasmus – wobei es alleine zwar einfacher, gemeinsam aber tausendmal schöner ist.