Gedanken zum Bad Boy

Das männliche Ego und Image will gepflegt sein: Dreitage-Bart, wahlweise Lederhose oder Lederjacke, der irre bis gefährliche Blick, der signalisiert: Wer mich ins Bett ziehen möchte, muss als Bonny auch zu einem Kapitalverbrechen fähig sein, z.B. 20 Minuten die Rostlaube, die ich Oldtimer nenne, im Parkverbot abstellen oder heimlich eine rauchen auf dem Damenklo des Hilton. So habe ich meinen deformierten Charakter zu einem Bad Boy geformt. Die Mädels stehen darauf. Besonders imponiert hatte mich vor eigenen Jahrzehnten ein Mitschüler, der bei der Berufsberatung der Dame vom „Arbeitsamt“ in den gelben Bogen schrieb: „Berufsverbrecher!“ Das hatte was; war irgendwie abenteuerlicher als Betriebswirt, CEO, Finanzbeamter oder Sparkassenleiter. Wir hatten ja unseren Brecht gelesen: „Was ist schon ein Bankraub, gegen die Gründung einer Bank?“ Eine Weisheit, die sich einige Jahrzehnte später wie prophetisch geschrieben bewahrheitete.
Der Traum eines Bad Boys erfüllte sich natürlich für mich nicht. Aus dem Mitschüler wurde ein ehrbarer Handwerker, sozusagen ein Bad Boy des Mittelstands, der dauernd seiner Kreditfähigkeit hinterherhechelt. Aus mir ein biederer Schreiberling, der sich ab und an eine Eskapade erlaubt, indem er nichts ahnende Damen zum Kaffee einlädt und heimlich die „Frau im Spiegel“ liest beim Zahnarzt und das Höchste der Gefühle, eine Kolumne bei einer bekannten Frauenzeitschrift unter weiblichem Pseudonym schleusen konnte. Yes! Ich bin ein Bad Boy!

Es gibt allerdings auch Zeitgenossen, die verstehen unter Bad Boy einen Bett-Boy, also einen, der als Lovetoy den Toys"R"Us - oder war es Toys-er-ass(?) - macht. Neulich war einer der Meinung, dass er das auch mit der Rolle eines Gentleman vereinbaren könne. Sicherlich geht das, und ich traue ihm zu, dass er zum Date mit einem Bobbycar vorfährt, natürlich ganz Gentleman.

Ich bin hingegen froh, in meinem Alter nicht mehr den Bad Boy machen zu müssen, auf die Dauer würde das weder meine Krankenkasse noch die KFZ-Versicherung und schon gar nicht eine mögliche Partnerin mitmachen.
Mit den Jahren schätzt man die Bereiche, wo es heißt: For men, not for Boys! Dafür lasse ich mich auch gerne abseits als „Ey ... Alder ...“ ansprechen und lächle dazu. Nur, wenn sich ein Mittfünfziger dazu versteigt, erkenne ich darin den Gartenzwerg des Jugendwahns und des Mainstream. Aber auch das sei jedem gegönnt. Nicht jeder will seine Rente im Knast verzehren.

©Dreamy2018