*****na4:
Wie verhält man sich psychologisch am Besten, ohne die Achtung vor sich selbst zu verlieren? Wie handele ich richtig?
Liebe Sharina,
es ist völlig egal, wie du dich "am besten" verhältst, um diese belastende Situation lösen zu wollen. Du wirst es niemals schaffen, dich "richtig" zu verhalten. Änderst du dein Verhalten nach links, wäre in den Augen deines Partners nur "rechts" richtig gewesen. Änderst du dich dann nach rechts, wäre links das einzig Richtige. Egal wie - du wirst verdreht und verbogen zurückbleiben.
Egal, was du tust - er wird immer einen Grund oder Anlass finden, abzuhauen und dich so für dein "Fehlverhalten" zu bestrafen. Wenn du bereits Bücher zum Thema "narzisstische Persönlichkeit" liest, dann schwant dir ja schon, dass da etwas in eine völlig schräge Richtung läuft.
Mit Diagnosen sollte man sehr vorsichtig sein. Aber was man für einen solchen Menschen fühlt, ist schon sehr intensiv und berührt einen tief. Ich war auch einmal 5 Jahre mit so jemandem zusammen. Vom ersten Tag an fühlte ich mich seltsam verbunden mit ihm, durch ein Art unerklärliches Band, gestrickt aus Faszination, scheinbaren Gemeinsamkeiten, unendlich vielen Synchronizitäten und einem falschen Verständnis davon, wer ich war und wo meine Grenzen lagen. Ich dachte tatsächlich, wenn ich ihn nur dolle genug liebe, wird er eines Tages erkennen, was für eine tolle Frau er da an seiner Seite hatte, und dann würde die wunderbare liebevolle gleichberechtigte harmonische Beziehung endlich beginnen, die ich mir so sehr wünschte. Ich war soooo naiv ...
Gerade immer dann, wenn es gerade richtig gut bei uns lief, haute er ab. Heute weiß ich: er hatte riesige Angst vor Konflikten und Leiden als Beeinträchtigung seines Glücks und seiner Selbstverwirklichung. Er flüchtete vor den Auseinandersetzungen und vor dem Leid, das keiner Beziehung erspart bleibt. Mühsame Beziehungsarbeit war ihm zu anstrengend und in seinen Augen überflüssig. Er tauchte ab - wenn es ihm zu harmonisch wurde, wenn sich Streit andeutete, wenn es nicht so lief, wie er das wollte. Er verschwand, weil ich mal zu laut gelacht hatte, falsch geatmet habe oder einen zu roten Pulli trug.
Wie ging es mir? Er hatte mich als fröhliche, eigenständige, selbstbewusste und toughe Frau kennengelernt. Am Ende war ich total verkrampft, verbittert, unzufrieden, müde, resigniert, gehetzt, ängstlich, traurig und sehr mutlos. Und ich wurde richtig krank ...
Was hat mir geholfen? Nach einen riesigen Streit - er hatte eine andere Frau kennengelernt und mir verheimlicht - war es auf einmal, als zöge jemand einen Vorhang von einer Bühne weg, und ich hatte endlich einen klaren Blick auf das Theater. Ich würde mit ihm niemals glücklich sein. Und habe das getan, was er sonst immer tat - ich bin gegangen, und nie wieder zurückgekehrt.
Es war schrecklich und hart und schlimm für mich. Aber ich habe meine körperlichen, geistigen und seelischen Hände in die eigene Tasche gesteckt und die Gegebenheiten und ihn konsequent und radikal in Ruhe gelassen. Ich habe wieder damit begonnen, mich um mich selber und meine Angelegenheiten zu kümmern, so schwer mir das auch fiel.
Ich habe durch diese Beziehung gelernt, wie ich eine Partnerschaft NIE WIEDER führen möchte. Und ich habe unendlich viel über mich selber erfahren! Dinge, die mir heute zu einem rundum zufriedenen Leben verhelfen.
Liebe Sharina, ich kann dir nichts raten oder empfehlen. Aber ich selber habe eines schmerzlich gelernt. Ich kann meine Kraft nur da beweisen, wo sie hin gehört: in mein eigenes Leben.
Grüße von Lavendelherz - und alles erdenklich Gute!