Hallo erstmal.
Es haben sich ja schon einige Beiträge und Meinungsbekundungen hier getümmelt. Ich kann mich ehrlich gesagt nur ein paar Vorredner anschließen; wenn es dir darum geht, diese Krisensituationen mit ihm in Zukunft in den Griff zu bekommen, lässt sich eine (Paar-)Therapie wahrscheinlich nicht umgehen. In seinem Falle (je nachdem, wie zugänglich er dieser Thematik ist) wäre auch eine Verhaltens- oder Gesprächstherapie von Vorteil. Natürlich lassen sich erfahrungsgemäß viele Personen erstmal leichter darauf ein, wenn sie an der Hand genommen und in eine therapeutische Beziehung hineingeführt werden - Paartherapien öffnen diesbezüglich viele Türen.
Solche Verhaltensmuster werden meiner Erfahrung nach bereits sehr früh in der sensiblen Prägungsphase, in der Kindheit, im Heranwachsen aus verschiedenen negativen Verstärkungen geformt. Durch dieses 'lernen mit Negativreizen' bildet sich eine Coping-Strategie, die er jetzt, im Erwachsenenalter, praktiziert, weil es ihm entweder nie anders vorgelebt wurde (und er dadurch auch kein Lob oder Ermutigung in Bezug auf gegenteiliges Verhalten erfuhr), oder weil er damit einfach schlichtweg immer gut durch sein Leben kam. Wie Joseph Wolpe so schön sagte, "Verhalten ist abhängig davon, welche Wege sich die neuronale Erregung bahnt.", und dies ist häufig an eine frühkindliche Konditionierung gekoppelt. In seinem Fall wird sein Cortisol-Kreislauf (sein Stresspegel) sich bei Streit, sowie kleineren bis größeren Krisen dahingehend äußern, und ihm die "Fight-or-Flight"-Frage selbstredend mit "FLIGHT!" beantworten. Und schon werden Impulse durch die Nervenbahnen des vegetativen Nervensystems an das Nebennierenmark gejagt, die dort dann wiederrum eine blitzartige Freisetzung von Adrenalin bewirken. Gerade Männer (bei Frauen ist es eher die "Tend-or-befriend" Reaktion) reagieren bei Stress, aufgrund der Evolution, mit einer erhöhten Aktivität im Stammhirn, das wiederum mit dem vegetativen Nervensystem zusammenspielt.
Um von einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung sprechen zu können, müssen mindestens fünf von neun DSM-IV-TR Kriterien gegeben sein - mit solchen eifrigen Diagnosen wäre ich also vorsichtig. Mal davon abgesehen, dass jeder Mensch gewisse Anteile verschiedener Persönlichkeitsstörungen in sich trägt. Und nicht jeder Mann, der nicht gelernt hat, in Stresssituationen sozial zu reagieren, ist ein Narzisst. Natürlich kennst du ihn länger und besser und hinter deiner Einschätzung wird ein wichtiger Knackpunkt lauern. Dennoch ist die Einstufung einer Persönlichkeitsstörung schwierig. Vor allem differentialdiagnostisch gesehen ist eine Komorbidität nicht auszuschließen. In standardisierten Interviews zeigten Probanden eindeutige Überschneidungen mit anderen Persönlichkeitsstörungen - und sehr häufig zeigen sich Kodiagnosen mit der histrionischen, der Borderline- und der antisozialen Persönlichkeitsstörung. Kurzum: typische DSM-III-Cluster-B Charakteristika, die alle in sich vereinen, nämlich "dramatisch, emotional, launisch".
Dein Leidensdruck wird durch "aushalten der Situation" nicht besser werden. Dir selbst wird psychologische Hilfe kurzfristig Linderung verschaffen - es löst jedoch nicht das Kernproblem. Sein Verhalten wird sich ohne 'Therapieeinsicht' nicht verbessern, und wenn, dann nur für einen trügerischen Moment. Hier herrscht Handlungsbedarf. Der entweder bei dir liegt (Ultimatum stellen, Trennung) oder bei ihm (Einsicht zeigen, Kooperation bieten). Auf lange Sicht läuft er Gefahr, aufgrund seiner ausgeprägten Kränkbarkeit in depressive Krisen zu laufen, die das Ausmaß einer Episode mit Major Depression erreichen kann...
Ich hoffe jedenfalls, dass dur die passende Lösung für dich finden wirst.
Liebe Grüße