Neptun und die Nymphen - eine Annäherung

Ich bin nicht mehr ich
Quatsch! Natürlich bin ich immer noch ich
Aber es spielt keine Rolle mehr
Denn ich bin die Rolle
Der Mythos selbst
Etwas geht durch mich hindurch
Die Natur
Ein Programm
Ein Verhaltensrepertoire
Ein geschlechtsspezifisches Stereotyp
Oder in poetischem Gewand:
Alles Endliche, alles Zeitliche ist vergessen
Nur die Ewigkeit ist, bleibt
Das ist die Macht der Liebe
Ihre Sehnsucht, ihre Seligkeit
Aber hey - was soll das Geschwafel!?
Es geht ums Ficken
Um nichts Poetisches, um nicht Ästhetisches
Und dennoch:
Warum kann dieser Moment, die Nacht, der Akt nicht länger währen?
Aber nichts ist bekanntlich von Dauer
Es ist vorbei, ich hatte sie, ich war in ihr
Sie hatte mich, sie nahm auf
Es hat uns beiden Spaß gemacht
Aber ich will sie nicht mehr wiedersehen
Nie mehr sehen
Ich habe sie begehrt
Aber nicht geliebt
Liebe - dieser das Begehren beschönigende Begriff
Natur, Biologie, Evolution lachen sich kaputt
Interessant war sie, ja
So lange sie mir Widerstand entgegensetzte
So lange sie eine Herausforderung war
Jetzt ist ihr Körper nur noch schal, abgestanden
Sie ist eine Frau wie jede andere auch
Eine Gewohnheit
Kein Traum mehr
Ein Albtraum
An den nichts mehr erinnern soll
Trotzdem oder gerade deswegen:
Ich habe sie geliebt!
Bis zu meinem Samenerguss
Aber meine Seele fühlt sich jetzt bloß noch von ihr belastet
Denn sie will mein Leben, meine Lebendigkeit
Nehmen
Und mir wird plötzlich klar
Warum Neptun die Nymphen
Die er einmal hatte
In Männer verwandelte ...