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Bickelmanns Abenteuer (Ausgabe 2)

**********wings Frau
11.325 Beiträge
Wie schön!
Ich freue mich sehr, da ich schon so was wie Entzugserscheinungen hatte *lach

In freudiger Erwartung grüßt
das Flügelchen *knicks*
******s23 Frau
12.703 Beiträge
*freu* bald gibt's Neues vom Herbert ... *freu2*
*********zier Mann
1.026 Beiträge
Themenersteller 
Wirtshausgespräche: Heute - Bolidigel Korräcktnis
So, liebe Leute, wie angekündigt, ab sofort in loser Folge immer mal wieder eine Szene von den diversen Stammtischen im Hermersberger Eck, wo mangels Alternativen nicht nur die Landfrauen, sondern auch die Feuerwehr, der katholische Junggesellenverein mit Fahne, der Turnverein, die Christlichen Demokraten, Sozis, Freie und sogar der Pfarrer verkehren. Viel Spaß damit.


_____________________

„Fier die Emanzipatation hän mir jahrzehntelong gekämpft!“ Kleinschmidde Gretel schlug mit der flachen Hand auf den Wirtshaustisch im Hermersberger Eck, wo sich die Landfrauen zum allwöchentlichen Stammtisch versammelt hatten. „Un der Kampf isch noch net zu Änn, do missen mir noch viel draan mache.“

„…draan mache, jawoll!“, echote der Vorsitzende des katholischen Junggesellenvereins mit Fahne, der, - wie wir aus sicherer Quelle wissen -, ein Auge auf die verwitwete Gretel geworfen hatte. Das schmalbrüstige Männlein mit der schütteren, eisgrauen Igelfrisur folgte stets Gretels Meinung, ob nun als Mitglied des Gemeinderates in der Wählergruppe Kleinschmidt oder bei den Sitzungen des Stammtisches der Landfrauen.

Was, fragt sich der geneigte Leser an dieser Stelle, hat der Vorsitzende des katholischen Junggesellenvereins mit Fahne bei den Landfrauen zu schaffen? In der Tat: diese Frage ist der näheren Beleuchtung wert.

Unsere taktisch mit allen Wassern gewaschene Gretel, die in dieser Hinsicht nur noch den Ortsbürgermeister Karlfried Flöter als ebenbürtig akzeptierte, hatte sehr schnell erkannt, dass ein als persönliches Echo fungierender Gewährsmann eine enorme Stärkung ihrer Position bei den Landfrauen und in den einschlägigen Gremien des Dorfes bedeutete. Damit konnte sie immer behaupten, auch die männliche Seite und noch dazu namhafte Vertreter der anderen Ortsvereine seien ganz ihrer Ansicht.

In allfälligen Diskussionen erwies sich dieses Argument als enorm hilfreich dabei, den eigenen pfälzischen Dickkopf durchzusetzen. So hatte Gretel ihren Vasallen kurzerhand zur Ehrenlandfrau erklärt. Deshalb durfte er, in beratender Funktion, ohne Stimmrecht und ohne Menstruationspflicht am wöchentlichen Stammtisch, den monatlichen Vorstandssitzungen und sogar dem jährlichen Ausflug der Landfrauen teilzunehmen, ein Privileg, das sonst nur noch Pfarrer Schleicher zustand.

„Die bolidigel Korräcktnis isch enorm wischtisch fier uns Fraaleit in unsam immawährende Kampf geeche die selbschdherrlich Männerwärtschaft. Do dierfen mir kää äänzischda Daach nolosse, ihr Määde!“
„…kää äänzischda Daach nolosse, ihr Määde!“, wiederholte die Ehrenlandfrau.

„Awwa wie sollen mir dann erkänne, was bolidisch korräckt isch un was net?“, warf Funke Berta ein. „Mir hän doch nur Volksschul un wissen als net wie mir mit so komplizierte Sache umgehn missen.“ Eine gewisse Verzweiflung lag in ihrer Stimme.

„Das dääd ich aach alsemol gääre wisse“, nickte Bickelmanns Eva „do kinnt ich em Härbärt efta mol Beschääd stoße, wenna widda dumm doher kääst.“

Oma Otti erinnerte sich bekümmert daran, wie der durchtriebene Herbert, der Drecksack, sie über den Tisch gezogen und um ihre Ersparnisse gebracht hatte. Seit der Geschichte mit der Friedhofsgebührensatzung und dem Grab in Herberts Garten sann sie auf Rache und nutzte jede Möglichkeit, Bickelmann auf die Füße zu steigen, was dieser regelmäßig mit einem fetten Grinsen und der mit Daumen und Zeigefinger durchgeführten Bewegung des Geldzählens an sich abtropfen lies.

„Nix ääfacher als wie das“, ergriff Gretel wieder das Wort, „ihr missen nur mit uffene Aue durch die Welt gehen, do siehn ihr die bolidigel Korräcktnis an alle Ecke un Änne.“

„Also ich hän heit noch käänie gesiehn“, krakeelte Oma, „un ich gugge schun de ganze Daach. Wo sollen do äänie sin?“

„Do missn ihr halt e bissel bessa uffbasse!“ Gretel hob den Finger und die Stimme. „Ich wääre eich jäz emol zeie, dass der Feind iwwerall lauert, soga do hin im Hermaschberjer Egg“

„…Hermaschberjer Egg“, tönte es aus Junggesellenmund.

„Eijoh??“, Gretel erntete nur ungläubige Blicke. „Do hin gäbts bolidigel Korräcktnis? Kannschde uns die emol weise? Ich sieh käänie.“, Funke Berta hob gespannt die Augenbrauen und auch den anderen Damen stand die Spannung im Gesicht.

„Eijoh! Da bassen jäz emol guud uff, do kinnen ihr was leere!“ Gretel nahm die in braunes Kunstleder gebundene Speisekarte zur Hand, holte tief Luft und brüllte mit befehlsgewohnter Stimme: „Kurt! Kumm mol sofort här!“

Der Wirt, gerade mit wichtigen Gesprächen in Sachen Feuerwehr mit Flöter und Bickelmann an der Theke beschäftigt, zuckte zusammen und trullerte die Augen. „Ich bin glei widda do“, murmelte er „nur mol schnell gugge was die ald Schabragg schun widda will. Beschdimmd noch was ze dringe.“ Er schlenderte gemächlich zum Landfrauen-Stammtisch. Flöter nickte ihm hinterher: „Eijoh, du laafsch uns jo net fort.“

„Geht das aach e bissel schnella?“, herrschte Gretel den Wirt an, „was ischn das do fier e lahmaaschicher Service?“

„De selwe wie imma, Gredel“, lächelte Kurt geduldig. Als erfahrener Wirt kannte er seine Kundschaft und wusste jeden nach seinen Eigenheiten zu nehmen. „Was hädschde dann gääre, moi Has?“

„Nix do! Es hat sich ausgehast. Dir wääre ich helfe! Ich will mich beschwäre! Un zwa iwwa die bolidigel Korräcktnis do in deim Etablissemang!“

„Eijoh?“, Kurts Erstaunen war nicht gespielt. Er warf unauffällig einen prüfenden Blick durch den Raum und hob fragend die Augenbrauen, nachdem er nichts entdecken konnte.

„Was ischn die Nummer sächzä uf deina Speisekaad?“

„Was froch´ chen so dumm. Du hoschd se doch in da Hand!“

„Eijoh hon ich se in da Hand. Un was ischn jäz mit dera Numma sächzä?“

Kurt atmete stöhnend aus. So kam er nicht weiter. „Zigeunerschnitzel“

„Un? Soll das so bleiwe? Was ischn do mit dera bolidigel Korräcktnis?“

„…Korräcktnis!“, sprach das Echo.

„Sache mol, Gretel: hosch du was on da Erbs? Was ischn do draan auszusätze? Seit siwwenedreißisch Johr hääst das Ding bei uns Zigeunerschnitzel, was passt da dann do draan plötzlich nimmi?“

„Vagreif dich emol ned im Ton geche iwwa em Gretel, Kurt!“, keifte der katholische Junggeselle und sprang auf.
„Sitz!“, machte Gretel und der Fahnenträger bekam einen roten Kopf, als er die Blicke sämtlicher Wirtshausgäste auf sich fühlte.

Kurts Ampel ging ebenfalls langsam auf rot. Er starrte den aufmüpfigen Landfrauenversteher an und dieser hätte sich am liebsten in ein Mauseloch verkrochen. Nun mischten sich die Mitgliederinnen der Frauengruppe ins Gespräch:

„Wenns Gredel saat der Zigeiner wär ned in Ordnung dann isch do was faul“, knurrte Oma. „Du gebsch jäz sofort Auskunft, odda mier suchen uns e anna Stammlokal.“ Eva knuffte Oma in die Seite und flüsterte „Schwäzz doch ned so dumm, Momme, do howwe gäbts doch gar kää anna Wärtschaft.“

Derweil hatte Gretel wieder das Wort ergriffen. Sie bohrte dozierend den Finger in die Luft: „Das wääschd du ganz genau, was mit dem Zigeiner do ned schdimmd!“

Kurt platzte der Kragen. „Ich glaab dir brennt de Kiddel“, brüllte er „seit Genarazione vakaafe mir do Zigeinerschnitzel. Glaabsch du filleicht weeche doina bolidigel Korräcktnis nenne mir das Gericht in Zukunft

Paniertes Schweineschnitzel an Paprikasoße nach Sinti und Roma-Art?

Inzwischen säumte die gesamte Wirtshausbesatzung neugierig den Stammtisch. Solche Raufhändel durfte man sich nicht entgehen lassen. So was bildete noch tagelang, unter guten Umständen jahrzehntelang, Gesprächsstoff für die Dörfler.

„Du brauchschd ga ned so zu schreie, du vasuffena Kaschämmewirt. Wonn de kää Ahnung vun bolidigel Korräcktnis und vun unsam heldehafte weibliche Kompf fier die Emanzipatation hoschd, da mach doch die bleed Wärtschaft zu un her uff, dumm zu schwätze. Die do Speisekaad wärd geännat un zwa sofort. Schnunsch säze mir do kään Fuß mee eninn.“

„…kään Fuß mee eninn.“ Der Junggeselle war im Schatten seiner Lehensfrau wieder mutiger geworden.

Kurt wusste, wann er verloren hatte. Das jeweilige Grinsen der umstehenden Gestalten wurde nur von deren Ohren aufgehalten.

„Un? Was soll ich in Zukunft eninn schreiwe?“, fragte er ergeben.

Gretel erhob sich. „So, jäz bassen gut uff, ihr Mäde und ihr anna Baggaasch aach, dass ner was leeren!“ Sie nahm einen Kugelschreiber zur Hand, strich die strittige Position in der Speisefolge und ersetzte sie durch eine andere. Dann drückte sie dem Wirt die Karte in die Hand.

„Alle Speisekaade wääre wie folgt geännat: Läs emol vor, was ich da uffgeschrieb hän, Kurt!“

"Zig...", las Kurt, während er die Backen blähte. "Zig..." Seine Eingeweide krampften sich zusammen. Er holte tief, tief Luft und versuchte es ein drittes Mal. "Zig.." Es hielt ihn nichts mehr, er prustete los und wollte sich vor Lachen gar nicht wieder einkriegen.

Die Runde blickte verständnislos. "Was steht dann jäz do? Loss und net dumm sterwe. Los schwäzz!"

"Zig...", begann Kurt erneut, wurde aber sofort vom nächsten Lachanfall eingeholt.

"Dunnakeil nochemol", fluchte Gretel. "Der isch jo noch zu dumm sei Speisekaad zu lese. Do steht:

16. Zigeunerinnen- und Zigeunerschnitzel mit Pommes und Salat 13,80 €"

"Ää Rund Schnaps uffs Haus!", brüllte Kurt mit letzter Kraft und schleppte sich zur Theke. Der do Daach muss gefeiert wääre un wärd uffem Kalänna aangestrich."
******968 Frau
305 Beiträge
*haumichwech* Sauuuuu gut *lol*
*********ynter Frau
9.559 Beiträge
In die Bütt...
... mir dir, lieber Patrizier! *haumichwech*

Härlisch!!! *spitze*
Keine Beschreibung angegeben.
*******W49 Mann
754 Beiträge
*haumichwech* *lol*
Köstlich! Das gehört wirklich in die Bütt!
Jedem seine eigene bolidigel Korräktnäs! Damit kann man arbeiten! *top* *prost* *troet*
*******ish Frau
7.331 Beiträge
eiiii jooo - gud geschwätzt
tränenabwischbauchhaltüschkannnimmer
du bist die Krönung in Tüten
mein lieber Patrizier
ich bin nur noch hinundwech
*****div Frau
7.980 Beiträge
*augenzu*
*essen*
Geht nicht, weil ... *haumichwech*
*****169 Frau
6.114 Beiträge
Ausdauer-Training für die Bauchmuskeln !
*********zier:
So hatte Gretel ihren Vasallen kurzerhand zur Ehrenlandfrau erklärt. Deshalb durfte er, in beratender Funktion, ohne Stimmrecht und ohne Menstruationspflicht ...
*spitze* OMG *haumichwech* ... ohne Menstruations-Pflicht *abgedreht* ... nach der Wort-Kombi war's um mich endgültig geschehen *rotfl* *haumichwech*

lieber Der_Patrizier, was dir alles aus der Feder tropft *hutab* genial !
****ha Frau
6.274 Beiträge
Unterliegt das Zigeunerinnenschnitzel eigentlich auch der Menstruationspflicht? *nachdenk*


*undwech*
*******illa Frau
808 Beiträge
😂
Hau fascht ind Hos gsaicht vor Lacha 🤣
****s_T Frau
1.120 Beiträge
*lach* Danke dafür! Diesen Humor habe ich, derzeitig in London, vermisst.

Liebe Grüße 💋
*********eber Paar
1.244 Beiträge
Schwere Böen...
Während schwere Wind- und Gewitterböen die Durchführung der Rosenmontagszüge gefährden, sorgen im Hermersberger Eck ganz andere Stürme für Aufregung und bei uns für allerbeste Unterhaltung und Erheiterung!

Deine neue "Bolidigel Korräcktnis"-Episode ist der Brüller, wie schon deine vorherigen Geschichten um Hans-Herbert Bickelmann, Kurt Flöter, die Feuerwehr, den Parrer und natürlich die Landfrauen von Höhfröschen.

Zugegebenermaßen hat uns die "Ehrenlandfrau ohne Menstruationspflicht" auch so aus der Kurve getragen, dass wir die weiteren Ereignisse fast verpasst hätten. Zum Glück haben wir uns dann aber doch noch gefangen.

Besten Dank für diese erneut sehr gelungene Attacke auf unsere Lachmuskeln...

*bravo*
*******ish Frau
7.331 Beiträge
Isch glaab man muss aach uffbasse bei dene feuerwehrmänninnen *nachdenk*
****ha Frau
6.274 Beiträge
feuerwehrmänninnen... *haumichwech*
******s23 Frau
12.703 Beiträge
16. Zigeunerinnen- und Zigeunerschnitzel mit Pommes und Salat 13,80 €"

"Ää Rund Schnaps uffs Haus!", brüllte Kurt mit letzter Kraft und schleppte sich zur Theke. Der do Daach muss gefeiert wääre un wärd uffem Kalänna aangestrich."

Gröhl.... *haumichwech* auf die Idee muss man erstmal kommen... „nach Luft japs...“ *haumichwech*


@*********zier
unbezahlbar !!!! *hi5*
******ens Frau
1.137 Beiträge
auf ein langes Leben vom Zigeunerschnitzel und Mohrenkopf
Profilbild
****012 Frau
476 Beiträge
„Ich glaab dir brennt de Kiddel“
Allein schon für solche wunderbaren Unmutsäußerungen liebe ich diese Geschichten! Vielen Dank für die Neuigkeiten aus der Pfalz - ich hab die Bande echt vermisst!

Und ich kann es nur begrüßen, dass sie sich jetzt endlich auch in diesen gesellschaftspolitischen Diskurs mit einklinken. Weil:

Die bolidigel Korräcktnis isch enorm wischtisch


*haumichwech*
*********zier Mann
1.026 Beiträge
Themenersteller 
Wirtshausgespräche: Heute - Toilettenfragen
Seit alters her beschäftigt sich der Mensch nicht nur mit Dingen, die ihn umgeben, sondern auch mit anderen Menschen, besonders wenn sie anders sind. Gerade diese Minderheiten müssen, - bei allen berechtigten Ansprüchen -, oft und immer wieder gern für die Bosheiten der vermeintlich Normalen herhalten. So auch in dieser Geschichte, für die ich mich vorab bei allen entschuldige, die körperlich und geistig anders begabt sind und auch bei denen, die unter einer Geschlechtsidentitätsstörung leiden. Wobei - ob sie wirklich darunter leiden weiß ich natürlich nicht. Den meisten meiner Pfälzer Mitbürgerinnen und Mitbürger sind diese feinen Unterscheidungen in ihrem Alltagsleben übrigens völlig sch*** egal. Außer dem Landfrauenverein - und das aus sehr durchsichtigen Gründen, wie wir gleich sehen werden.

Aber das führt jetzt zu weit und ich beginne wieder mit philosophischem Geschwafel.

Darum kurz und bündig: Viel Spaß mit den neuesten Ereignissen aus dem "Hermersberger Eck"



_____________________

Bereits eine Woche später bliesen die Landfrauen unter Führung von Gretel Kleinschmidt, tapfer unterstützt vom Vorsitzenden des katholischen Junggesellenvereins mit Fahne erneut zum Angriff auf die politisch korrekte Unterstützung von Minderheiten.

Gretel rauschte mit wallenden Gewändern durchs Lokal, vorbei an der Theke, wo sie flüchtig innehielt, um den dort herumhängenden Flöter und Kurt, den Wirt, mit einem kurzen Befehl anzuschnauzen:

„Ihr zwää kummen mol grad an unsa Londfrauestammtisch, mir hädde was wischdisches zu bespräche!“

Gegen diese Ansage war keine Widerrede zugelassen. Kurt und Karlfried warfen sich bedeutsame Blicke zu. Jeder für sich überlegte, wie er der Schlange namens Gretel entkommen könnte. Seit der Aktion mit dem Zigeunerinnenschnitzel war man ja im Hermersberger Eck seines Lebens nicht mehr sicher. Doch es war schon zu spät. Gretel, der soeben von der Ehrenlandfrau, dem Vorsitzenden des katholischen Junggesellenvereins mit Fahne, aus dem Mantel geholfen wurde, knurrte kurz in Richtung Theke:

„Wärds ball?“

Ortsbürgermeister und Wirt trippelten mit dienstbeflissenen Mienen in Richtung Landfrauenstammtisch.

„Achdung! Es geht los“, raunte die Oma ihrer Tochter Eva noch zu. Die anderen Weiber grinsten über alle Backen. Gretel, die zwar nur einen Meter sechzig hoch, aber dafür ebenso breit und tief war, plusterte sich auf und nahm sich die beiden Dorfgrößen gleichzeitig zur Brust.

„Es wärd Zeit, dass sisch in unsera Gemää e baar Kläänichkääde ännere. Mir Landfraue nämme das nischt mehr länga hin, wie do bei uns mit Mindahääde umgang wärd. Ums korz zu mache: mir valange, dass in dera Wärtschaft e Behindertenklo ingebaut wärd.“

„Dodemit hon ich nix zu dun“, plärrte Flöter, nachdem er dreimal geschluckt hatte. „Das isch Sache vun da Priwatwärtschaft un vum Bauamt vun da Vabansgemää“. Er machte Anstalten die illustre Runde zu verlassen, aber Kurt hielt ihn mit flehendem Blick am Ärmel fest.

„Do wärd geblibb!“, donnerte Gretel ihm schon entgegen. „Du bisch de Boiemäschda und dodemit aach die Gewärbeuffsicht. Das do wär jo gelacht, wenn du dich do mol widda vum Agga machschd, wenns ernschd wärd. Also, was isch mit unsera berächdichd Forderung?“

„Leck mich doch am…“, legte Kurt los, „so e Scheißdrägg hän ich jo noch nie geheert. Du hosch jo e Schlaach midda Wixberschd. Im ganze Dorf hän mir kää änzischda Behinnada und mir sin jäz faschd fuchzisch Johr ohne Spezialidädelogus auskumm. Wozu soll ich jäz so e Ding baue? Do kannsch du jo dann druffgehen, wann de zuviel Zigeunerinneschnitzel gäss hoschd. Saach doch gleich du willschd e Privatklo.“ Der tiefere Sinn dieser Aussage, nämlich dass sie, Gretel, die einzig Behinderte im Dorf sei, tropfte an der Oberlandfrau ab wie Regen an einem Paar frisch gewichster Lederschuhe.

„Schwäzz ned so e Kabbes“, legte sie los „es ganze Dorf isch volla Behinnade. Guggen emol in de Spichel, ihr zwää Debbe! Un du Flöda, brauchsch ga ned so bleed ze grinse. Wonn ich doi Drubbe vun da Feierwehr alsemol siehn, do missde mier im ganze Dorf Behinnadeklos uffstelle… - Also? Wann beginne die Bauarbeide?“ Das war kurz und knapp. Kurt würgte. Sein Hals war völlig ausgetrocknet, sein Puls auf 180 und der Blutdruck mindestens auch in dieser Region.

„Iwwahaubt ned!“, brüllte er in mit hundertzwanzig Dezibel Lautstärke. „Nämm doi Scheißlandfrauevaein un donn tagen ihr in Zukunft woannaschda. Ich brauch eich ned un uff dänne Umsatz vuhn eire drei Cola die Woch is geschiss!“

„Mach emol langsam, moi Gudda, bevor de dich in de Ruin sterrze duschd“, entgegnete Gretel in aller Seelenruhe. „Das war noch ned alles. De kadolische Junggeselleverein mit Fohn hät aach noch e Forderung.“

Damit überrollte sie Kurt auf einer völlig ungesicherten Flanke. Die Junggesellen soffen ganz schön bei ihm und hatten regelmäßig ordentliche Beträge auf dem Deckel. Mit denen wollte er es sich nicht verscherzen. Also blies er vor lauter Verlegenheit noch einmal die Backen auf. „Wasn noch?“, quälte es sich aus seiner strapazierten Stimmritze hervor.

Er bekam zunächst keine Antwort. Die Pause nutzte Flöter, gewiefter Politiker, der er war, um sich langsam rückwärts zu verpissen und damit aus der Schusslinie zu kommen.

Derweil hatte Gretel dem Vorsitzenden des Junggesellenvereins mit Fahne einen ordentlichen Tritt ans Schienbein verpasst, ermutigte ihn damit aufzuspringen und namens seiner Mannen die weitere Forderung vorzubringen:

„MirverlangendassdoeLogusfiersdriddeGeschlächduffgestelltwärd“, murmelte er durch geschlossene Zähne.

„SCHWÄZZ DEITLICH, DU SAGGGESICHT! WAS WILSCHD DU HAHNEBOMBEL? ICH GLAAB ICH HON MICH VERHEERT?“ Kurt schnaubte sämtliche Luft aus den Lungen, hinein in diese drei Sätze, so, wie er es beim Militär gelernt hatte. Fast wäre die Ehrenlandfrau von der Wucht des stimmlichen Orkans davon geweht worden. Aber wer unter Kleinschmidde Gretels Schutz und Schirm stand, trotzte auch einem Bundeswehrfeldwebel.

„Mir verlangen einen Logus fier das dridde Geschlächd“, widerholte er nun laut und klar in fast tadellosem Hochdeutsch und hängte zur Bekräftigung noch ein „Jawoll!“ hintendran. Derweil nahm er Deckung hinter Gretel, die ihn wie ein Fels in der Brandung hoffentlich vor künftigen Handgreiflichkeiten des Wirts bewahren sollte.

Kurt fasste sich wieder, während die Landfrauentruppe lautstark krakeelte und gackerte wie eine Schar Hühner auf der Tenne.

„Awwa die Behinnade midm Rollstuhl käme doch bei uns gar ned die Trepp enuff un enunna und wer sollen das sin, mit dem dridde Geschlächd? Ich honn dohinn noch kää sona gesiehn. Noch nie!“ Kurt schüttelte in vollster Überzeugung seinen kahlen Kopf.

„Dann bausch du ewe e Ramp odda e Dräbbelift und stellsch das Behinnadeklo halt in de Hof. Es dridde Geschlächd isch iwwarischens der do!“
Sie wies mit dem Kopf auf die Ehrenlandfrau, deren liebliches Gesicht sofort von vornehmer Blässe zu strahlenden Rot wechselte. In ihrer Eigenschaft als Vorsitzender des katholischen Junggesellenvereins mit Fahne hätte sie sich soeben am liebsten hinter derselben verkrochen.

„So war das awwa ned abgesproch, Gretel…“, jammerte er.
„Hall dei Maul“, putzte ihn die Oberlandfrau, „wenn de Kuche schwätzt, schweiche die Krimmele.“
Dabei strafte sie ihn mit einem Blick, für den jede Domina vierhundert Euro Aufpreis verlangt hätte. Der Junggeselle klappte auf seinem Stuhl zusammen wie ein Taschenmesser. Oma Otti kicherte. Funke Berta klatschte vor Begeisterung Beifall.

„Das do glaawich alles ned“, winselte Kurt „der isch doch de Vorsitzende vum Junggesellevaein, seit wonn hadn der e driddes Geschlächd? Bisher hon ich geglaabt der hätt ned emol ääns.“

„Das hot der schun imma gehad“, erklärte Gretel, „er wääs halt noch ned so genau wassa will un noch wenischa wassa konn.“ Die Ampel des Fahnenträgers ging erneut so abrupt auf Rot, wie das Licht an einem Bahnübergang.

„Awwa der Kerl isch doch schun achdeverrzisch…“

„Ein unn? Was määnch dann du warum der noch Junggeselle isch? Solle mer dir das beweise?“

„Ich wissd ned wie ihr das mache kännde.“

„Nix leischda als wie das.“ Mit einer herrischen Kopfbewegung wies sie den Fahnenträger an: „Hopp, uff de Disch un die Hosse erunna!“

„Nää, um Goddes Wille, Gredel, nää, alles nur das ned“, jammerte der.

„Muss ich alles zwämol sahn?“, herrschte Gretel ihn mit zorniger Stimme an und tatsächlich: die Ehrenlandfrau machte Anstalten auf den Tisch zu klettern.

„Unnasteh dich“, blökte Kurt in höchstem Diskant, „loss ne unne, Gretel! Du kriesch doi Logusse. Glei morje kaaf ich welle. Zwä Dixie-Klos fier in de Hof, mei Wort druff!“

Kurt beendete kurzerhand die Diskussion, indem er kopfschüttelnd abzog. Die Landfrauenschar gluckste, kicherte und lachte hinter ihm her.

„So, ihr Määde. Hän ihr jez mol widda gesiehn, wie ma mit däne Kerle umspringe muss?“, wandte sich Gretel triumphierend an ihre Bande.

„Glaabschde werklich der baut zwää neie Logusse, Gretel?“, fragte Bickelmanns Eva zweifelnd.

„Nä, glaawich ned“, meinte Gretel mit einem feinen Grinsen, „awaa jäz saufe mir die nägschde drei Wuche Freibier uff däm soi schlechd Gewisse un donn finne mier was anneres, fier ne zu piesagge! Un guggen emol, was unsa Dorfchef fier e Gesicht macht.“

„Du Feischling!“, giftete Kurt mit feindseliger Miene den Bürgermeister an, als er zur Theke zurückgekehrt war. „Bischd mir e scheener Freind. Das do vagess ich da ned so schnell.“

Flöter biss die Zähne zusammen und sagte nichts, aber in ihm arbeitete es.
****ha Frau
6.274 Beiträge
Köööstlich.... *haumichwech*

Ich hatte das Gefühl, ich steh mittendrin.
Ja so was von einem Kopfkino... *lol*


Dabei strafte sie ihn mit einem Blick, für den jede Domina vierhundert Euro Aufpreis verlangt hätte.
Weia! *lol*
**********t1955 Mann
100 Beiträge
Love it!!! ... schon wird die Woche schöner! *g*
das ist wieder derb genial
das Wochenende hat schon einen absoluten Höhepunkt *rotfl*
*****169 Frau
6.114 Beiträge
*anbet* Dixie-Klo als "Spezialidädelogus" *wc*

*haumichwech*
*******illa Frau
808 Beiträge
Schlauch....
....midda Wixberschd🤣🤣🤣da musste ich echt ein bissle nachdenken, und dann.... grööööl🤣🤣
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