Viagra ist niedlich und Rheumadecken sind grausam
• Das Rentner-Dating Oft lese ich in weiblichen Profilen, dass Damen sich eines Ausschlussverfahrens bedienen. Scheinbar stehen Frauen jeglichen Alters auf das sexuelle Abenteuer mit jüngeren Partnern, die noch nicht alles haben, aber das Nötige. Jung ist hier natürlich relativ. Sie sollten der Muttermilch entwöhnt, einen eigenen Haushalt führen und glücklich ihre Pickel-und Aknezeit überwunden haben. Aber so ein Knackarsch zwischen Ü25 - Ü35 darf es schon sein, gerne noch in der Ausbildung, gut erzogen und vielversprechend.
Angesichts dessen hatte ich mir überlegt, mich wieder in der Uni einzuschreiben und meine Badewanne als Jungbrunnen anzupreisen. Lasse ich aber lieber. Denn so richtig glaubwürdig ist dies auch nicht.
Als reifer Senior, Rentner oder Pensionär hat man es heute schwer. Anspruchsvoll ist die Damenwelt geworden. Der frühere Ü50 soll heute einer sein, was gestern der Ü35, und Ü65 das, was früher als Ü50 gehandelt wurde. Vorbildlich der kürzlich verstorbene Hugh Hefner, der noch im reifen Alter mit seinen Bunnies über die grüne Weide hoppelt und nach Ü-Eiern suchte.
So viel „Ü“ gab es noch nü in der Rammelklasse.
Daran wird heute jeder ältere Herr gemessen, ob nun Auferstehung und Halleluja ist oder nicht.
Damit tun sich manche Senioren heute schwer. Nicht, dass sie nicht wollen, aber es sprechen doch einige Sachverhalte dagegen: Die Kosten der letzten Scheidung (nicht Jeder kann da so locker mithalten wie ein Altbundeskanzler), die Befürchtung beim Rafting in den USA, beim Bungeespringen oder beim Partnerfallschirmen eine schlechte Figur ohne Sixpack, aber mit Zahnersatz zu machen. Schließlich ist die Wahrnehmung der Schwerkraft im Alter eine ganz andere. Und schon sind wir dort wieder, wo wir als Boys begonnen haben, den Ängsten vor dem Unbekannten, welches wir gemeinhin Frau nennen und ihre Reaktion auf so manche Ausfälle. Und die pubertären Zweifel stellen sich wieder ein, wie jungen Hunde, die tollen, ob es uns gelingen könnte, die fitte 40jährige rumzukriegen und nicht auf unsere äußeren Werte wie Yacht, Aktienpakte, Zahnversicherung, Golfurlaub, die Bekanntschaft mit Thomas Gottschalk reduziert zu werden. Schon der Philosoph Friedrich Nietzsche sprach von der „Wiederkehr des ewig Gleichen“ und fürchtet sich vor einem steilen Zahn wie Lou Andreas-Salomé. Die war schließlich genervt von so viel männlichem Selbstzweifel, und nahm lieber ein anderen als den genialen Untergangspropheten.
Eigentlich sind ja diese Zweifel unberechtigt. Aber das sind Zweifel immer, darum sind sie so hartnäckig wie Gerichtsvollzieher - best ager mit einer angeblich ge(h)-lassenen Existenz.
Doch was sage ich! Zurück zum Dating, dass so ein schönes, modernes Hobby für den Rentner darstellt, seit dem die Modelleisenbahn im Keller oder die Briefmarkensammlung in der Garage aus der Mode gekommen ist - Statussymbol und Lockmittel der Altersteilzeit. Und nicht jeder besitzt einen Garten, der dafür sorgt, dass man mit „Rücken“ ganze Tage im Wartezimmer von Spezialisten verbringen darf und umsonst irgendwelche Spezialzeitschriften durchguckt.
Wie wäre es stattdessen mit einer Kaffeefahrt als Datingplattform. Das reale Leben winkt mit gichtigen Fingern. Ist auch was anderes als die Parkbank im Kurpark mit den Kurschatten gemeinsam Tauben zu vergiften. Oder bei Minus 15°C den Frühling des späten Glücks zu erwarten. Natürlich könnte man auch gemeinsam Pfandflaschen sammeln und hernach die Rendite auf den Kopf hauen im Swingerclub. Eine Zugewinngemeinschaft nennt man das heute neudeutsch.
Aber auf einer Kaffeefahrt könnte man gemeinsam eine Rheumadecke erwerben für spätere Wonnen, wenn die Schmerzen des Kamasutra nachlassen. Oder des Kamera-Sutra nicht bühnenreif rüberkommt.
Zugleich ist die gute Tat solch einerFahrt damit verbunden, den armen Kindern in Afrika zu helfen, wie Ramsch-Rudi auf jeder Fahrt glaubhaft kommuniziert. Oder eine Gesundheitsmatratze, die für sie oder ihn im Schlaf spricht. Oder der moderne Radiowecker, der mit Songs von Helene Fischer die Hoffnung nährt, dass Sterbehilfe doch eine reale Alternative sein könnte.
Ich denke, solche Datings verbinden und festigen die Partnerschaft, egal, ob die Pflegekraft ... äh ... Partnerin 25, 35, 45, 55 Lenzen zählt. Da geht einem als Rentner sicher das Herz auf, womöglich so sehr, dass der Kardiologe ran muss.
Wichtig dabei ist, dass man als reifer Gentlemen stets die Initiative behält und nicht bei einer öffentlichen Lesung des neuen Roberto-Blanko-Buches einschläft. Das macht einen ungeeigneten Eindruck nicht nur auf die junge Datingpartnerin, sondern auch auf auf den Sanitätsdienst.
Deshalb Ihr alten Knaben: Brust raus, Bauch rein, Haltung bewahren - auch, wenn Euch der BH von Heidi Klum auf dem Laufsteg in NY um die behaarten Ohren fliegt. Ihr seid Gentlemen - die letzten ihrer Gattung! Und kümmert Euch endlich um die Impotenz! Natürlich selbstredend um die Eurer männlichen Zeitgenossen.
©Dreamy2017