Für mich klingt es so, als seist du gefangen in einem vermeintlichen Paradoxon: Dom hat nur so lange Macht über Sub, wie Sub es zulässt. Denn Sub könnte ja auch einfach gehen. Das führt zu einer Rückkopplung: Dom erhält durch diese Gegebenheit automatisch ein Interesse daran, auch mal nachzugeben. Was Sub natürlich für sich ausnutzen kann. Sollte Dom in einer solchen Situation gar nicht anders können, als nachzugeben, stellt sich dann die Frage: wer dominiert jetzt wen? Das wäre natürlich ein Widerspruch, der sich mit deiner Fluktuationsthese auflösen lässt.
Allerdings ist das nicht der einzige Weg, diese Sache zu betrachten. Allem voran geht in meinen Augen die Trennung von Machtgefälle und Beziehung. In einer gesunden D/s-Beziehung werden beide Komponenten (also das D/s sowie die Beziehung) glechermassen gepflegt. Auf der Beziehungs-Ebene gibt es dann selbstverständlich das Gemeinschaftsgefühl und beide Beteiligten haben gleichermassen Bedürfnisse. Nur wenn sich diese Bedürfnisse ergänzen, ist es in meinen Augen überhaupt erst möglich, die Komponente D/s beizumengen. Denn nur bei Kompatibilität in dieser Frage wird es für beide Seiten erfüllend sein.
Muss man hingegen von Anfang an Kompromisse suchen, weil beispielsweise meine Lady 24/7 will und mir ist nur im Bett nach einem Machtgefälle, dann wird es auch von Anfang an entweder für eine Seite erfüllend sein und für die andere nicht - oder aber man sucht einen Kompromiss, der übers Bett hinausgeht, aber immer noch weit von 24/7 entfernt ist. Was für beide unbefriedigend ist.
Das gilt natürlich mit allen anderne Aspekten einer D/s-Beziehung genau so: Fetische, Vorlieben bei Praktiken und auch Rahmenbedingungen des ganzen gehören dazu. In der Realität wird es niemals eine hunderprozentige Übereinstimmung geben. Die Übereinstimmung sollte aber auf jeden Fall so gross sein, dass es nicht zur Situation kommt, dass Dom plötzlich im Zugzwang ist, um Sub nicht zu verlieren. Das sollte schon viel früher erkannt und besprochen worden sein.
Bei allen Beziehungen halte ich es aber für normal, dass man sich gegenseitig annähert, gemeinsam neues entdeckt und sich auch mal in Bereiche vorwagt, die bisher nur das Gegenüber interessiert hat. Das hat in meinen Auge nichts mit dem Machtgefälle zu tun, sondern damit, dass man sich gegenseitig aufeinander einlässt. Das ist doch etwas sehr schönes. Dabei bin und bleibe ich aber der Kleine meiner Lady :).