Ein Erfahrungsbericht
Keine Leidenschaft & kein Sex in der Partnerschaft... das muss nicht, kann aber zum Problem werden.
Ich selber habe dies in den letzten Jahren in meiner eigenen Ehe erleben "dürfen". Infolge einer schweren Erkrankung meiner Frau in 2009 / 2010, gab seitdem keinen Sex mehr in unserer Ehe. Durch die medikamentös bedingte Zerstörung der Eierstöcke und die über 8 Monate hochdosierte Gabe von Kortison, sind Ihre Schleimhäute im Vaginalbereich nicht nur trocken, sondern auch extrem dünn. Die Folge davon ist, dass jegliche physische Einwirkung sofort zu einer Vielzahl kleiner Risse und Verletzungen führt, welche den Akt selbst schon äußerst schmerzhaft gestalten, die sich aber zum Teil nachträglich auch noch entzünden und für eine über mehrere Tage währende Schmerzbelastung sorgen.
All denen, die jetzt mit guten Ideen um die Ecke kommen, was man hier alles machen könnte, sei gesagt, dass wir alles probiert haben. Angefangen bei der Gabe verschiedenster Hormontabletten, über Cremes, Salben, Zäpfchen, Gleitgel, Hausmittel wie längerfristige Behandlung mit Olivenöl, um die Schleimhaut weniger, spröde zu machen... nichts hat auch nur den Hauch einer Linderung gebracht. Um die Empfindlichkeit etwas anschaulicher zu machen: Die Verletzungen stellen sich bereits bei Alltagsvorgängen wie dem Einführen eines Tampons ein, der ja nun wirklich nicht groß ist.
Wenn man bedenkt, dass wir erst 2009 geheiratet haben, war dies schon einmal kein guter Start. In den ersten Jahren hatten wir noch Hoffnung, dass sich das Problem irgendwann wieder lösen lässt, durch Medikament, Selbstheilungskräfte des Körpers, und und und... Begleitend zu den diversesten Therapieansätzen haben wir immer wieder Anläufe unternommen es doch noch einmal im Bett zu versuchen. Immer hatte es das gleiche niederschmetternde Ergebnis: Risse, Verletzungen, Entzündungen, Schmerzen, Frustration auf beiden Seiten...
Seit 2012 haben wir es mehr oder weniger aufgegeben "und uns in unser Schicksal gefügt". In der Anfangszeit sind wir beide einigermaßen damit klar gekommen, jedoch hat sich, nachdem klar war, dass nie wieder was laufen würde ein schleichender Prozess in Gang gesetzt hat, der mit dazu beigetragen hat, dass wir heute da stehen, wo wir stehen. Dass das Verlangen auf beiden Seiten nach wie vor noch vorhanden war, hat es nicht eben einfacher gemacht.
Zuerst haben wir versucht, unsere Beziehung ganz normal weiter zu leben, so wie vor der Krankheit, nur eben ohne Sex. Das Problem ist jedoch, dass die Grenzen zwischen dem Austausch von Zärtlichkeiten, leidenschaftlichen Küssen, Kuscheln, Streicheln und Sex fließend sind. Wann immer es zu Situationen kam, in denen wir Zärtlichkeiten ausgetauscht haben, uns küssten, streichelten oder einfach nur kuschelten, kurz gesagt, Situationen, die Lust auf Sex machen, wenn man sie mit dem Partner, den man liebt, erlebt, hat es damit geendet, dass meine Frau ein heulendes Elend war. Sie fühle sich nicht mehr als Frau, es tue so sehr weh, dass sie wolle, ich wolle, aber sie nicht könne...
Dies hat dazu geführt, dass Situationen der körperlichen Nähe immer seltener wurden, bis sich unser Körperkontakt auf ein Küsschen vor dem Verlassen des Hauses und nach Heimkehr beschränkten und das über Jahre. Ihr könnt mir glauben, dass das über die Zeit eine Entfernung, bzw. eine Barriere aufbaut, die zu überbrücken irgendwann unmöglich wird.
Meine Frau und ich haben über die Jahre immer wieder das Gespräch zum Thema gesucht. Irgendwann hat sich in Ihrem Kopf die Angst manifestiert, dass ich ihr im hohen Alter Vorwürfe machen könnte, meine besten Jahre an sie verschwendet zu haben und wegen ihr so viel verpasst zu haben. In vielen Gesprächen ginge es darum, dass ich mir doch bitte bei anderen holen solle, was ich brauche, um meine Bedürfnisse zu befriedigen. Es war aber ganz klar, dass sie es eigentlich nicht zu 100% so gemeint hat. Vielmehr war mir ihr innerer Kampf, den sie mit sich über viele Jahre ausgefochten hat, mehr als bewusst. Auf der einen Seite war es ihre aufrichtige Absicht, dass ich nicht unter ihrer Krankheit leiden solle. Auf der anderen Seite, hat ihr die Vorstellung, ich könnte mit einer anderen Frau was haben, tiefe Stiche ins Herz versetzt, war es doch eigentlich ihr sehnlichster Wunsch, dass ich mit ihr Sex habe. Dazu kam die fixe Idee, ich könne sie im Alter hassen, wenn sie mich nicht von der Leine lässt.
Ich muss dazu sagen, dass ich meiner Frau bis August letzten Jahres immer treu war. Durch die immer wiederkehrende Aufforderung, mir meinen Spaß woanders zu holen, habe ich mich schlussendlich dazu hinreißen lassen, mich im letzten Jahr bei Joy anzumelden, wohlwissend, dass es meiner Frau das Herz zerreißen würde, bekäme sie es irgendwann raus. Ich hatte also die Erlaubnis für außereheliche Vergnügen, trotzdem aber stets ein schlechtes Gewissen meine Frau zu betrügen. Scheiß Situation sage ich Euch.
Vor 3 Monaten etwa, kam es dann erneut zu einem Gespräch, welches ich eingeleitet habe. Es ging darum, dass wir uns einfach zu weit voneinander entfernt haben. Sicherlich haben noch weitere Variablen, wie das Fehlen gemeinsamer Interessen, wenige gemeinsame soziale Kontakte und noch einige andere Punkte, die hier aber nicht ins Thema passen, weshalb ich auch nicht weiter darauf eingehen werde, eine Rolle gespielt. Aber das Ergebnis des Gesprächs war die Trennung von meiner Frau. Wir haben für uns beide festgestellt, dass wir in der Ehe nicht mehr glücklich sind, dass uns was fehlt und zwar nicht nur Sex. Wir haben das Paar sein verloren, dafür aber einen Weg in eine tiefe Freundschaft gefunden.
Meine Frau weiß bis heute nichts von meinen Aktivitäten hier bei Joy oder meinen Clubbesuchen. Das wird auch so bleiben, weil ich sie nicht unnötig verletzen möchte. Aktuell wohnen wir noch zusammen, sie hat aber ab 01. Juli eine neue Wohnung, die wir bis Anfang August gemeinsam einrichten wollen. Seit der Trennung hat sich in unserem Zusammenleben so gut wie nichts verändert, außer, dass es endlich ausgesprochen war. Ein Paar waren wir schon seit einigen Jahren nicht mehr, das haben wir heute erkannt.
Durch die Trennung, so traurig es auch ist, ist mir eine schwere Last von den Schultern gefallen. Auch meine Frau, die zuletzt unter depressiven Verstimmungen und Burnout gelitten hat, blüht gerade wieder auf. Sie ist aus ihrer Rolle, sich für unser Unglück verantwortlich zu fühlen (ihre Wahrnehmung, nicht meine), entlassen. Sie blickt auf einmal wieder voller Zuversicht in die Zukunft... Sie geht wieder unter Leute, was sie in den letzten 2 Jahren so gut wie gar nicht mehr gemacht hat, hat wieder mit Sport angefangen und sich bei Weight Watchers angemeldet.
Wir haben beide unter Situation gelitten und sind beide froh, dass sich das nun ändert. Wir werden uns beide einander wichtig bleiben, aber eben nicht mehr wie Mann und Frau, sondern eher so, wie man seinen Bruder oder seine Schwester liebt.
Was ich sagen will, ist, dass man es sich ruhig eingestehen soll, wenn es keinen Zweck mehr hat. Ein Ende kann auch eine Befreiung und ein Neuanfang für beide Seiten sein.
In diesem Sinne... ich habe fertig!